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Die ARD und der Millionär

Warum sich Quotenjagd, journalistischer Auftrag und Sorgfaltspflicht häufig in die Quere kommen

(PresseBox) (Leipzig, )
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In der Sommerpause von „Hart, aber fair“ fährt die ARD die Sommer-Reihe "ARD-exclusiv". Die Dokumentationen sollen investigativ Missstände in Wirtschaft und Politik untersuchen und natürlich anprangern. Gestern Abend startete die Reihe mit dem Bericht "Das Hermes-Prinzip". Es ging um die schwierigen Arbeitsbedingungen von Hermes-Paketboten. Der Vorwurf lautete, der Konzern habe ein Subunternehmen-System aufgebaut, das für fragwürdige Arbeitsverhältnisse sorge. Denn die Paketfahrer arbeiten als Selbständige für die Otto-Tochter Hermes. Der Milliardär und Aufsichtsratschef Michael Otto und Hartmut Illek, Chef der Hermes Logistik Gruppe Deutschland GmbH nehmen mehrfach im Bericht Stellung.

Die Sendung war ohne Zweifel fernsehjournalistisch gut gemacht. Das Thema „die Armen“ gegen „den Milliardär“ sicherte die Einschaltquote sogar zu später Sendezeit. Drei Millionen Zuschauer um 21.45 Uhr ist toll. Und dieses Thema sorgt für Resonanz. "Ein Milliardär und seine Götterboten" ist der Untertitel der ARD-Rückschau. Spiegel.de sekundiert: „ ARD-Film über Lohndumping: Die Paketboten und der Milliardär“. Die Münchner Abendzeitung schreibt: „Hermes: Sozial reden und hart ausbeuten“.

Offene Fragen

Ein Thema in seinen Facetten, in seinen Widersprüchen, in seinen Konsequenzen auszuleuchten, gehört zum journalistischen Auftrag. Da ließ die Sendung aber leider einiges offen:

Wer schlecht verdienende Selbständige in einen Topf mit Lohnempfängern wirft, um Dumpinglöhne anzuprangern, darf nicht am nächsten Tag titeln: „Immer mehr Selbständige rechnen sich arm, um HartzIV-Leistungen zu beziehen.“

Wer den Milliardär mit den Paketfahrern vergleicht, sollte auch die volkswirtschaftliche Dimension nicht scheuen: Bei über zwei Milliarden Paketsendungen in Deutschland jährlich reicht Ottos Privatvermögen gerade ein Jahr, wenn er bei jeder Paketsendung einen Euro drauflegt, damit die Paketfahrer ihre Kosten leichter decken und mehr verdienen können. Dann ist auch Otto arm. Und dann?

Mindestumsatz für Gewerbetreibende

Wer dauerhaft will, dass die Paketfahrer nicht nur 60 oder 90 Cent je Paket bekommen, muss für die Anhebung der Paketgebühren eintreten. Die werden aber am Markt von den großen Anbietern definiert. Wenn Hermes oder andere ihre Preise im Alleingang anheben, gehen die Auftraggeber eben zur DHL oder anderen. Dann ist Hermes pleite. Seine Subauftragnehmer ebenfalls.

Man könnte auch eine Straßenbefragung unter Passanten machen: „Wären Sie bereit, je Paketsendung einen Euro mehr zu bezahlen, damit …“. Wäre doch interessant! Wurde aber nicht ausgeführt.

Wer prekäre Arbeitsbedingungen unter Selbständigen generell verhindern will, muss neben Mindestlöhnen für Arbeitnehmer auch Mindestumsätze für Arbeitgeber einführen. Fragt sich nur, wie das praktisch gehen soll?

Versagen der Politik

Unter Fachleuten wie dem Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP) löst der Beitrag der ARD keine Überraschung aus. Das Prinzip der Billiglöhne ist kein ausschließliches Problem des Paketdienstes Hermes, sondern ein gesellschaftliches Problem: Afrika in Deutschland, Leben mit einem Euro am Tag.

Es ist die Politik, die versagt. Der Transport von Gütern erfordert nach dem Güterkraftverkehrsgesetz eine unternehmerische Ausbildung. Es ist nach dem Fahrpersonalgesetz verboten, Stücklöhne zu zahlen, sofern Fahrzeuge ab 2,8 t zul. Gesamtmasse eingesetzt werden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist derart unterbesetzt, dass sie die verdeckte Schwarzarbeit z.B. im Paketzustellbereich nicht aufzudecken vermag. Darüber hinaus bestehen für Paketzusteller Tariflöhne, die nach gängiger Rechtsprechung nur um 30 Prozent unterschritten werden dürften.

„Es ist ja einem Paketdienst nicht zu verdenken, dass er sich billige Subunternehmer vom Markt besorgt, solange der Markt diese ihm bietet“, sagt Rudolf Pfeiffer. „Wir brauchen deshalb eine „Politik der sozialen Verantwortung“, um die Aussage von Michael Otto zur sozialen Verantwortung von Unternehmen aufzugreifen.“

Der BdKEP fordert daher zum einen eine Diskussion, ob eine Unternehmensgründung nicht ganz allgemein eine Unternehmerprüfung voraussetzt, wenn Betriebswirtschaft schon nicht in der Schule gelehrt wird. Zum anderen sollten die bestehenden Gesetze auch durchgesetzt werden.

Moderne Hexenverbrennung

Betroffene sind gegen solche Berichterstattung machtlos. So wehrt sich Geflügelzüchter Wiesenhof juristisch gegen die ARD-Reportage "System Wiesenhof. Wie ein Geflügelkonzern Tiere, Menschen und Umwelt ausbeutet", die für den 31. August angekündigt wurde und schickte dem verantwortlichen Südwestrundfunk (SWR) eine Unterlassungsaufforderung. Wiesenhof wehrt sich dagegen, dass die Sendung schon rufschädigend beworben wurde, bevor überhaupt ein Fragenkatalog an Wiesenhof ging. „Was da passieren soll, ist moderne Hexenverbrennung“, klagte Peter Wesjohann, Vorstandschef des Mutterkonzerns PHW, gegenüber der "Hannoverschen Allgemeine". Die Redaktion von "Report Main" weist das natürlich zurück. Die Sendung wird ausgestrahlt werden. Man habe monatelang recherchiert und mehrmals um Interviews und Drehgenehmigungen gebeten.

Die SWR-Reportage über das "System Wiesenhof" hat schon Folgen, bevor sie ausgestrahlt wird. Nach Bekanntwerden des Sendetermins brachen Unbekannte in insgesamt fünf Ställe von Wiesenhof Partnerlandwirten in den Landkreisen Vechta und Jerichower Land (Möckern) sowie bei einem Bio-Landwirt in Twistringen ein, zu dem Wiesenhof über viele Jahre eine direkte Geschäftsverbindung unterhielt. Bei einem gewaltsamen Einbruch starben sogar zwei Tiere.

„Terror gegen die Tierhalter“

Paul-Heinz Wesjohann: "Eine solche Ballung von Einbrüchen in Betrieben unserer Partner gab es in der gesamten Firmengeschichte noch nicht. Der Verdacht liegt nahe, dass sogenannte Tierrechtsorganisationen hinter den Einbrüchen stecken." In Szene gesetzte Aufnahmen von kranken oder toten Tieren werden immer wieder Medien angeboten. "Wir begrüßen es deshalb, dass der Terror gegen die Tierhalter von der Brüsseler Polizeibehörde Europol verfolgt wird." sagt Wesjohann.

Muss sich ein Journalist nicht auch solche – kriminellen - Folgen seiner Recherchen zurechnen lassen?

Wiesenhof ließ übrigens die betroffenen Betriebe von dem unabhängigen Zertifizierungsinstitut QS sonderauditieren. Ergebnis: keine Auffälligkeiten. Die Tiere wurden tierschutzkonform gehalten. Und auch Hermes und Otto haben alle möglichen TÜV- und Stiftung Warentest-Zertifizierungen und darüber hinaus jede Menge eigene Initiativen. Selbstverständlich.

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Die OPS Netzwerk GmbH verlegt das P.T. Magazin und betreibt das Portal www.kompetenznetz-mittelstand.de. Die durchgängige redaktionelle Leitlinie ist die Würdigung unternehmerischen Handelns, wie sie im Motto der unabhängigen Oskar-Patzelt-Stiftung „Gesunder Mittelstand - Starke Wirtschaft - Mehr Arbeitsplätze“ zum Ausdruck kommt.

Das P.T. Magazin bietet mittelständischen Unternehmern eine neue Kommunikationsplattform im Vergleich zu anderen Wirtschaftsmagazinen. Der Unternehmer wird als persönlich agierender und meist haftender Macher und Initiator angesprochen, als Entscheider von Outsourcing bis zu Personalaufgaben und technischen Investitionen.

Die Plattform www.kompetenznetz-mittelstand.de ist zugleich Präsentations- und Kommunikationsplattform und dient der Organisation des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes", indem Nominierungen und Juryarbeit über dieses Portal organisiert werden.

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