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CFK - der Stoff, aus dem die Leichtgewichte sind

EMO Hannover 2007, 17. bis 22. September

(PresseBox) (Hannover, )
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- Von Luft- und Raumfahrt über Nutzfahrzeuge zum Maschinenbau?
- Hersteller mit CFK-Kompetenz auf der EMO Hannover 2007

Was beim Audi A2 vor wenigen Jahren mit "neuer Leichtigkeit" schon frischen Wind in die Leichtbau-Diskussion brachte, mutet bei einem 40-Tonner jetzt geradezu revolutionär an: Im CFK-Valley Stade soll die erste schwere EU-Sattelzugmaschine (EU-SZM) in Kohlenstofffaserverbundkonstruktion (CFK) entwickelt werden.

Das international ausgerichtete CFK-Valley Stade e.V. zählt als Kompetenznetz zu den leistungsstärksten Netzwerken in Deutschland: Rund 70 renommierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzen ihre gemeinsame Innovationskraft durch enge Vernetzung von Forschung, Entwicklung und Produktion. Einer der Hauptakteure in Stade ist der Airbus Konzern, dessen "Center of Excellence" der größte europäische Fertigungsstandort für CFK-Leichtbaustrukturen ist.

Die CFK-Valley-Mitglieder The Team Technology GmbH (TTT), Hamburg, und Carbo Tech Composites GmbH (CTC), Salzburg, haben Ende März 2007 einen Vertrag mit der britischen Forschungsvereinigung Motor Industry Research Association (Mira) über die hersteller­unabhängige Entwicklung der ersten schweren EU-Sattelzugmaschine (EU-SZM) aus Kohlenstofffaserverbundwerkstoffen (CFK) unterzeichnet. Dieser Sattelzug besteht im wesentlichen aus einer Kohlenstofffaserverbundkonstruktion im Bereich des Chassis, des Fahrwerks und des Fahrerhauses sowie einer Reihe von Anbau- und Einbauteilen. Die dreiachsige Zugmaschine mit rund 330 kW (450 PS) soll das modernste und leichteste motorgetriebene Nutzfahrzeug der schweren Klasse werden und als Prototyp bis 2009 fertiggestellt sein.

Je Lastzug - bestehend aus Zugmaschine und Dreiachsauflieger - sollen so fünfeinhalb bis sechs Tonnen Gewicht eingespart werden. "Damit und aufgrund der besonderes Aerodynamik reduzieren wir die Kohlendioxid-Emission pro Sattelzug um rund ein Drittel pro Jahr" verspricht Hans Jürgen Lange, Geschäftsführender Gesellschafter des Projektpartners TTT. Das Ingenieurbüro TTT entwickelt, konstruiert und baut Nutzfahrzeuge und Komponenten und hält das Patent für Fahrgestelle aus Kohlenstofffaserverbundstoffen, so genannten CFK-Monocoques. Laut Wikipedia, der freien Online-Enzyklopädie, ist ein "Monocoque" die in einschaliger Bauweise gefertigte tragende Struktur eines Fahrzeugs. Dabei nimmt die weitgehend geschlossene Außenhaut die meisten angreifenden Kräfte auf. Monocoques sind leicht und verwindungssteif, so heißt es weiter, "jedoch aufwändig zu fertigen". Bekannt wurde die Monocoque-Bauweise vor allem aus dem Automobil-Rennsport.

Die umweltrelevante Bedeutung des CFK-Sattelzug-Projekts verdeutlicht eine Beispielrechnung: Bei einer durchschnittlichen Leergewichtreduzierung von 5,5 bis 6 Tonnen pro Lastzug (Zugmaschine und Dreiachsauflieger) ergibt sich eine Reduzierung der CO2-Emission von rund 12 bis 15 Mio. t/Jahr - bezogen auf alle derzeit zugelassenen Fahrzeuge der deutschen Flotte dieser Klasse.

Gewichtsvorteile und integrierte Funktionen

Bei vergleichbaren Steifigkeits- und Festigkeitswerten ist CFK etwa 70 Prozent leichter als Stahl und etwa 40 Prozent leichter als Aluminium - bei nur etwa 20 Prozent höheren Kosten. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Funktionsintegration: Kein zusätzliches Verschrauben oder Schweißen von zusätzlichen Bauteilen - alle Zusatzfunktionen wie Palettenkästen, Reserveräder oder Anfahrschutz sind im Gesamtgewicht des Trailers von 3 bis 3,5 t bereits integriert.

Leichtbau ist in - und Kohlenfaserverbundwerkstoffe sind dabei offenbar kaum zu schlagen. Allerdings stellt dieser Stoff, aus dem die Leichtgewichte sind, auch enorme Ansprüche. Dipl.-Ing. Ria Kaiser, ebenfalls Geschäftsführende Gesellschafterin des Ingenieurbüros TTT: "Zur mechanischen Bearbeitung von CFK-Bauteilen benötigt man extrem hochfeste und verschleißfeste Werkzeuge. Hier gibt es deutliches Entwicklungspotenzial. Deshalb wird derzeit die mechanische Bearbeitung noch auf ein Minimum reduziert." Das führe zu gesteigerten Anforderungen an den Werkzeug- und Formenbau: "Je weiter man die mechanische Bearbeitung reduziert, desto mehr erhöht sich die Komplexität der Form."

Vielfältige Möglichkeiten im allgemeinen Maschinenbau

Die Möglichkeiten des Leichtbau-Werkstoffs CFK sind indes mit der Anwendung im Fahrzeugbau bei weitem noch nicht ausgereizt. TTT-Manager Hans Jürgen Lange: "So wie wir an das Thema Nutzfahrzeuge aus CFK heran gegangen sind, steht jedem Maschinen- und Werkzeugbauer die Möglichkeit offen, bei schweren, beweglichen Teilen stationärer Maschinen über Massenreduzierungen die mechanischen Prozesse zu optimieren. Denn Leichtlauf bedeutet: Weniger Energie und minimierter Verschleiß."

Experte in Sachen CFK-Bearbeitung ist Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Hintze, verantwortlich für die Produktionstechnik im Institut für Produktionsmanagement und -technik an der TU Hamburg-Harburg und gleichfalls Mitglied des CFK-Valley Stade e.V.: "Die mechanische Bearbeitung großflächiger CFK-Bauteile ist außerordentlich anspruchsvoll und stellt hohe Anforderungen an Maschinen und Werkzeuge. Schon der Wert der Rohteile bewegt sich im vierstelligen Euro-Bereich, daher müssen die Werkzeuge und die Werkzeugmaschine absolut zuverlässig arbeiten."

Die Strukturbauteile sind auf ihre Betriebsbelastung hin optimiert, bezüglich der wirkenden Zerspankräfte sind sie nachgiebig und neigen zu Schwingungen. Deshalb müssen die Bearbeitungsmaschinen über ausreichend steife Spannvorrichtungen verfügen, die wegen der vergleichsweise kleinen Lose jedoch auch flexibel gestaltet sein müssen. Eine weitere Herausforderung ergebe sich aus der Abfuhr oder Absaugung der Spänepartikel, die aus Arbeitsschutzgründen zwingend erforderlich ist.

Die Bearbeitung von CFK stellt in mehrfacher Hinsicht höchste Ansprüche an die Zerspanungswerkzeuge und die Prozesstechnologie, erläutert Hintze: "Einerseits verursachen die harten Kohlenstofffasern einen extrem hohen Abrasionsverschleiß, der Schneidstoffe und Beschichtungen höchster Härte erfordert. Außerdem gilt es, die hochfesten Fasern so zu trennen, dass eine Ablösung der Fasern von der weitaus weicheren Harzmatrix vermieden wird". Des weiteren sei die Harzmatrix thermisch sehr empfindlich, so dass entsprechende Prozessgrenzen zwingend eingehalten werden müssen.

Im Sinne der sich verstärkt in Richtung Austauschbau entwickelnden Produktions- und Montagekonzepte müssen die CFK-Großstrukturen engere Toleranzen erfüllen, die von den heutigen Prozessrouten in der Regel nicht erreicht werden. Hieraus ergeben sich "neuartige Aufgaben für die mechanische Bearbeitung mit entsprechenden Anforderungen an Werkzeugmaschinen und Werkzeuge". Andererseits gewinnen beim Besäumen einfacherer Bauteilgeometrien neben den spanenden Technologien Strahlverfahren (Wasser-/Laserstrahl) an Bedeutung.

Noch Entwicklungsbedarf bei Zerspanungswerkzeugen

Vorrangige Entwicklungsrichtungen bei Zerspanwerkzeugen zur CFK-Bearbeitung sind, so Hintze, "die Steigerung der Produktivität, das heißt der Vorschubgeschwindigkeit sowie die Erhöhung der Werkzeugstandzeit bei prozesssicherer Einhaltung der Qualitätsanforderungen". Dazu zählen die Beherrschung enger Toleranzen, insbesondere beim Bohren, die Vermeidung von Faserablösungen ("Delamination") bzw. von Faserüberständen, die Ausschuss oder manuelle Nacharbeit verursachen sowie die Einhaltung der Temperaturgrenzen an der Bauteiloberfläche.

Lösungsansätze bieten nach Einschätzung des Experten neue Diamantschneidstoffe und Beschichtungen in Kombination mit spezifischen Hartmetallsubstraten sowie Werkzeuggeometrien, die auf die besonderen Anforderungen der CFK-Bearbeitung zugeschnitten sind, basierend auf einem grundlegenden Verständnis der Trennmechanismen. Hier herrschen jedoch im Vergleich zur Metallbearbeitung, gibt Professor Hintze zu bedenken, "immer noch deutliche Wissensdefizite".

Bei Untersuchungen des Bohrens von Werkstoffverbunden im Flugzeugbau habe sich gezeigt, dass innovative Hartmetalle, die sich durch eine deutlich verbesserte Zähigkeit auszeichnen, und Diamantbeschichtungen bei optimaler Abstimmung mit der Werkzeuggeometrie zu drastischen Rationalisierungen in der Montage von Leichtbaustrukturen führen, "indem Werkzeugstandzeiten erheblich gesteigert und Bohrprozessfolgen verkürzt werden können". Anzustreben seien prozessintegrierte Systeme zur Verschleißerkennung sowie intelligente Kühlkonzepte, die hinsichtlich der verwendeten Medien und der Entsorgung wirtschaftlich und umweltverträglich sind.

Herausforderung für den Werkzeug- und Formenbau

Neue Herausforderungen kommen auch auf die Werkzeug- und Formenbauer zu: "Im Hinblick auf möglichst niedrige Zykluszeiten der Aushärtungs- und Konsolidierungsprozesse müssen steile Heiz- und Abkühlrampen realisiert werden." Dabei spiele die Wärmekapazität der Form eine entscheidende Rolle. Daher sei man beispielsweise bestrebt, von metallischen Formen auf andere Formenbauwerkstoffe wie z.B. CFK umzustellen: "Hier ist ein Feld für innovative Lösungen." Eng verknüpft mit der Formgestaltung ist die Frage der Heizung und Kühlung. Alternative volumetrische oder selektive Heizprinzipien wie induktive, Widerstands- oder Mikrowellenheizungen werden derzeit erprobt.

Gleichermaßen gefordert sind nach Hintzes Einschätzung kostengünstigere Formenbauweisen, da die Formkosten gerade bei geringeren Stückzahlen einen wesentlichen Faktor darstellen. Aufgrund der großen Dimensionen ergeben sich bei konventionellen metallischen Formen sehr hohe Gewichte, die im Betrieb schwierig zu handhaben sind. Auch aus Handhabungsgründen sind daher alternative Formenkonzepte wünschenswert.

Neben der Anwendung in der Luftfahrt und bei Nutzfahrzeugen sieht CFK-Bearbeitungsexperte Professor Hintze auch im allgemeinen Maschinenbau "zukünftig vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für den Werkstoff CFK. Insbesondere kann das vorteilhafte Eigenschaftsprofil von CFK, wie seine bezogen auf die Dichte hohe spezifische Festigkeit und Steifigkeit, sein geringer Wärmeausdehnungskoeffizient, sein günstiges Ermüdungsverhalten und seine Korrosionsbeständigkeit, konsequent dafür genutzt werden, deutliche technische oder wirtschaftliche Vorteile für den Kunden zu erzielen". Voraussetzung und derzeit noch verbreitetes Hindernis seien die CFK-gerechte Bauteilauslegung sowie das Know-how und die Verfügbarkeit wirtschaftlicher Herstellungsrouten.

So lasse sich durch den Einsatz von CFK die Dynamik von Werkzeugmaschinen und Handhabungsgeräten steigern, wenn die Masse der zu beschleunigenden Schlitten oder Spindeln reduziert wird. Gleiches gelte für jegliche oszillierend bewegte Hebel und Schlitten beispielsweise in Verpackungs-, Druck- oder Textilmaschinen. Über eine Reduktion von Fliehkräften erlaube die CFK-Bauweise bei schnell laufenden Walzen höhere Drehzahlen. Alternativ, so Hintze weiter, "kann die Belastung von Lagerungen verringert und damit die Lebensdauer verlängert werden. Schließlich lassen sich durch Verwendung von CFK thermisch bedingte Deformationen von Maschinen und Geräten vermindern und damit eine höhere Genauigkeit erzielen".

CFK-Kompetenz auf der EMO Hannover 2007

Lösungsansätze verspricht sich der CFK-Bearbeitungsexperte Professor Hintze nicht zuletzt von der EMO Hannover 2007: "Dort sind einige Maschinen- und Werkzeughersteller mit Fachkompetenz und Erfahrung in der CFK-Bearbeitung von High-end-Komponenten vertreten. Zudem finden potenzielle Anwender über CFK-Kompetenznetzwerke Kontakt zu Firmen und Forschungsinstituten, die im Themenfeld Faserverbundwerkstoffe ausgewiesen sind."


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