Zentrale Ergebnisse aktueller Studien, wie zum Beispiel die Personalmarketingstudie 2012, besagen, dass Arbeitnehmer auf Grund des sich vollziehenden Wertewandels die Attraktivität eines Unternehmens weniger an Gehaltsstrukturen, sondern immer mehr nach den vorhandenen Angeboten für die Work-life-balance, also der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, bewerten. Das Angebot von unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen ist hierbei ein Instrument, dessen sich Unternehmen bedienen können, um den Wünschen und Forderungen ihrer Mitarbeiter nachzukommen und diese so an sich zu binden, gleichzeitig aber auch die eigene Attraktivität als Arbeitgeber für Bewerber zu steigern. "Dies ist aber nur ein Grund, sich mit der Thematik näher zu befassen", so Ricarda Bayer, Rechtsanwältin und Eigentümerin von rb consulting. Ihr Impulsreferat mit der Fragestellung "Wie viel Flexibilität ist notwendig und sinnvoll?" gab den Auftakt der Veranstaltung. Bayer beleuchtete verschiedene Arbeitszeitmodelle und betonte darüber hinaus die Relevanz der sich ändernden Arbeitswelt, gerade auch vor dem Hintergrund des technischen Fortschritts und des demografischen Wandels; denn Wissensträger werden künftig knapp. Unternehmen gewinnen hierbei aber nicht nur in der Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter und erfahren auf diesem Wege einen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Vielmehr bietet sich als Synergieeffekt auch die Möglichkeit, flexibler und effizienter zu arbeiten sowie Kundeninteressen zu berücksichtigen.
Doch wie wird das Thema in den Unternehmen im Wirtschaftsraum Augsburg gesehen und umgesetzt? Vertreter regionaler Unternehmen ließen sich zu dieser Fragestellung von der Moderatorin der im Anschluss folgenden Gesprächsrunde, Dr. Annette Rosch, Beauftragte für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Augsburg, auf den Zahn fühlen.
In einem Punkt war sich die Runde einig: Der Markt von Bewerbern wird enger. Dies wissen zwischenzeitlich auch die umworbenen Fachkräfte. So ist "ein Firmenwagen eine noch immer gern angenommene Wertschätzung", so Andreas Gundel, Geschäftsführer der CADCON Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG. Sein Bestreben ist es, individuell auf die Bewerber einzugehen. Das Thema Arbeitszeitregelungen gehört dazu.
Auch Peter Jaksch, Personalleiter der PATRIZIA Immobilien AG ist grundsätzlich bereit, neue Wege mit den Mitarbeitern zu gehen. "Auf diese Art haben wir bereits positive Erfahrung mit Sabbaticals und der Ausbildung in Teilzeit gemacht", so Jaksch. Nicht zu unterschätzen sei darüber hinaus die Rolle von Führungskräften und deren Fürsorgepflicht. Denn gerade durch die technischen Möglichkeiten und die Globalisierung der Arbeitswelt sind mittlerweile eine stetige Erreichbarkeit sowie eine enorme Flexibilität gegeben. Einigen Mitarbeitern fällt es daher schwer auch nach Dienstschluss abzuschalten. Motivierte und engagierte Mitarbeiter können so Gefahr laufen sich zu verausgaben. Aufgabe der Führungskräfte sei es, dies zu erkennen und frühzeitig zu reagieren, den Mitarbeiter also letztlich im Blick zu haben, stimmten Jaksch und Gundel überein.
Gleichzeitig bedeutet der technische Fortschritt aber auch große Chancen zur Flexibilisierung. "Für unser Unternehmen ist die Einrichtung von Home Office Arbeitsplätzen ein Gewinn", berichtet Holger Hundseder, Partner der SWMP Wirtschaftsprüfer Steuerberater GbR, denn auf diese Weise werde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt. Nichts desto trotz müsse ein Unternehmen bei der Flexibilisierung von Arbeitszeiten aber auch die rechtlichen Rahmenbedingungen im Blick haben, so Hundseder. So sei das Bilden von Rückstellungen gerade für kleinere Unternehmen ein beachtlicher finanzieller Aufwand.
In Sachen Arbeitszeitmodelle und Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist Gertrud Grießer, stellvertretendes Mitglied des Vorstands der Kreissparkasse Augsburg, zu Hause. "Bereits 1974 wurde Gleitzeit in der Kreissparkasse eingeführt", so Grießer. Mit der Zeit seien weitere Flexibilisierungen entstanden und mit der Zertifizierung für das Audit berufundfamilie der Hertie Stiftung sei letztlich die ganze Bandbreite von Arbeitszeitmodellen ausgebaut worden. Mit einem Frauenanteil von 60% sei dies auch absolut notwendig.
Mit diesem Stichwort widmete sich die Gesprächsrunde dem Thema Führen in Teilzeit und streifte das Handlungsfeld Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Beiden Themen standen die Teilnehmer der Gesprächsrunde sehr offen gegenüber und diskutierten über die Realisierbarkeit. Betont wurde insbesondere die Notwendigkeit, dass die Themen nur umgesetzt werden, wenn auch die Geschäftsführung und die Führungskräfte selber überzeugt sind und entsprechend handeln, nicht nur den Mitarbeitern, sondern auch sich selber gegenüber. Einig war sich die Runde, dass das Thema Führen in Teilzeit von der jeweiligen Führungskraft vor allem die Bereitschaft abverlangt zu delegieren, da das operative Element der bisherigen Tätigkeit in den Hintergrund treten müsse. Gleichzeitig, so Grießer, bedeute dies auch eine große Chance für Nachwuchsführungskräfte. Durch die Neuverteilung der Arbeitsaufgaben würden diese eine frühzeitige Talentförderung erfahren.
Frühzeitig fand die Veranstaltung jedenfalls nicht ihr Ende. Weitere Themen wurden angesprochen, andere fanden, auf Grund der fortschreitenden Zeit, leider keine Berücksichtigung. Dennoch folgte das Plenum konzentriert dem Gespräch und gestaltete dies aktiv durch Fragen und Anmerkungen mit. Nachdem es Dr. Annette Rosch gelang, den Bogen zum Ende der Gesprächsrunde zu spannen, führten Veranstaltungsteilnehmer und Referenten die Gespräche bei einem Imbiss in gelöster Atmosphäre fort.