In der ersten Studie nutzten van Bon und Kollegen eigens hergestellte NimbleGen-CGH-12x135K- und -4x72K-Arrays zur exakten Lokalisierung von Chromosomenbruchstellen im Bereich 15q13 bei Individuen mit Entwicklungsverzögerung und normalem Karyotyp. Die erste Charakterisierung des mit der Mikrodeletion 15q13.3 verknüpften Syndroms hatte ein Vorkommen bei mental retardierten Patienten gezeigt, mit Ähnlichkeiten zum Prader-Willi-Syndrom, Angelman-Syndrom und Williams-Beuren-Syndrom (3). In der aktuellen Studie, in der weitere 18 Personen mit der 15q13.3-Deletion untersucht wurden, fanden sich sehr variable Krankheitsmerkmale innerhalb der Familien der Erkrankten und zwischen verschiedenen Familien. Bei mindestens 11 der Personen war die Deletion durch Vererbung erworben worden. Zudem trugen 7 der 10 Geschwister aus 4 Familien ebenfalls die Deletion, mit Merkmalen von leichter Entwicklungsverzögerung über Lernprobleme im frühen Kindesalter bis zu einem unauffälligen Phänotyp. Die Untersuchung von vier Personen, die eine Duplikation in diesem Chromosomenbereich aufwiesen, konnte keinen gemeinsamen Phänotyp nachweisen. Zwei dieser Personen zeigten jedoch psychische Auffälligkeiten. Interessanterweise wurden vor kurzem Deletionen im Bereich 15q13 in einer Studie an 16 Personen mit Schizophrenie, von denen eine Person außerdem an Autismus litt, beschrieben (5, 6). Zusammen bringen diese Forschungsergebnisse die 15q13.3-Mikrodeletion in Verbindung mit einer großen Bandbreite an Krankheitsmerkmalen, von normaler Entwicklung bis zu schwacher und starker mentaler Retardierung und psychischen Krankheiten. Sie stellen außerdem die allgemeine Auffassung in Frage, dass Chromosomenaberrationen, die von einem offenbar gesunden Elternteil ererbt wurden, üblicherweise keine klinische Relevanz haben.
Eine weitere bislang unbekannte genomische Störung wurde kürzlich im Chromosomenbereich 17q21.31 identifiziert, und bis heute wurden vierzehn 17q21.31-Deletionen in der medizinischen Literatur beschrieben. Bei der Erstbeschreibung wurde die kritische Region mittels eigens hergestellter NimbleGen-CGH-Arrays auf 478 kb eingegrenzt (4). In der aktuellen Studie verwendeten Koolen und Kollegen einen eigens hergestellten NimbleGen-385K-Array zur genauen Lokalisierung der Chromosomenbruchstellen bei weiteren 5 betroffenen Personen. Durch die Ergebnisse dieser Untersuchung konnte die kritische Region bei 17q21.31 auf 424 kb eingegrenzt werden. Diese Region enthält mindestens sechs Gene, unter anderem das MAPT-Gen, das mit mehreren neurodegenerativen Erkrankungen assoziiert ist. Mit dem NimbleGen-CGH-Array konnte außerdem ein spezifischer Polymorphismus in den Proben der Eltern identifiziert werden, der mit der pathogenen Deletion assoziiert ist. Diese Forschungsergebnisse zeigen, dass das 17q21.31-Mikrodeletionssyndrom eine klinisch und molekular erkennbare genomische Störung ist, die mit einer Häufigkeit von 0,64 % bei Patienten mit unerklärter mentaler Retardierung auftritt und häufig nicht diagnostiziert wird.
In den oben beschriebenen Studien haben die NimbleGen-CGH-Arrays mit ihren einzigartigen Vorteilen wie der hohen Auflösung und des flexiblen Array-Aufbaus die Identifizierung und molekulare Charakterisierung bislang unbekannter Mikrodeletionssyndrome ermöglicht. Neu ist außerdem die Erkenntnis, dass diese Syndrome unvorhersehbare und hochvariable Krankheitsmerkmale aufweisen. Um diagnostische Kriterien für die Klinik zu erarbeiten, sind weitere Forschungen zur Identifizierung und Charakterisierung von Mikrodeletions- und Duplikationssyndromen nötig.
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(1) van Bon, et al. Further delineation of the 15q13 microdeletion and duplication syndromes: A clinical spectrum varying from non-pathogenic to a severe outcome. Journal of Medical Genetics. 2008.063412
(2) Koolen, et al. Clinical and molecular delineation of the 17q21.31 microdeletion syndrome. Journal of Medical Genetics. 45:710-720 (2008)
(3) Sharp, et al. A recurrent 15q13.3 microdeletion syndrome associated with mental retardation and seizures. Nature Genetics. 40:322-8 (2008).
(4) Sharp, et al. Discovery of previously unidentified genomic disorders from the duplication architecture of the human genome. Nature Genetics. 38, 1038 - 1042 (2006)
(5) Stefansson, et al. Large recurrent microdeletions associated with schizophrenia. Nature. 455, 232-236 (11. September 2008)
(6) Stone, et al. Rare chromosomal deletions and duplications increase risk of schizophrenia. Nature. 455, 237-241 (11. September 2008)