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Krippenausbau und mehr Qualität in der Kita

Wo sind die Erzieherinnen / Experten rechnen mit einem Erzieherinnennotstand

(PresseBox) (Hannover, )
„Das Kinderförderungsgesetz setzt Meilensteine in Deutschland – für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für mehr Bildung unserer Kinder“, so hatte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen im November die Zustimmung des Bundestages zum Kinderförderungsgesetz (KiföG) begrüßt. Darin hatten sich Bund, Länder und Kommunen geeinigt, 750 000 zusätzliche Betreuungsangebote für Kleinkinder bis zum Jahr 2013 einzurichten. Doch Experten warnen bereits, dass Deutschland mit diesem hochgesteckten Ziel auf einen Erzieherinnennotstand zusteuere. Denn für die 750 000 Plätze sind 50 000 zusätzliche Erzieherinnen notwendig, wie der Nationale Bildungsbericht jüngst vorgerechnet hat.

Prof. Dr. mult. Wassilios E. Fthenakis sieht die Lage sogar noch dramatischer. „Wir steuern nicht auf einen Erziehermangel zu, wir haben ihn bereits. Es gibt nicht genügend Fachkräfte, die die Bildungsprozesse der Kinder unter drei Jahren ausreichend qualifiziert organisieren können. Insofern ist das keineswegs ein Trend, der eintreffen wird, sondern bereits heute Realität“, so der ehemalige Direktor des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München und Präsident des Didacta-Verbandes der Bildungswirtschaft.

Ähnlich formuliert es auch der Jugendhilfeexperte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Norbert Hocke. „Parallel zur Ausbauquote wird in den nächsten vier, fünf Jahren ein Großteil der Erzieherinnen in den neuen Bundesländern in Rente gehen. Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu den 50 000 Erzieherinnen, die für die Ausbauquote vorgesehen sind, weitere 20 000 bis 30 000 Kolleginnen brauchen.“ Außerdem gibt er zu bedenken, dass in zunehmendem Maße Erzieherinnen in der Ganztagsschule benötigt werden. „Die sind in dieser Rechnung noch nicht drin.“ Deswegen fordert Hocke eine „Werbeoffensive“ für den Beruf der Erzieherin. „Es ist ein Zukunftsberuf, und die Offensive müsste an drei Ebenen ansetzen: Sie muss den Beruf durch bessere Rahmenbedingungen und Bezahlung attraktiver machen, bei der Ausbildung müssen die Hochschulen viel intensiver mit ins Boot genommen werden und dazu müssen Menschen, die aus anderen Berufen kommen und gern Erzieher werden möchten, berufsbegleitende Ausbildungsangebote bekommen.“

Eine Erzieherinnenausbildung dauert derzeit vier bis fünf Jahre, je nach Ausbildungsgang. Wenn also in fünf Jahren mindestens 50 000 zusätzliche Erzieherinnen verfügbar sein sollen, muss jetzt dringend gehandelt werden. Das bestätigt auch der Direktor des Deutschen Jugendinstituts, Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, der allerdings durchaus noch Chancen für das ehrgeizige Ziel sieht. „Ich glaube, es ist machbar, aber es bedarf einer politischen Kraftanstrengung“, erklärt er. Rauschenbach wartet auch mit konkreten Vorschlägen auf. So müsste überlegt werden, wie die Bundesagenturen für Arbeit gezielt junge Frauen und Männer für diesen Beruf anwerben können oder weitere Klassen an den Fachschulen angeboten und die Studiengänge an den Fachhochschulen ausgebaut werden können. Außerdem, so Rauschenbach, sollte darüber nachgedacht werden, wie die nichtberufstätigen ausgebildeten Erzieherinnen wieder in den Beruf zurückkehren können. „Man könnte zum Beispiel ein Programm ‚In den Beruf ab 40‘ auflegen und sagen: Ihr bekommt von uns kostenlos ein Wiedereinstiegsprogramm“, schlägt der Erziehungswissenschaftler vor. Es gebe also viele Wege, die Politik müsste sie nur einschlagen. Gleichwohl ist Rauschenbach skeptisch: „Die Wege werden bislang nicht genutzt“.

Die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hingegen gibt sich optimistisch. „Mein Ziel ist es, nicht nur mehr sondern vor allem mehr gute Betreuungsplätze zu schaffen. Die Förderung eines Kindes, ob in der Kita oder bei einer Tagesmutter, ist immer nur so gut, wie die dahinterstehenden Personen. Wir haben in Deutschland genug Menschen, die das Rüstzeug für diese verantwortungsvolle und schöne Aufgabe mitbringen. Allein im Oktober 2008 waren knapp 100 000 Menschen mit pädagogischem Hintergrund im frühkindlichen Bereich arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet. Mein Ziel ist, möglichst viele davon für die guten Berufsperspektiven im rasant wachsenden Markt der Kindertagespflege zu begeistern. Die Qualität muss dabei für alle Seiten stimmen.“

Qualität ist auch das entscheidende Stichwort für Professor Fthenakis, der dort allerdings erheblichen Nachholbedarf sieht. „Wir brauchen eine Reform der Erzieherqualifikation, die sowohl das Niveau als auch die Qualität anheben sollte. Das Niveau muss den europäischen Standards angepasst werden. Ganz besonders aber muss man auf die Qualität achten, denn die derzeitige Qualifizierung der Fachkräfte wird nicht den Herausforderungen gerecht, die sich aus der Umsetzung der Bildungspläne ergeben. Das heißt, eine hohe Bildungsqualität für alle Kinder in allen Einrichtungen bereitzustellen.“

Bislang haben in Deutschland nur rund drei Prozent der Erzieherinnen einen Hochschulabschluss, wie jüngst der „Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung berechnet hat. Und jetzt sollen gleichermaßen die Qualität der Ausbildung verbessert und die Anzahl der Erzieherinnen gesteigert werden? Ein mehr als ehrgeiziges Ziel. Der Gewerkschafter Norbert Hocke fürchtet daher eher, dass Kitas bald ungelerntes Personal einstellen müssen.
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