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BGH zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Mobilfunkverträgen

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Telekommunikationsdienstleistungsverträge zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über verschiedene Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Mobilfunkanbietern zu entscheiden

(PresseBox) (Karlsruhe - Durlach, )
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e. V. beanstandete u. a. drei Klauseln der von der Beklagten - einem Telekommunikationsunternehmen - in Verträgen mit Verbrauchern über Mobilfunkleistungen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Zu den beanstandeten Klauseln gehören die folgenden im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen drei Klauseln:

"7.Nutzung durch Dritte

7.2 Der Kunde hat auch die Preise zu zahlen, die durch .... unbefugte Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat.

7.3 Nach Verlust der ... Karte hat der Kunde nur die Verbindungspreise zu zahlen, die bis zum Eingang der Meldung über den Verlust der Karte bei ... angefallen sind. Das gleiche gilt für Preise über Dienste, zu denen ... den Zugang vermittelt.

11.Verzug

11.2 Ist der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 15,50 € in Verzug, kann ... den Mobilfunkanschluss auf Kosten des Kunden sperren."

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln verurteilt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens bezüglich der Nr. 7.2 und 7.3 abgewiesen. Die weitergehende Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben der Kläger sein Unterlassungsbegehren bezüglich der Klauseln Nr. 7.2 und 7.3 und die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag hinsichtlich der Klausel Nr. 11.2 weiter verfolgt. Beide Revisionen sind erfolglos geblieben.

Die Revision des Klägers war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs unbegründet, weil die Klauseln Nr. 7.2. und 7.3. der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle standhalten. Er hat sie als Vergütungsregelungen angesehen und hiervon ausgehend keine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten festgestellt. Bei der Erbringung von Mobilfunkdienstleistungen handelt es sich um ein praktisch vollständig technisiertes, anonymes Massengeschäft. Die Beklagte nimmt von der konkreten Person des die Mobilfunkdienstleistung Abrufenden keine Kenntnis. Sie kann deshalb nicht beurteilen, ob das Abrufen der Mobilfunkdienstleistung mit Billigung des Kunden erfolgt. Sie muss sich darauf verlassen können, dass dieser beim Gebrauch seines Mobiltelefons die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit Unbefugte keinen Zugriff auf Mobilfunkdienstleistungen erhalten. Vom Mobilfunkkunden zu verlangen, nach seinen Möglichkeiten eine unbefugte Nutzung Dritter zu unterbinden, benachteiligt diesen nicht unangemessen. Eine andere Frage ist, wie die Sorgfaltspflichten, die dem Kunden in seiner Risikosphäre obliegen, im Einzelnen beschaffen sind. Den besonderen Gefährdungen, etwa hinsichtlich des Verlusts der SIM-Karte, gegebenenfalls einschließlich des Mobiltelefons, die sich gerade aus dem Umstand ergeben, dass die Mobilfunkdienstleistung an jedem Ort und damit auch außerhalb der geschützten Sphäre der Wohnung des Anschlussinhabers zur Verfügung steht, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Kunden nicht überspannt werden. Dies stellt jedoch die Wirksamkeit der hier fraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter dem Blickwinkel einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden des Beklagten nicht in Frage.

Der Klausel Nr. 7.3. hat der Bundesgerichthof nur eine zeitliche Begrenzung der vom Kunden zu zahlenden Entgelte im Fall des Verlustes der SiM-Karte entnommen, was diesen deshalb nicht benachteiligt, sondern seine Zahlungspflichten begrenzt.

Die Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen, weil die Klausel Nr. 11.2 einer Inhaltskontrolle nicht stand hält und sie nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Sie benachteiligt die jeweiligen Mobilfunkkunden der Beklagten entgegen Treu und Glauben unangemessen. Die Sperre des Mobilfunkanschlusses stellt der Sache nach die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts dar. Insbesondere von § 320 Abs. 2 BGB weicht die Klausel Nr. 11.2. zum Nachteil des Kunden ab. Ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der noch zu erbringenden Mobilfunkdienstleistungen steht der Beklagten danach nicht zu, wenn nur ein verhältnismäßig geringfügiger Teil der Gegenleistung noch offen steht. Dies kann bei einem Verzug mit einem Betrag von 15,50 Euro, der nach der Klausel die Sperre rechtfertigt, nicht ausgeschlossen werden. Dabei hat der Senat insbesondere in Betrachtung gezogen, dass der Gesetzgeber in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG für die Telefondienstleistungsunternehmen im Festnetzbereich als Voraussetzung für eine Sperre den Betrag von 75 € festgelegt hat. Der Bundesgerichthof hat diese gesetzgeberische Wertung im Rahmen der Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Verträge über Mobilfunkdienstleistungen für übertragbar gehalten.

"§ 45k TKG Sperre

(1) Der Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste darf an festen Standorten zu erbringende Leistungen an einen Teilnehmer unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften nur nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 und nach § 45o Satz 3 ganz oder teilweise verweigern (Sperre). § 108 Abs. 1 bleibt unberührt.

(2) Wegen Zahlungsverzugs darf der Anbieter eine Sperre durchführen, wenn der Teilnehmer nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zahlungsverpflichtungen von mindestens 75 Euro in Verzug ist und der Anbieter die Sperre mindestens zwei Wochen zuvor schriftlich angedroht und dabei auf die Möglichkeit des Teilnehmers, Rechtsschutz vor den Gerichten zu suchen, hingewiesen hat. Bei der Berechnung der Höhe des Betrags nach Satz 1 bleiben diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Teilnehmer form- und fristgerecht und schlüssig begründet beanstandet hat. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter den Teilnehmer zuvor zur vorläufigen Zahlung eines Durchschnittsbetrags nach § 45j aufgefordert und der Teilnehmer diesen nicht binnen zwei Wochen gezahlt hat.

"§ 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein."

"§ 320 BGB Einrede des nicht erfüllten Vertrags

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde."

Urteil des BGH vom 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 Quelle: Pressemitteilung Nr. 31/2011 den 17. Februar 2011

Fazit:

Der Bundesgerichtshof hat erwartungsgemäß das zutreffende Urteil des Berufungsgerichts in vollem Umfang bestätigt. Eine unangemessene Benachteiligung von Kunden kann durch Regelungen, die die Entrichtung der vereinbarten Entgelte für vom Kunden zu vertretende unbefugte Nutzung sowie eine diesbezügliche Begrenzung im Verlustfalle bis zur Meldung des Verlusts beinhalten, nicht gesehen werden. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass Voraussetzung für ein Zurückbehaltungsrechten des Telefondienstleistungsanbieters ein Beitragsrückstand von jedenfalls EUR 75,00 ist, egal ob es sich um einen Festnetz- oder Mobilfunkanschluss handelt.

Die Angelegenheit, bei der über drei Instanzen die Wirksamkeit von Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen streitig war, belegt erneut, dass bei der Verwendung von AGB höchste Anforderungen an deren Inhalt und Formulierung zu stellen sind. Fehler führen nicht nur zur Unwirksamkeit der AGB, sondern setzen den Anwender auch erheblichen und kostenträchtigen Risiken von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen aus. Es kann daher nur dringend empfohlen werden, bei der Errichtung von AGB unbedingt auf kompetente juristische Beratung zurückzugreifen.

Schutt, Waetke - Rechtsanwälte

Die Kanzlei Schutt, Waetke Rechtsanwälte wurde im Jahr 2003 von Timo Schutt und Thomas Waetke in Karlsruhe gegründet. Seitdem ist diese moderne Anwaltskanzlei mit ihrer konsequenten Ausrichtung auf das Medienrecht und IT-Recht ein zuverlässiger Partner für Unternehmer und Unternehmen.

Heute vertreten die beiden Gründer mit ihrem Team eine Philosophie der Offenheit, der Transparenz und der Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden. Deshalb finden die Mandanten von Schutt, Waetke Rechtsanwälte aufeinander abgestimmte Rechtsschwerpunkte und weitere dazu passende Dienstleistungen.

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