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Whistleblower und Mittelstand

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stärkt die Rechte von Arbeitnehmern. Gemeint ist der öffentliche Dienst. Betroffen ist (vielleicht) der Mittelstand

(PresseBox) (Leipzig, )
(wiwo/eB) http://www.pt-magazin.de/...
Weil eine Altenpflegerin in Berlin Betrugsvorwürfe gegen ihren Arbeitgeber öffentlich machte, erhielt sie kurz darauf die fristlose Kündigung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) urteilte nun zu diesem Fall, dass die Frau ihr Recht auf freie Meinungsäußerung genutzt habe, „um Missstände zu benennen, deren Kenntnis im öffentlichen Interesse liege“, berichtet die Wirtschaftswoche in ihrer aktuellen Ausgabe. Sie erhält nun Schadensersatz und könnte gar ihren Job, inklusive durch die Kündigung entstandene Lohnausfälle einklagen.

Das deutsche Arbeitsrecht hatte zuvor die Entscheidung des Arbeitgebers gestärkt, weshalb sich die Altenpflegerin den gesamten Rechtsweg bis nach Straßburg durchkämpfte. Die Entscheidung des EGMR hat nun Folgen für die deutsche Gesetzeslage.

In Zukunft werden deutsche Gerichte in Whistleblower-Fällen eher die Rechte des Arbeitnehmers schützen. Dies gilt jedoch nur, wenn der Mitarbeiter nicht bewusst dem Arbeitsgeber schaden wollte oder die Vorwürfe haltlos seien. Für Unternehmen wird es insgesamt wohl schwieriger werden, Whistleblowern – oder solchen die sich dafür halten - zu kündigen.

Das öffentliche Interesse überwiegt den Schutz des Rufes der Firma

Vollkommen mittellos sind Unternehmen jedoch nicht in solchen Fällen. Vor allem der Punkt des öffentlichen Interesses macht den Unterschied bei der Rechtsprechung aus. Erbringt eine Firma Leistungen welche die Allgemeinheit besonders betreffen, erfährt der Arbeitnehmer besonderen Schutz. Das öffentliche Interesse überwiegt dann den Schutz des Rufes der Firma. Generell ist es jedoch zu empfehlen, sämtliche Anliegen zunächst intern anzusprechen.

Die Unternehmen wehren sich gegen die Rechtsprechung des EGMR. Die deutschen Arbeitgeberverbände fordern die Politik zum Handeln auf. Um derartigem Ärger zuvor zu kommen haben viele Firmen bereits gehandelt. Sie bieten z.B. durch Whistleblower-Hotlines die Möglichkeit an, Missstände anonym intern anzusprechen. Die Anonymität schützt die Arbeitnehmer und macht es ihnen leichter, Missstände intern anzusprechen.

Die Politik reagiert nur zögerlich

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen reagiert erstaunlich zurückhaltend. Den Schutz von Whistleblowern zu erhöhen war politisch bisher nicht durchzusetzen. SPD und Grüne arbeiten aber zur Zeit an einem Gesetzesentwurf, um Skandale in Unternehmen schneller aufzudecken, schreibt die Wirtschaftswoche.

In den USA hingegen genießen Whistleblower seit langem einen umfangreichen Schutz. Sie werden finanziell motiviert, indem der Staat sie prozentual an den Geldbußen der Unternehmen beteiligt. Das gilt sogar dann, wenn sie selber am gemeldeten Betrugsfall beteiligt waren. Es ist in den USA nicht einmal Pflicht, zunächst das interne Gespräch zu suchen.

Für US-Präsident Barack Obama sind Whistleblower nicht nur eine Informationsquelle gegen Verschwendung und Korruption im Staatshaushalt, sondern ein Einnahmeposten in Milliardenhöhe, berichtet Martin Ehrenhauser http://diepresse.com/... .“ 1986 wurde der „Fals Claim Act“ (FCA) erweitert, um Whistleblower am finanziellen Erfolg des „Verpfeifens“ zu beteiligen. Eine Strafzahlung über 2,3 Milliarden Dollar eines Pharmaunternehmens wurde dem Mitarbeiter mit 51,5 Millionen Dollar „verprovisioniert“.

Folgen für den Mittelstand

Prof. Dr. Christoph Ph. Schließmann aus Frankfurt/M. macht zu Recht darauf aufmerksam, dass im Mittelstand nicht nützlich sein muss, was im öffentlichen Dienst nötig ist. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers korrespondiert hier mit der Treupflicht des Arbeitnehmers http://www.perspektive-mittelstand.de/... . Das eine geht nicht ohne das andere. Wenn das Urteil dazu führen sollte, dass sich jeder kritische Arbeitnehmer selbst zum „Staatsanwalt“ ernennt, der vermeintliche Missstände aufdecken will, würde eine Misstrauens- und Angstkultur erzeugt, die jeder betrieblichen Zusammenarbeit die Vertrauensgrundlage entzieht.

„Heute eine Anzeige wegen Unregelmäßigkeiten bei der Steuer, morgen eine wegen Missstände bei der Arbeitssicherheit, übermorgen wegen mangelhafter Produkte…„Whatever you do, Kilroy is watching you“ wäre eine Big Brother-Kampfansage an die Kultur in unseren Unternehmen …. Und irgendjemand – vom Gerechtigkeitsritter bis zum Rächer – wird sich immer finden, der dann - aus welchen Motiven auch immer - meint, der Öffentlichkeit oder irgendwelchen Communities einen Dienst damit zu tun, dass er Betriebsinternas öffentlich macht und anprangert.“ schreibt Schließmann.

Zahlreiche Medien fordern „die Bundesregierung“ zum Handeln auf. Davor kann nur gewarnt werden. Im vorliegenden Fall des EGMR ging es um einen Arbeitgeber mit dem Land Berlin als Gesellschafter. Davon abgesehen, dass hier unzweifelhaft öffentliche Interessen betroffen sind, fällt es solchen Großstrukturen relativ leicht, im Zweifelsfalle eine Arbeitsstelle für einen unbeugsamen Kritiker zu finden.

Will man wirklich zulassen, dass kleine 10- oder 50-Mann-Firmen gezwungen werden, jemanden zu beschäftigen, dessen Vertrauensgrundlage zerstört ist? Jemanden, der sich mit „Whistleblower“-Freifahrtschein nicht mehr auf die Erreichung der betrieblichen Ziele konzentriert, sondern den Auseinandersetzungen des Unternehmens am Markt mit Wettbewerbern, Rechtsproblemen und Zahlungsverweigerung interne Probleme hinzufügt? Das kann weiß Gott nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

P.T. Magazin

Die OPS Netzwerk GmbH verlegt das P.T. Magazin und betreibt das Portal www.kompetenznetz-mittelstand.de. Die durchgängige redaktionelle Leitlinie ist die Würdigung unternehmerischen Handelns, wie sie im Motto der unabhängigen Oskar-Patzelt-Stiftung „Gesunder Mittelstand - Starke Wirtschaft - Mehr Arbeitsplätze“ zum Ausdruck kommt.

Das P.T. Magazin bietet mittelständischen Unternehmern eine neue Kommunikationsplattform im Vergleich zu anderen Wirtschaftsmagazinen. Der Unternehmer wird als persönlich agierender und meist haftender Macher und Initiator angesprochen, als Entscheider von Outsourcing bis zu Personalaufgaben und technischen Investitionen.

Die Plattform www.kompetenznetz-mittelstand.de ist zugleich Präsentations- und Kommunikationsplattform und dient der Organisation des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes", indem Nominierungen und Juryarbeit über dieses Portal organisiert werden.

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