Holger Schaffer hat den Aufbruch ins RFID-Zeitalter bereits vollzogen: Der ehemalige Mitarbeiter des Schramberger Uhrenherstellers Junghans und heute selbständige Unternehmer will im Juli seine „21st Century Watch“ auf den Markt bringen. Diese Uhr kann nicht nur alles, was man von einer modernen Quarzuhr erwartet, sondern ist optional mit einem RFID-Chip erhältlich, in dem sich zusätzliche Funktionen speichern lassen. So entriegelt sich zukünftig beispielsweise bei Annäherung automatisch die Haus- und Autotür oder der Computer wird gegen unbefugten Zugriff gesperrt, sobald sich der Träger der Uhr vom Arbeitsplatz entfernt. Das Produkt ist das Ergebnis einer Kooperation mehrerer Unternehmen, die zu den Gründungsmitgliedern der Cluster-Initiative gehören. „Ich selbst stelle nur die Uhr her, die RFID-Anwendungen kommen von verschiedenen Partnern“, erklärt Schaffer. „Für meine Kunden entsteht durch die Kombination einer schönen Uhr mit tollen Anwendungen ein neues, faszinierendes Produkt.“
Diese Zusammenarbeit zwischen den Cluster-Partnern ist schon seit Jahren eingespielt und hat sich nicht nur bei der Entwicklung von Consumer-Produkten, sondern auch im Investitionsgüterbereich bewährt. „Wir können unseren Kunden Produkte anbieten, die es so nicht von der Stange zu kaufen gibt“, sagt Gerhard Haas, Bereichsleiter Datentechnik des Deißlinger Elektronikunternehmens phg Peter Hengstler GmbH + Co. KG. „Dazu bringen wir die jeweiligen Spezialisten zusammen – zum Beispiel gehe ich zu highQ, wenn ich eine spezielle Software für eine RFID-Anwendung oder Systemintegration brauche.“ Thomas Hornig, Geschäftsführer des federführenden Unternehmens highQ, möchte diese informelle Kooperationsstruktur auf eine systematische Basis stellen: „Das Ziel unserer Cluster-Initiative ist es, die vielfältigen regionalen Aktivitäten im Bereich RFID zu bündeln, die technische Standardisierung zu fördern und so neue Anwendungen zu erschließen.“ Im Laufe der nächsten Jahre könne sich der deutsche Südwesten so zu einer Schwerpunktregion der RFID-Entwicklung und -Anwendung entwickeln, ist Hornig überzeugt.
Auch Anwender und Wissenschaftler sind dabei
Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, ist das Cluster breit aufgestellt: Nicht nur Anbieter von RFID-Produkten sind darin vertreten, sondern auch Anwender wie der Kreisverkehr Schwäbisch-Hall. Dessen Fahrgäste sind seit März 2007 mit der „Kolibricard“, einem elektronischen Ticket auf RFID-Basis, unterwegs. Gerade im öffentlichen Nahverkehr werden der RFID-Technologie große Zukunftschancen eingeräumt – das Thema „E-Ticketing“ ist in der ÖPNV-Branche in aller Munde und die Kolibricard ein bundesweit beachtetes Pilotprojekt. Doch hier wie in anderen Branchen ist noch längst nicht abzusehen, welche Lösungen sich langfristig am Markt durchsetzen werden, zumal es für das RFID-Verfahren und seine technische Umsetzung noch keine allgemein akzeptierten technischen Standards gibt.
Um den Unternehmen Entscheidungskriterien an die Hand zu geben, welche Anwendungen technisch möglich und zugleich wirtschaftlich sinnvoll sind, ist auch die Freiburger Universität mit von der Partie, vertreten durch den Fachbereich Telematik des Instituts für Informatik und Gesellschaft (IIG). Am IIG beschäftigt man sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema RFID; unlängst wurde hier, gemeinsam mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI), der „RFID Report 2008“ herausgegeben (frei erhältlich unter www.rfid-report-2008.de). „Die RFID-Technologie ist sehr vielfältig“, erklärt Dr. Jens Strüker, Wissenschaftler am IIG und Organisator des Fachkongresses RFID Systech. „Wir sehen unsere Aufgabe darin, über das operative Tagesgeschäft hinaus zu denken und die Unternehmen im Cluster zu neuen Produktideen und Anwendungsmöglichkeiten zu beraten.“
Zu den Gründungsmitgliedern des Clusters gehört – last but not least – das medien forum freiburg (mff), das sich die Wirtschaftsförderung und das Standortmarketing für Medien- und IT-Unternehmen am südlichen Oberrhein zur Aufgabe gemacht hat. „Diese Cluster-Initiative ist zukunftsweisend“, findet mff-Geschäftsführerin Katja Schwab. „Wir beteiligen uns, weil wir hier enorme Potentiale für den Wirtschaftsstandort sehen.“
Nachdem das Cluster RFID Solutions nun offiziell etabliert und mit viel Vorschusslorbeeren bedacht ist, geht es an die praktische Arbeit: „Vor allem müssen wir die Finanzierung sichern und weitere Unternehmen für die Initiative gewinnen“, gibt Thomas Hornig die nächsten Schritte vor. Anschließend will man sich in der zweiten Auswahlstufe des KREATEK-Wettbewerbs um die vom Land in Aussicht gestellten Fördermittel von rund 100.000 Euro pro Jahr bewerben. Der highQ-Chef ist zuversichtlich, auch diese Hürde zu nehmen: „Dann können wir richtig durchstarten.“