Internationale Beispiele zur Einführung
Als formaler Rahmen für die Teilnehmerdiskussionen dienten Erfahrungsberichte und Präsentationen aus dem internationalen Finanzwesen. Zur Einführung berichtete Annie Combelles, CEO von Q-Labs und seinerzeit erster CMMI Lead Appraiser in Europa, aus dem Erfahrungsschatz von Q-Labs mit europäischen Finanzorganisationen. Anhand der BNP Paribas erläuterte Combelles die typische Roadmap der Einführung von CMMI-Projekten in einer internationalen Großbank von der strategischen Planung bis zu den offiziellen Appraisals. Neben den verschiedenen BNP Geschäftsbereichen dienten Projekte bei der Fortis-Gruppe in Belgien, der Axa-Gruppe in Frankreich und Natexis Banques Populaires als weitere Beispiele.
Einen ausführlichen Status-Bericht über CMMI in der US-amerikanischen Finanzbranche lieferte Jay Douglass vom Software Engineering Institute, den „Machern“ von CMMI. In den USA bildet die Finanzindustrie inzwischen nach dem Verteidigungswesen den größten CMMI-Einsatzbereich. Laut Douglass kommt kaum eine US-Bank heute ohne CMMI aus, die meisten sind bereits für den Reifegrad 4 oder sogar 5 zertifiziert.
Aktuell arbeitet das SEI daran, CMMI mit anderen Methodiken der Prozessverbesserung zu einem „Universal Process Improvement Approach“ zu kombinieren. Im Finanzwesen etwa müssen alle CMMI-Anwender weitere Modelle wie Sarbanes-Oxley einsetzen, hier lassen sich durch einen vereinheitlichten Prozess erhebliche Synergien realisieren.
Im Mittelpunkt: Informeller Austausch
Den entscheidenden Anteil der Veranstaltung sollte jedoch der informelle Austausch unter den Teilnehmern ausmachen. Die ungezwungene Atmosphäre des Airport-Clubs bildete hierfür einen nahezu perfekten Rahmen, die sich langsam offenbarenden Parallelen in den Projekten der unterschiedlichen Organisationen taten ein Übriges dazu. So bildete sich in der Diskussion schnell Konsens etwa dazu, dass verglichen mit der Einführung des formalen Verbesserungsprozesses dessen permanente Verankerung in der Firmenkultur den viel entscheidenderen Erfolgsfaktor bildet. Verschiedene Teilnehmer präsentierten ihren jeweiligen Lösungsansatz für diese eher soziale als technische Herausforderung.
Einig waren sich die Teilnehmer auch darüber, dass Methodiken wie CMMI oder SPICE sich gut zur Optimierung des Softwareentwicklungsprozesses eignen und damit die Grundlage für ein erfolgreiches Offshoring oder Nearshoring bilden. Für den Betrieb der Anwendungen und dem Support werden dann allerdings andere Verfahren wie etwa ITIL benötigt.
Diese Überlegung griff die Abschlusspräsentation des amerikanischen Qualitätsexperten David N. Card auf, in der er sich mit der Integration von CMMI mit anderen Methodiken zur Qualitätsverbesserung beschäftigte. Am Beispiel von Six Sigma und Lean erläuterte Card, wie sich die Resultate von CMMI-Projekten durch die Kombination mit Verfahren zur Optimierung von Unternehmensprozessen optimal ergänzen lassen. Gerade bei den höheren CMMI-Reifegraden wurde deutlich, dass sich die Einbeziehung weiterer Modelle lohnt.
Fortsetzung: unbedingt gewünscht
Am Ende des Tages zeigten sich die Teilnehmer einmütig davon überzeugt, ihre Zeit in diese Veranstaltung gut investiert zu haben. Die Kombination aus Präsentationen externer Fachleute und viel Raum für Erfahrungsaustausch und Diskussion wurde ausdrücklich gelobt, die gewonnenen Erkenntnisse übertrafen die Erwartungen. Spezieller Wunsch der Finanzleute: Q-Labs solle den „Experience Exchange Event“ unbedingt wiederholen und als regelmäßige Veranstaltung etablieren. Als Favoriten unter den Themenvorschlägen für kommende Events konnten sich „Erfahrung mit dem Deployment: Wie erreicht man die Industrialisierung der Softwareentwicklung“ und „Lateraler Transfer aus SPI-Projekten anderer Branchen“ etablieren.
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