Die Verhüllung war ein urheberrechtlich geschütztes Werk (siehe § 2 UrhG). Dann durfte Christo aber auch als Urheber grundsätzlich verbieten, dass Dritte sein Werk fotografieren und die Fotografie kommerziell verwerten.
Nur in wenigen gesetzlich geregelten Ausnahmefällen dürfte ein Dritter nun ohne Erlaubnis bzw. ohne die Pflicht, eine Vergütung für die Nutzung zu zahlen, das Foto vom verhüllten Reichstag verwerten. Diese Ausnahmen nennt das Urheberrechtsgesetz „Schranken“. Das Landgericht Berlin aber hatte keine dieser Schranken als gegeben erkannt:
Im Freien befindliche Werke (z.B. ein Brunnen) dürfen fotografiert werden (siehe § 59 UrhG). Wesentliche Voraussetzung ist dafür aber, dass diese sich „bleibend“ dort befinden, wie eben ein Brunnen. Wird der Brunnen aber vorübergehend zu künstlerischen Zwecken umgestaltet und entsteht dadurch ein (neues) Werk, greift diese Schranke (= Ausnahme) nicht mehr. Man müsste nun den Künstler um Erlaubnis fragen. Dies galt auch für den verhüllten Reichstag, da das Werk (= die Verhüllung) nicht bleibend war.
Das bedeutet aber nicht, dass niemand den Reichstag hätte fotografieren dürfen, also auch nicht die Presse. Denn die Presse darf über „Tagesereignisse“ berichten und dazu Fotos anfertigen (siehe § 50 UrhG). Ein hierbei angefertigtes Foto dürfte aber nicht kommerziell auf Postkarten verwertet werden, da dies keine Nutzung bezüglich Tagesereignissen ist.
(LG Berlin, Urteil vom 27.09.2011, Az. 16 O 484/10)
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht