Distanz zum Alltagsgeschäft
Mitarbeiter in der elektrischen Prüfung der Leiterplatte bedienen mehrere Maschinen gleichzeitig. Mit unterschiedlichen Anforderungen werden hier beim sogenannten ETest Leiterplatten auf Fehler getestet. Dies bedingt Erfahrung im Umgang mit den Programmen und der Betreuung der Maschinen. Mit zunehmenden Anforderungen kamen im Laufe der Zeit mehr Maschinen dazu, die jedoch nicht unter Lean- Gesichtspunkten angeordnet wurden. Die etwas verwinkelte Anordnung kostete Zeit, was sich summiert. Am Tag, in der Woche, im Jahr. "Das sind Dinge, die einem nur mit der nötigen Distanz zum Alltagsgeschäft auffallen", sagt Geschäftsführer Klaus Weingärtner. Dabei ist eine schlanke Produktion überlebensnotwendig für Würth Elektronik (WE). Denn der internationale Wettbewerb in der Leiterplattenindustrie ist enorm. "Engpässe hatten wir vor allem im Bereich E-Test", sagt Ralf Günther. "Hier geht die komplette Fertigungsmenge durch."
Wertschöpfung gesteigert
WE bearbeitet pro Tag 350 unterschiedliche Leiterplattendesigns, davon rund 100 eilige Neuaufträge. "Flexibilität und Geschwindigkeit spielen eine entscheidende Rolle. Deswegen wollten wir schnell Verbesserungen sehen", betont Weingärtner. Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt in der Weiterbildung der Beschäftigten.
Neues Management- und Produktionssystem
Mittlerweile bedient ein Mitarbeiter vier Maschinen, ein zweiter Kollege übernimmt die Vor- und Nachbereitung der Aufträge, so dass die Maschinen kontinuierlicher prüfen können. Vorteile: Laufwege und Zusatzschichten haben sich stark reduziert, alle vier Maschinen arbeiten mit einer größeren Wertschöpfung. Gleichzeitig spart das Unternehmen Hallenfläche und kontrolliert durchgängig den Prozess. WE arbeitet bereits seit 2005 mit Sebastian Schiegl zusammen. Der Spezialist für Lean- und Change- Management aus Stuttgart hat schon an anderen Standorten der Würth Elektronik Gruppe Prozess abläufe und Kommunikation verbessert, beispielsweise durch Wertschöpfungsanalysen und Problemlösungsmethoden. Gemeinsam mit Jörg Murawski, Geschäftsführer der Würth Elektronik GmbH & Co. KG und Mitglied der Führungskonferenz der Würth Gruppe entwickelte er das Management- und Produktionssystem "Qool". Dabei versteht sich Murawski als Mentor und interner Treiber in einem Teil der Würth Elektronik-Gruppe, die an drei Standorten Leiterplatten produziert.
Transparenter Prozess
Seit vergangenem Jahr unterstützt Schiegl die 138 Mitarbeiter im württembergischen Rot am See dabei, die Produktivität zu erhöhen. Ein wesentlicher Aspekt: Die Einbindung der Mitarbeiter. Von Beginn an nutzt die Firma das Wissen der Kollegen besonders in der Produktion für Verbesserungen. Für volle Transparenz werden regelmäßig alle Produktionskennzahlen visualisiert. Zusätzlich wurden in besonders fokussierten Abteilungen sogenannte "Qool-Boards" installiert, auf denen die Mitarbeiter Probleme und mögliche Lösungsvorschläge aufschreiben können. Nach Plan halten die Arbeiter fest, wer sich bis wann um das Problem kümmert und wie sich die Ergebnisse entwickeln. So weiß jeder, was mit seinen Informationen passiert und wie der Umsetzungsstand ist.
Kontinuierliche Verbesserung
Schiegl analysiert gemeinsam mit dem Assistenten der Geschäftsführung Malte Brunkhorst und den Mitarbeitern vor Ort die Wertschöpfungsprozesse. In diesem Schritt zerlegen die Teams jeden Ablauf in Sequenzen und verbessern sie Schritt für Schritt. Doch dafür muss te jeder Mitarbeiter raus aus seiner Routine. "Das hat schon einige Monate gedauert, denn gegenüber Veränderung ist jeder erst einmal kritisch", erzählt Produktionsleiter Günther. Auch die Geschäftsführung muss konsequent dranbleiben, damit Mitarbeiter verinnerlichen, dass Verbesserung kontinuierlich stattfinden kann. Gemessen am Umsatz pro Mitarbeiterstunde konnte so beispielsweise die Abteilung E-Test nach acht Monaten ihre Produktivität um 40 Prozent steigern.
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