Als Antwort auf dieses Problem haben Abassi et al. (1) einen Ansatz zum morphologischen Profiling lebender Zellen entwickelt, bei dem die Wirkung niedermolekularer Verbindungen dynamisch überwacht werden kann. Der Ansatz basiert auf der Impedanzmessung von Zellen mit dem xCELLigence RTCA-System von Roche Applied Science (SIX: RO, ROG; OTCQX: RHHBY). Um diesen Ansatz zu testen, wurde eine Bibliothek mit von der FDA zugelassenen Wirkstoffen, Wirkstoffkandidaten und natürlichen Verbindungen untersucht. Verbindungen mit ähnlicher Wirkung führten zu ähnlichen zeitabhängigen Zellreaktionsprofilen (TCRPs, engl. time-dependent cell response profiles). Die Verbindungen wurden daraufhin nach der Ähnlichkeit ihrer TCRPs gruppiert.
Die Forscher fanden neue Wirkmechanismen für bestehende Wirkstoffe, bestätigten die bereits veröffentlichte Wirkung des COX-2-Inhibitors Celecoxib auf den Kalziumhaushalt und entdeckten einen zusätzlichen Wirkmechanismus der experimentellen Verbindung Monastrol. Sie fanden außerdem eine neue antimitotische Verbindung und charakterisierten sie. Mit diesem Ansatz können auch zusätzliche Wirkungen einer Substanz unabhängig von der Zielstruktur, sogenannte Off-target-Effekte, identifiziert werden.
Die von Abassi et al. beschriebene TCRP-Technik hat gegenüber den aktuell verwendeten Ansätzen den Vorteil, dass ein zeitabhängiges Profil erstellt wird. Zusammen mit der Messung von Zellzahl, Zellmorphologie und Zelladhäsion bietet die TCRP-Technik so eine Erweiterung des "biologischen Raumes", in dem das Screening von Verbindungen vorgenommen werden kann. Sie bietet reichlich Gelegenheit zum Nachweis und zur Untersuchung der biologischen Aktivität niedermolekularer Verbindungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die zeitliche Auflösung des TCRP-Ansatzes in Phänotyp-Profiling-Untersuchungen verwendet werden kann, um zusätzliche Daten zu niedermolekularen Verbindungen zu gewinnen. Der Ansatz liefert Informationen, mit denen die Wirkmechanismen niedermolekularer Verbindungen vorhergesagt werden können.
Die nicht invasive und markierungsfreie xCELLigence Analysemethode, ursprünglich entwickelt von der Firma ACEA Biosciences aus San Diego (USA), basiert auf der Messung der Impedanz der Zellen. Die Technik nutzt den elektrischen Wert der Impedanz, um den Zustand von Zellen nichtinvasiv und in Echtzeit zu quantifizieren. Dazu werden die Zellen in sogenannte E-Plate Mikrotiterplatten ausgesät, in die mikroelektronische Sensorarrays integriert sind. Die Wechselwirkung der Zellen mit der Oberfläche der Mikroelektroden führt zu einer Zell-Elektroden-Impedanzänderung, die nicht nur ein Maß für die Zellviabilität ist, sondern auch mit der Anzahl der Zellen korreliert. Das xCELLigence System, das außerdem über benutzerfreundliche Datenerfassungs- und -analysefunktionen verfügt, ist eine einzigartige Plattform für kontinuierliche, zellbasierte Echtzeituntersuchungen und hat ein enormes Potenzial für die Zell- und Molekularbiologie.
Weitere Informationen zur Technologie finden Sie auf www.roche-applied-science.com.
Literatur:
(1) Abassi YA et al.: Kinetic cell-based morphological screening: prediction of mechanism of compound action and off-target effects. Chem Biol 2009; 16:712-723