Vor dem Hintergrund der aktuellen S3-Leitlinie für die Lokaltherapie chronischer Wunden und "best clinical practice" vermittelte die zertifizierte Fortbildungsveranstaltung unter der Leitung von Prof. Dr. Hisham Fansa, Bielefeld, und Prof. Dr. Joachim Dissemond, Essen, einen Überblick über moderne Wundheilungsmethoden. Neben der wissenschaftlichen Evidenz zeige sie die ärztliche Expertise und öffne einen "Handlungs- und Entscheidungskorridor", so Prof. Fansa. Die Entscheidung für eine bestimmte Therapiemaßnahme sollte mit dem Patienten auf Grundlage der allgemeinen Therapieziele, seiner individuellen Präferenz und Lebensqualität getroffen werden. Ein Abweichen von Leitlinien-Empfehlungen sei im Einzelfall in der Patientendokumentation festzuhalten, sagte Prof. Fansa. Aufgrund der Vielzahl an Patienten mit komplexen Wunden mit chronischen Verläufen, reicht es heute nicht mehr, eine Wunde zu versorgen, in der Hoffnung, sie heile ab. Die Experten forderten Behandlungsstrategien, die aus einer differenzierten Diagnostik, den Wundheilungsphasen angepassten Wundversorgung und der Behandlung der die Wunde verursachenden Erkrankungen bestehen müsse und in der Regel interdisziplinär und auch interprofessionell zu erfolgen habe. "Eine chronische Wunde ist nicht Gott gegeben, sondern hat Ursachen, die es zu erkennen und behandeln gilt, erklärte Prof. Dissemond aus Essen.
Da kurzfristige Erfolge in der Wundversorgung eher selten sind, trägt eine adäquate Versorgungsqualität zum Heilungsverlauf bei - wie Prof. Dr. Gerhard Rümenapf bei Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) am Diakonissenkrankenhaus in Speyer zeigen konnte. Rümenapf setzte Case Manager ein, die die Patienten nach und während chirurgischer Interventionen zu Hause weiter betreuten.. In einer retrospektiven Kohorten-Pilotstudie erfasste er 392 amputationsbedrohte Diabetiker mit neuro-ischämischem Fußsyndrom nach arterieller Revaskularisation und untersuchte die Behandlungsqualität mit und ohne Case Management. Das an klinischen Qualitätsstandards orientierte Case Management habe den Drehtüreffekt und außerdem die Fallzusammenführungsrate signifikant gesenkt, berichtete der Gefäßchirurg.
Patienten in einem stationär und ambulant übergreifend tätigen Netzwerk einzubinden, scheint eine weitere Möglichkeit darzustellen, den Behandlungsverlauf effektiv und fallbezogen zu steuern. So richtet das Wundkompetenznetz Oberrhein mit inzwischen mehr als 800 registrierten Patienten besonderes Augenmerk auf bestimmte Risikogruppen. "Risikopatienten erhalten spezielle Behandlungspläne", sagte Dr. Marc Schmidt aus Karlsruhe. Die Wundverschlussrate zeige den Erfolg einer derartigen Patientensteuerung: Bei den Patienten mit guter Compliance ließe sich eine Verschlussrate bis zu 90 Prozent erreichen.
Neben dem Erfassen von Risikopatienten sind präventive Maßnahmen wie die Dekubitusprophylaxe und das Hygienemanagement wichtige Teilaspekte bei der Versorgung von chronischen Wunden. "Gerade bei Dekubiti lassen sich gute Erfolge mit präventiven Maßnahmen erzielen", erläuterte PD Dr. Nils Lahmann aus Berlin. Die Prävalenz sei rückläufig und läge heute zwischen 4 und 5 Prozent.
Auch die Infektionsprophylaxe trägt entscheidend zum Heilungsverlauf bei, denn nur saubere Wunden können heilen. Prof. Dr. Axel Kramer plädierte für die Anwendung moderner Hygienestandards in der Infektionsprävention, zu denen eine hygienische Händedesinfektion, Asepsis beim Verbandwechsel sowie ein MRSA-Screening gehöre. Für die Antiseptik von infektionsgefährdeten und kolonisierten Wunden sei Polihexanid noch immer das Mittel der ersten Wahl. Es bilde keine Resistenzen und zeige wundheilungsfördernde Eigenschaften.
Einen längeren Bericht sowie die einzelnen Vorträge zu den Referenten finden Sie über folgende Internetadresse: http://www.gcp-workshop.de
Der GCP-Workshop-Reihe wird ausgerichtet von der B. Braun Melsungen AG, Abteilung Medical Scientific Affairs Corporate unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Schachtrupp und ist unterstützt von der B. Braun Stiftung.