"Der knappste Rohstoff im Europa dieser Tage ist Vertrauen. Vertrauen in den Fortbestand des Euro, Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Banksystems, Vertrauen in die Fähigkeiten der europäischen Elite, beides zu erhalten. Angela Merkel verkörpert diesen knappen Rohstoff Vertrauen. Je weniger wir den anderen zutrauen - den Griechen, den Amerikanern, den Banken, der FDP, dem Bundespräsidenten - desto mehr vertrauen wir ihr. Diese Frau besitzt kein Pathos, aber starke Nerven. Sie ist Europäerin, aber mit Verstand. Sie will den Euro retten, aber nicht um jeden Preis. Es ist beeindruckend zu sehen, wie sie den anderen Regierungschefs und - wichtiger noch - deren Völkern ihre Grammatik beibringt: Schuldenbremse, Eigenverantwortung, Strafe. Man ist sogar bereit, auf Souveränität zu verzichten und neue Verträge mit ihr abzuschließen. Das Ganze sei sehr deutsch, hält man ihr seitens der Opposition vor. Das stimmt. Aber ein bisschen mehr Deutschland ist das Beste, was Europa derzeit passieren kann. Merkels Deutschland will andere nicht beherrschen, nur stabilisieren."
Die Jury bestand aus der rund 200 köpfigen Handelsblatt-Redaktion, beraten durch: Wolfgang Nowak, Geschäftsführer der "Alfred Herrhausen Gesellschaft", seiner Stellvertreterin Ute Weiland, Prof. Dr. Helmut Anheier, Akademischer Direktor der "Hertie School of Governance", Prof. Dr. Klaus Schweinsberg, Gründer des "Centrums für Strategie und Höhere Führung" in Köln und Sebastian Turner, langjähriger Chef der Werbeagentur Scholz & Friends und Begründer und Veranstalter der Wissenschaftlerkonferenz "Falling Walls".
Unter den weiteren Gewinnern findet sich auch die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro, die die Auszeichnung als "Ökonomin des Jahres 2011" erhält. VW-Chef Martin Winterkorn ist "Manager des Jahres". "Aufsteiger des Jahres" wurde Bundesbankchef Jens Weidmann. "Einen Banker des Jahres" hat die Redaktion bewusst nicht gewählt. Ex-WestLB-Chef Ludwig Poullain begründet in seinem Essay "Vorbild gesucht" warum.
Zum "Absteiger des Jahres" wurde Karl-Theodor zu Guttenberg gewählt. Namens der Jury erläutert der Historiker Arnulf Baring in seinem Aufsatz "Der Mogelpeter" die Gründe. Das "Vorbild des Jahres" wurde Stéphane Hessel, der 1917 geborene französische Autor von "Empört Euch" und "Engagiert Euch".