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Kapitalmarkt-Standpunkt: Zeitenwende?

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Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG:

Im Februar 2022 prägte Olaf Scholz in einer von manchen als historisch eingestuften Rede den Begriff der Zeitenwende im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine. „Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie davor“.

Er sollte recht behalten und viele Veränderungen waren so dramatisch, dass der als eher zaudernd bekannte Kanzler und seine Koalition davon teilweise überrollt wurden.

Auch die Investoren an den Kapitalmärkten bekamen diese Zeitenwende zunächst als eiskalten Gegenwind zu spüren und die Folgen der Explosion bei den Energiepreisen und der Inflation wirken bis heute in Gesellschaft und Politik nach.

Leider können die durch die geostrategischen Konflikte betroffenen Menschen, seien sie Soldaten oder Zivilisten nicht davon sprechen, dass sich die Dinge nach der angekündigten Zeitenwende wieder zurück zu einer besseren Welt drehen. Und auch an den Kapitalmärkten haben sich die Dinge verändert. Nachhaltige Investments sind in den Hintergrund getreten und die Aktien oder ETFs liegen derzeit wie Blei in den Depots. Alles, was irgendwie mit tradierter Energieversorgung zu tun hat, lieferte gute Performance und wer gar in die „bösen“ Rüstungswerte investiert hat liegt meilenweit vorne und geht von einem „weiter prosperierenden Umfeld“ aus. Sprich: die Menschen tragen ihre Konflikte militärisch aus.

Auch die Diskussion um die Verteidigungsneigungen in der Nato durch die Trumpschen Positionen führen – egal wie man dazu steht – vermutlich dazu, dass der Investor in Rüstungsgüterproduktion jedenfalls nicht wegen seiner Investments schlecht schläft. Wegen der geostrategischen Entwicklung wälzt man sich vielleicht eher unruhig im Bett.

So hat auch Finanzminister Christian Lindner angekündigt, Investitionen in die Rüstungsindustrie zu erleichtern. „Regulatorische Hürden in der EU und Deutschland werden wir abbauen“, sagte Lindner Reuters am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz. Eine „zweite Zeitenwende“ sei nötig, damit die Rüstungsindustrie die Investitionen erhalte, die angesichts der Sicherheitslage in Europa notwendig erscheinen.

Das DIW hat mittlerweile ermittelt, dass der Ukraine Krieg allein die Deutschen bisher 200 Milliarden Euro gekostet hat. Dass die Ampelkoalition in vielen Dingen nicht glücklich oder gar unprofessionell agiert hat, ist ja zwischenzeitlich auch Erkenntnis in der Regierung selbst. Ihr aber alles in die Schuhe zu schieben, wie der eine oder andere Bauern- oder Rattenfänger es versucht, geht eben auch zu weit. Ein wenig Realismus stünde den Deutschen hier besser zu Gesicht, da das andauernde Herumgeheule eben auch den eigenen Brunnen vergiftet und Unternehmen und Investoren bereits abschreckt.

Für die Kapitalmärkte bahnt sich auch nur langsam eine Zeitenwende an. Zwar bewegen sich viele Indizes für Aktien im Bereich der Höchststände und werden von zumindest zum Teil erfreulichen Unternehmensergebnissen getragen – aber in der Breite fehlt noch die Bewegung. Die stetigen und gigantischen Mittelzuflüsse in die ETF-Industrie unterstützen hier eher die BigCaps in den breiten Indizes. Immerhin, der amerikanische Russel 2000 Index hat eine 10 Monate alte Seitwärtsbewegung nach oben verlassen und lässt darauf hoffen, dass die Aufwärtsbewegung nicht nur aus den BigTech-Werten besteht.

Treiber für eine weitere und deutliche Aufwärtsbewegung kann aber unseres Erachtens nur von der Zinsseite kommen und hier gestaltet sich das Geschehen noch zäh. „Die Inflation ist so lästig wie Long-Covid“ schrieben wir schon zu Beginn des letzten Jahres und leider stimmt es auch. Lohnverhandlungen- und Erhöhungen im zweistelligen Bereich helfen zwar den Empfängern und sind bei den Preissteigerungen auch nachvollziehbar – aber die Inflationsspirale kriegt man so nicht schnell zum Halten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat für dieses Jahr eine kräftige Erhöhung der Renten vorausgesagt. „Die Rentenerhöhung im vergangenen Jahr war nicht gering, ist aber unter der Inflationsrate geblieben.

Der Bondmarkt zeigt es an und die Futures „kommen nicht aus dem Quark“ und die letzten Daten von der Preisfront bestätigen die Falken in den Zentralbankräten. Eine zweifelhafte Entlastung kommt allerdings von den schwächelnden Konjunkturen zumindest in Europa. Dass die Deutsche Wirtschaft humpelt, hat sogar der fachkundige Bundesminister für Wirtschaft erkannt und auch in Frankreich stottert es.

Die französische Regierung hat ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 1,4 auf 1,0 Prozent gesenkt. Die neue Prognose berücksichtige „den neuen geopolitischen Kontext“, sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire am Sonntag im Fernsehsender TF1. Er verwies auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die „sehr deutliche Konjunkturabschwächung in China“ und die Rezession in Deutschland im vergangenen Jahr.

Die deutsche Politik bewegt sich aber im Dauerwahlkampf und will sich nicht wirklich einigen. Besonders strittig ist, ob noch eine Einigung zum sogenannten Wachstumschancengesetz gelingt. Damit sollen kleinere Firmen steuerlich entlastet werden, vor allem über zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten. Auf dem Tisch liegt ein Kompromissvorschlag mit einem mehr als halbierten Entlastungsvolumen von 3,2 Milliarden Euro. Die Union knüpft eine Zustimmung aber an die Rücknahme der beschlossenen Subventionskürzungen in der Landwirtschaft. Da fehlen dem Verfasser jedenfalls die Worte.

Im Streit um die richtige Strategie zur Belebung der Konjunktur will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einem Medienbericht zufolge in den nächsten drei Wochen ein „Wirtschafswende“-Konzept vorlegen. Lindners Papier für die „Wirtschaftswende“ solle zentrale Punkte wie die Entlastung von Unternehmen und Bürgern und Bürokratieabbau enthalten.

Immerhin führt die Diskussion um die abgewürgte Konjunktur dazu, dass sich die Tauben in der EZB wieder zu Wort melden. Die Diskussion darüber, wann die Europäische Zentralbank mit der Senkung der Leitzinsen beginnen wird, gewinnt zwischenzeitlich an Schärfe. Im EZB-Rat treten auch in den Medien deutlich sichtbare Spannungen zutage, die sich im Zuge der geldpolitischen Lockerung noch zuspitzen könnten. Während über eine Lockerung der Geldpolitik im Laufe des Jahres zwischen fast allen Ratsmitgliedern Einigkeit zu bestehen scheint, so herrscht doch Uneinigkeit darüber, wann es denn losgehen soll mit den Senkungen. Die Mehrheit scheint zu Juni oder einem späteren Zeitpunkt zu tendieren. Einige neigen dem April zu, und eine erste Wortmeldung brachte jetzt eine erste Zinssenkung im März ins Spiel.

Zumindest hier dürfte sich eine erneute Zeitenwende abzeichnen und damit auch eine Erholung an den Bondmärkten, auch wenn diese das bisher eindrucksvoll ignorieren. Aber die Folgen der Kriege und zahlreiche Wahlgeschenke werden den Finanzierungsbedarf weiter hochhalten, sodass es eine Knappheit von Anleihen nicht geben wird.

Wenn sich insbesondere der militärische Konflikt mit Russland nicht ausweitet, gilt weiterhin was wir ebenfalls schon mehrfach geschrieben haben: „Et hätt noch immer jot jejange“.

Kai Jordan, mwb Wertpapierhandelsbank AG

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