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Industrie 4.0 in der Kunststoff und Metall verarbeitenden Industrie

Thesenpapier der ProSeS BDE GmbH anlässlich der Fakuma 2014

(PresseBox) (Pforzheim, )
Leitsatz
Die Industrie 4.0, die allumfassende Integration beteiligter Wertschöpfungskettenelemente und die Symbiose der physischen und der immateriell-digitalen Produktionswelt – Vision – Zukunft – Realität – Risiko.

Leitfrage
Was mag der Mittelstand in der Kunststoff verarbeitenden Industrie bedenken, um wirtschaftlich sicher in dem Kontext der Industrie 4.0 – in jeglicher Hinsicht – wettbewerbsfähig zu bleiben?

In der Produktionswelt Deutschlands ist die Industrie 4.0 derzeit das Schlagwort des Jahres 2104. Industrie 4.0 wird als derart zentral für den industriellen Teil der Volkswirtschaft verstanden, dass Wirtschafts- und Energieminister Sigmar GABRIEL (SPD) und Bundesminister Wolfgang SCHÄUBLE in der kommenden Woche auf dem Maschinenbaugipfel am 20. und 21. Oktober in Berlin Stellung dazu beziehen werden. Das unterstreicht unbestrittenermaßen die politische Bedeutung dieses Ansatzes der ganzheitlich industriell vernetzten Struktur der Zukunft.

Alles mit Allem zu vernetzen, das ist das Paradigma. Transparenz, Interoperabilität, Effizienz, Störungen, Maschinenstatus, Qualitätskennziffern oder Mengen- und Lieferzeit-Information, all dies ist in dieser Vision alles scheinbar problemlos möglich. Dies vom Anfang bis zum Ende der Wertschöpfungs- wie auch Nutzungskette. Damit umfasst es die gesamte Supply-Chain vom Anfang bis zum Ende, was bedeutet, dass ein produzierendes Unternehmen im Lichte von Industrie 4.0 noch sorgfältiger und weitsichtiger seine Intralogistik gestalten und sichern muss.

Es verschmilzt strukturell noch stärker die Außenwelt eines Betriebes mit seiner Innenwelt. Die Fähigkeit, die relevanten Fragestellungen zu erkennen, die Prozesse zu gestalten und dafür stabile IT-Lösungen zu implementieren wird für den Unternehmenserfolg maßgeblich sein.

Man kann bei der Industrie 4.0 den eigenen Betrieb mit einem Flusssystem vergleichen. Manche Zuflüsse fallen trocken, mache schwellen an. Andere verlagern ihren Weg und der Hauptstrom, der in das Meer mündet, verändert seine Fließgeschwindigkeit und Scheitelhöhe in Abhängigkeit dieser Zuflüsse.

Die massive Durchdringung der Produktionswelt bedeutet in besonderem Masse für die Unternehmen, die produzieren, hinreichende IT-Kompetenz aufbauen und sicherstellen zu müssen. Es ist ein Aspekt, der neben der Kostenseite in hohem Masse auch die Frage des Personals betrifft. „Passt“ eine Person zur Kultur des Unternehmens oder stellt man sie der Not gehorchend ein? Was helfen aus Führungsperspektive all die schönen technisch perfekten Szenarien, wenn beispielsweise ein familiengeführtes Unternehmen keine Menschen mit entsprechender Qualifikation bekommen kann, weil der Markt förmlich leergefegt ist? Welche Folgen hat das für die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens im Netz seiner Partner, aber auch des Marktes? Wird es zum Übernahme- oder Krisenkandidaten?

Externe Dienstleister werden dann möglicherweise sogar unbeabsichtigt zu einem ´operativen Risiko´, wenn sie nicht im „hot stand-by“ mit Kompetenz und Mitarbeitenden jederzeit in kürzester Zeit beim Kunden erscheinen können. Denn die „response time“ und das „trouble shooting“ gewinnt immer mehr an Bedeutung. Diese Kapazitäts- und Fähigkeitsvoraussetzungen sind letztendlich zwingend nötig, um alle Art von Störungen lokalisieren und beheben zu können, um stets angemessen liefertreu sein zu können. Sich zu sagen „Augen zu, es wird schon gut gehen“ ist keine professionelle Vorgehensweise im Sinne des Risikomanagements!

Die finanzierungstechnische Frage muss man eiskalt durchexerzieren, denn jede Investition muss am Ende kaufmännisch zu rechtfertigen sein. Was helfen die schönsten und innovativsten Investitionen im Sinne von „state-of-the-art“ wenn ihre Leistungsfähigkeit nicht ausgereizt werden kann, die direkten und indirekten Kosten in angemessener Zeit betriebswirtschaftlich als „fraglich“ zu umschreiben sind und wenn sich der Zeitpunkt der vorgesehenen Inbetriebnahme wieder und wieder verzögert? Das schlägt auf den Umsatz und vor allem auf die Reputation zurück. Und, man darf auch nicht vergessen, dass die Kapazitäten und die Fähigkeiten der Führungsspitze und Kaderebene eines Unternehmens selbst bei höchstem Motivationsgrad unendlich belastbar sind. In einer solchen Phase einen Ausfall in der Führungsspitze durch Weggang oder schlimmstenfalls durch gesundheitliche Gründe zu kompensieren ist gerade für KMUs ein massives Risiko. Das heißt, wenn man bereits im Alltag „am Limit fährt“, dann sollte man sich gerade in anstehenden Phasen die intensive Änderungen mit sich bringen, wie das bei Industrie 4.0 je nach Ausprägung ganz sicher der Fall sein wird, über seine personelle Struktur im Klaren sein.


Wie auch die Frage der steigenden Abhängigkeit von Geldgebern sowie der Entscheidungsautonomie der Eigentümer nicht von der Hand zu weisen ist. Steigt ein Investor oder eine Bank ein, dann regieren diese logischerweise mit und behalten Kennzahlen wie den ROCE – return on capital employed – im Auge. Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass Eigentümer bei einer Kapitalaufnahme aufgefordert werden, bei den Personalkosten die Schraube anzuziehen, weil sie das Verhältnis der Aktiva-Passiva zueinander bilanziell zu „verbessern“ mag. Natürlich aus reiner finanztechnischer Betrachtung. Die Folgen auf den physischen Betrieb bezogen lassen oft nicht lange auf sich warten.

Die sukzessive oder blockweise Umrüstung beeinflusst den Takt eines jeden Unternehmens. Eingefahrene Abläufe werden durch neue Maschinen und Abläufe durchkreuzt. Sie müssen sich auf neuem Niveau einschwingen, um den stationären Betriebszustand zu erreichen, der für die Zuverlässigkeit in der Aussage von Liefer-Avis oder Prognosen unerlässlich ist. Diese Neugestaltung im laufenden Betrieb ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, weil sie einen unmittelbaren Einfluss auf die Lieferfähigkeit hat. Heute zählt mehr denn je der Termin, weil die gesamte Supply-Chain auf minimale Vorräte, Just-in-Time oder Just-in-Sequence ausgerichtet ist und Produktionsstillstände mittlerweile von Kunden als ´no go´ verstanden werden.

Betrachtet man nun unter all den oben genannten Aspekten die Branche der Kunststoff verarbeitenden Industrie, so wird man feststellen, dass es eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen gibt. Diese befinden sich in Privathand und haben sich über die Jahre hinweg oftmals Markführungspositionen erarbeitet, weil sie pfiffige Ideen entwickeln, ordentlich wirtschaften, „bei ihren Leisten geblieben sind“ und ganz klar auch die Fokussierung auf den Kunden haben. Die Größe reicht vom Betrieb mit zwei oder drei Leuten wo der Inhaber mitarbeitet, bis zum konzernähnlichen Familienunternehmen, das weltweit präsent ist und beispielsweise ihre Entwicklung in Teilen in China vor Ort betreibt.

Auch die Produktpalette reicht vom Bruchteil eines Gramms wiegenden Kleinteil über funktionale Stecker-Systeme bis hin zu größeren Bauteilen mit Faserverstärkungselementen. Deshalb muss, um mit der Vision der Industrie 4.0 zu sprechen, die vollumfängliche Daten- und Informationskonsistenz gesichert sein. Sei dies im Sinne eines unternehmensweiten, einheitlichen Anlagenstandards, der modularisierte Strukturen erlaubt und die Steuerung in Bezug auf das zentrale Controlling im Blick hat. Oder in der Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung, für die jede technische Information wichtig sein kann, weil dies die Qualität der Produktionsprozesse, das Verarbeitungsverhalten von Kunststoffen oder den Einsatz einer neuen Heizungssteuerung betrifft. Durch Industrie 4.0, bei der Bauteile und Komponenten tatsächlich im Sinne der IT „selbstredend“ sein werden, muss sichergestellt werden, dass die Daten fließen und an der entsprechenden Stelle zu einer qualifizierten, damit nutzenstiftenden Information werden. Wenn bis dato eine Maschine mit beispielsweise 20 Messstellen betrieben wird, dann aber das Nachfolgemodell durch die Kommunikationsfähigkeit plötzlich über 50 Kanälen an die Betriebsdatenerfassung (BDE) „funkt“, dann ist klar, dass eine zeitgemäße BDE im Stande sein muss, stets mitwachsen zu können und nicht wegen Überforderung den gefürchteten „Datensalat“ produziert. Höchst unwirtschaftlich für die Abläufe des Betriebs – die bekanntermaßen das Geld erwirtschaften – wäre es, wenn man auf Grund der daraufhin plötzlich notwendigen Anpassung der betrieblichen Produktionsinfrastruktur massiv in die IT-Struktur, Datenbestände und Software eingreifen müsste. Da der Teufel bekanntlich im Detail steckt, dürfte man von einer Zurückhaltung bei Investitionen ausgehen können, weil diese den Betriebsablauf mit höherer Wahrscheinlichkeit stören würde.

Dabei kann es so einfach sein.
Die IT verhält sich gewissermaßen ähnlich wie die Evolution – diejenigen überleben, die sich am besten anpassen können. Und die IT-Produkte selbst, sie kann man entsprechend im übertragenen Sinne mit Lebewesen vergleichen, die sich am besten und schnellsten an die neuen Lebensbedingungen anpassen kann. Und dies ist metaphorisch die Betriebsdatenerfassung in Bezug auf die Industrie 4.0. Und sieht man sich noch etwas weiter in der Produktionslandschaft um, so sieht man viele weitere Entwicklungen, die ebenfalls schon in den Startlöchern stehen. Es stellt sich derzeit nämlich auch die Frage, wohin sich die 3-D-Drucker entwickeln. Bleiben sie der Prototypenherstellung oder Einzelteilfertigung vorbehalten oder wird es in absehbarer Zeit Systeme geben, die für bestimmte Produkte kurzfristig die Herstellung von Kleinstserien erlauben? Vorhersagen kann man dies nicht. Aber man sollte genau diese ungewissen Faktoren auf dem Radarschirm verorten, um Entwicklungen kontinuierlich beobachten und bewerten zu können und vor allem entscheidungsfähig zu bleiben. Dies bezieht sich nicht alleine auf das Beispiel des 3-D-Druckers, sondern auch auf die Gestaltung der Entwicklung von Bauteilen, Komponenten, Subsystemen, Maschinen oder gar vollständigen Produktionslinien, die „Industrie 4.0 ready“ sind und eben auch vor allem hinsichtlich der IT-Landschaft.

Vom Grundsatz her, ist sind die Visionen der Industrie 4.0 sehr begehrenswert, weil sie für alle Beteiligten die notwendigen und sinnvollen Informationen stets à jour abrufbar generieren und die optimale Steuerung des eigenen Betriebs greifbar erscheinen lassen. Der Betriebsleiter freut sich, weil er alles auf dem Schirm mit einem Blick erfasst. Der Controller freut sich, weil die Kennzahlen kontinuierlich „gemonitored“ werden. In der Realität aber gibt es System-Schnittstellen, Bruchstellen, Inkonsistenzen, den Menschen, aber auch so kleine teuflische mathematische Dinge wie Rundungsfehler, die irgendwann einen Rechner aufhängen oder Stromausfälle, die eine ganze Informationskette zum Kollabieren bringen können. Dann wir wegen der Vielfalt der integrierten und verknüpften „Daten-Generatoren“ in der Datenkette und der zeitlichen Not der Handlungsdruck schnell groß. Möglicherweise existenziell, wenn Regresse gegen den Verursacher im Raume steht.

Also muss bei aller Liebe zur Vision zunächst einmal ein Gang zurückgeschaltet und ein großer Fragenkomplex abgearbeitet werden. Welche Parameter können zu einer technischen Destabilisierung führen? Wie sind die Investitionen auch für klein- und mittelständische Unternehmen zu stemmen? Wie lassen sich die Vertragsbeziehungen zwischen den einzelnen Partnern über nationale Grenzen und somit verschiedene Gesetzgebung hinweg in eine Form gießen? Was ist praktikabel für den betrieblichen Alltag? Was ist überhaupt sinnvoll für die Unternehmensplanung und Unternehmensentwicklung? Gerade für die verantwortungsbewusste Führung eines Unternehmens heißt es auch Störungen nicht zu negieren, sondern sie sowohl in Modellen wie auch den realen Abläufen hinreichend einzuplanen. In der produzierenden Industrie sind das die Puffer- oder Reservebestände, die im Falle von Produktionsstörungen die Lieferfähigkeiten für eine bestimmte Zeitdauer weiter sicherzustellen vermag. Auch die Logistik gehört zu den unerfreulichen Störfaktoren der idealen Welt. Mathematisch gesehen nicht als theoretisch-abstrakte Menge von Annahmen, sondern auch im Sinne des handfesten Alltags auf den Straßen, den es zu berücksichtigen gilt. Was hilft die beste Planung, wenn der Lkw im Graben hängt? Mit Industrie 4.0 gibt es dann vielleicht zumindest eine E-Mail oder eine SMS, die in Realtime einen Lieferausfall melde.

Seitens der IT, die in der Umsetzung letztlich immateriell-abstrakt ist, heißt das vor allem von seinen Anwendern entsprechende Informationen aus deren Alltag zu kennen, um sie berücksichtigen zu können. Es gilt somit, zunächst Definitionen, Interpretationen oder Fragestellungen so zu lokalisieren, sortieren und zu diskutieren, dass von allen Seiten hinreichende Klarheit darüber besteht, was eigentlich darunter zu verstehen ist, wenn von Industrie 4.0 gesprochen wird. Im Rahmen einer 360°-Betrachtung muss soll möglichst vollumfängliche Konsistenz sichergestellt werden. Nur so lassen sich alle wesentlichen Elemente verorten und qualifizieren.

Für produzierende Unternehmen und deren Management, wie auch für Softwarehersteller von BDE- und MES-Systemen heißt das, präzise zu wissen, wann welche Kompetenzen wo und wie erforderlich sind, um in der Welt von Industrie 4.0 wirtschaftlich und sinnvoll agieren zu können. Was in Power-Point-Grafiken der Beratungsindustrie eingängig ausschaut und mit Bullet-Points als Metatags erwähnt wird, muss in der realen Welt des ganz normalen Alltags „hinreichend konsistent abgebildet“ werden, um sich nicht einem vermeidbaren Risiko aussetzen zu müssen. Abgebildet heißt konkret organisatorisch-strukturell, die physischen Prozesse beachtend, um dann erst diese „Welt“ in der IT abbilden zu können. Auch die Störung gehört zur Planung, die eine IT zuverlässig verwalten können muss. Die Kernfrage ist und bleibt, wie soll beispielsweise ein hochspezialisierter zehn-Personen Betrieb in der Lohnfertigung, in dem eine Halbtagskraft das Personalwesen und das Rechnungswesen organisiert und in dem eine andere Halbtagskraft sich um die IT kümmert, diese visionäre Transformation von Industrie 4.0 praxisnah umsetzen können, um tatsächlich mit dem Strom mitschwimmen zu können? Bedeutet das bereit zu sein die Unabhängigkeit zu reduzieren? Auch wenn man ein unangreifbares Patent hat? Oder bei der Geschäftsstrategie den Spieß umzudrehen und so aus eigener Kraft „organisch“ mitwachsen zu können? Das sind Grundsatzfragen die nur die Eigentümerschaft hinreichend und schlussendlich klären und bestimmen kann.

Somit wird die Industrie 4.0 zu einem grundsätzlichen Themenkomplex der Organisationsentwicklung, genauer des Changemanagements. Wird es wirklich professionell betrieben, erfordert dies immer persönlichen Einsatz und Energie. Bei bestimmten strategisch-operativen Veränderungen wie Wachstumssprüngen, Neugründungen von Standorten im Ausland oder gar der Veränderung des Produktportfolios, ist das Changemanagement sogar das Fundament dafür. Denn ohne die innere Bereitschaft der Prozessverantwortlichen und der Beteiligten, wird aus der ganzen Sache nichts.

Es gilt das Postulat von Klaus Doppler, „Betroffene zu Beteiligten zu machen“, sie mitzunehmen. Dies heißt auch, selbst bereit zu sein, sich aus der eigenen Komfortzone herausbewegen zu müssen und „Change“ nicht als einmaliges Ereignis zu verstehen, sondern als ein Selbstverständnis, sich kontinuierlich an das Umfeld des Unternehmens anpassen zu müssen. Dopplers passender Spruch hierzu ist immer der: „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“.

Industrie 4.0 steht somit nicht alleine für die rein „technokratische Betrachtung“ einer Technik-gesteuerten Veränderung in Betrieben, Branchen und Märkten, sondern auch für einen Wandel, den man heute „so“ noch gar nicht erfassen und definieren kann. Ein Wandel, der auch im Kopf und der Seele greifen wird. Denn, Betriebsstrukturen und Arbeitsplätze wandeln sich stärker und schneller. Wer das nicht beachtet, wird ein erhöhtes Risiko des Scheiterns in Kauf nehmen müssen. Es geht um finanzielle Mittel, Investitionssicherheit, Maschinen, qualifizierte Fachleute, aber auch das unerlässliche sauberes Vertragsmanagement von spezialisierten Juristen, die in diesem Metier wirklich sattelfest sind und entsprechende Sätze in Rechnung stellen. Welches sind die Folgen, wenn der kleine eigentümergeführte Betrieb beispielsweise durch einen IT-Fehler in den Lieferverzug gerät, der zunächst lokalisiert werden muss, weil irgendwo ein Bit verschluckt worden ist und auf den sein Kunde dringend wartet, weil auf anderer Ebene bereits die Notbestände abgerufen werden? Dann ist nicht nur guter Rat teuer.

Noch ein Blick auf den profanen Güterverkehr
„Hypothetisch!“ – absolut nicht. In Zeiten von schnell drehenden Lagerbeständen, Just-in-Time-Lieferungen mit 15-Minuten-Zeitfenstern für Lieferanten, damit deren Lkw an die Rampe kommen können, sind Realität für Lkw-Fahrer, die die Wirtschaftsgüter transportieren müssen. Und, ohne sie stehen die Bänder still, wenn der Notbestand aufgebraucht ist.

Wer als Trucker an der Rampe das vom Disponenten vorgegebene Zeitfenster reißt, der darf sich bisweilen hinten anstellen, wenn der Verantwortliche beim Empfänger vor Ort „seinen Takt“ im Eingangslager nicht gestört haben darf. Dies einfach deswegen, weil dann ein Domino-Effekt bei allen folgenden Transporten entsteht, der einen so genannten „Bull-whip-effect“ mit sich zieht. Sprich, mit jeder Verschiebung kommt in der Regel der Praxis jeweils dann auch noch eine zusätzliche Verzögerung zum Tragen. Hinzu kommen hier verkehrs- und transportrechtliche Situationen aus der Praxis, die auf höherer Ebene des Managements im günstigsten Falle verkannt werden und im ungünstigen Falle ignoriert werden.

Für fachlich Außenstehende scheinbar triviale oder gar lässlich verstandene Dinge wie die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten für Berufskraftfahrer, können für massive Planungsprobleme sorgen. Reißt ein Fahrer diese, weil er vielleicht mehrere Stunden in einem Stau „gehangen“ hat, dann kann die Polizei per Anordnung die Weiterfahrt untersagen. Punkt. Dann kann der Disponent fluchen, dass andere im Büro betreten auf den Boden schauen und sich die Geschäftsleitung ärgert. Aber Recht bleibt Recht. Das kann so weit führen dass ein zweiter Fahrer zum Lkw gefahren werden muss, um die Tour dann zu übernehmen.

Das heute anzuwendende Recht und die von Fernfahrern zu beachtenden Vorschriften für den Güterkraftverkehr, sind mittlerweile derart komplex und differenziert, dass man sagen darf, dass es wirklich sehr anspruchsvoll ist, in diesem Beruf zu bestehen. Dadurch, dass manchmal auf Berufe wie Fernfahrer oder Mitarbeitende in der Logistik etwas „herabgeschaut“ wird, weil gedacht wird, es seien „ja nur Auszuführende“, schlagen sich die spezifischen Rand- und Rahmenbedingungen bei der Konzeption oder auch Planung von Betriebsabläufen bisweilen etwas „unterpriorisiert“ nieder.

Oder auch die Infrastrukturdefizite wie sie in Nordrhein-Westfalen immer mehr die Wirtschaft behindern, muss man beim Element der Logistik berücksichtigen. Eigentlich scheinbar unbedeutende Sachverhalte, wie die Sperrung der Leverkusener Rheinbrücke für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, interessieren auf den ersten Blick nicht, weil das auf der Straße stattfindet. Aber spätestens in dem Moment, in dem am Kölner Ring wegen eines Unfalls die Autobahn für mehrere Stunden gesperrt wird, wird es für Disponenten und Kunden ungemütlich. Denn bei einer bestimmten Schadensintensität wird ein Unfallort zum Tatort und es rückt das Ermittlerteam der Kölner Autobahnpolizei an. Es bewegt sich dann absolut nichts. Und zwar so lange, bis der so genannte „Havarie-Kommissar“ der im Auftrag der Versicherer vor Ort tätig ist, den Unfallort freigibt. So sind Autobahnsperrungen durch Unfälle am Kölner Ring von elf und noch mehr Stunden zur Realität geworden. Dann sind auch im Umland alle Straßen dicht. Dass diese Situation nicht nur eine „ergänzende Bemerkung am Rande ist“, wird dadurch deutlich, dass sich ein großes Unternehmen in Köln wohl gegen Köln als Produktionsstandort ausgesprochen hätte, wenn es um den Zustand und die daraus resultierenden Folgen für die Logistik vor der Entscheidung gewusst hätte. Dies wäre sicher auf disen Standort zurückgeschlagen.

Und es indiziert vor allem auch die Notwendigkeit die Industrie 4.0 von der eigenen Produktionslinie UND der Intralogistik ausgehend zu betrachten. Und das ist auf jeden Fall mit der Logistik und dem Güterkraftverkehr eng gekoppelt. Der Auftrag ist erst dann ordentlich ausgeführt, wenn die Kundschaft das geforderte Produkt oder die geforderte Leistung gemäß den Vorgaben pünktlich vereinbarungsgemäß erhält. Somit sind auch Störungen, die zwischen dem eigenen Werkstor und dem des Kunden liegen, wichtig und in die Betrachtung einzubeziehen. Das kann bedeuten die Abrufkontingente betriebsintern zu vergrößern, wenn Anlieferungen durch den Straßenkollaps ausbleiben oder mit den Kunden größere Pufferbestände zu vereinbaren, um den Zeitdruck zu reduzieren. Dies steht zwar der grundsätzlichen Idee von Just-in-Time entgegen, ist aber die Konsequenz einer teilweise desolaten Verkehrsinfrastruktur. In diesem Zusammenhang sei Ihnen von Herbert Joka (Mitautor dieses Thesenpapiers) der Besuch der so genannten „Fernfahrerstammtische“ nahegelegt. Sie werden von den Autobahnpolizeien in Deutschland organisiert: www.fernfahrerstammtische.eu.

Theorie und Praxis
Aus diesen Ausführungen wird schnell klar – zur Theorie gehört immer die Praxis. Wer derartige Aspekte, die als „down to earth“ bezeichnet werden können bei seinem Gesamtmodell nicht hinreichend berücksichtigt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn das schöne Modell in der Praxis implodiert und die Kosten letzten Endes unnötigerweise nach oben treibt. Über eines sollte man sich bei sämtlichen Geschäftsprozessen und IT-Strategien stets im Klaren sein: die IT ist nichts weiter als ein Hilfsprozess. Und irgendwo kommt die reale Welt des Physischen zum tragen, wo letzten Endes ein Gut produziert und dann von A nach B und auf Termin transportiert werden muss. Da reale Welt nicht automatisch auch heile Welt ist, bedeutet das bei der konkreten Geschäftsprozessentwicklung, die Realität tatsächlich annähernd hinreichend abbilden und quasi implementieren zu müssen. Das zwingt dazu, die gesamte Supply-Chain samt Logistik und Verkehr berücksichtigen zu müssen, weil der eigene Maschinenpark „dazwischen steckt“.

So elektrisieren zum Beispiel in der Automobilindustrie die „Sofas“ die Betriebe. Dahinter stecken die so genannten „Sonderfahrten“, die bei nicht wenigen Leuten für mächtig rote Köpfe und nicht selten auch für persönliche Konsequenzen sorgen. Sei es Taxi-Kolonnen, die Kofferraum-weise zum Kunden brausen, damit dessen Produktion nicht steht oder auch gelegentlich ein Hubschraubereinsatz für zweitausend Euro pro Stunde, um neben der Produktionslinie zu landen und mit knatternden Rotoren sofort wieder zur nächsten Runde abzuheben. Im Nacken möglicherweise eine Konventionalstrafte für Lieferverzug oder gar entgangene Unternehmergewinn des Kunden. Im Wiederholungsfalle sinken dann die Chancen signifikant, nicht weiter beliefern zu dürfen. Was hilft es, wenn für die Herstellung von Luxuslimousinen mit einem Listenpreis von 150.000 € und mehr einzig die Ziegenhäute für die Türinnenauskleidung fehlen, weil ein TEU Container [Twenty Foot Equivalent] den Weg von der Südhälfte der Erde nicht rechtzeitig ins Deutsche Werk geschafft hat? Die Fahrzeuge werden dann notgedrungen für eine Weile an einer versteckten Stelle des Werksgeländes notgedrungen geparkt. Auch derartige Abhängigkeiten gehören sowohl in die strategisch-operative Roadmap wie auch die konsistente Abbildung im IT-System. Produktion mit häufig verspäteter Lieferung ist nun einmal kein tragfähiges Geschäftsmodell.

Was bedeutet das für die Sicherheit?
Am Netz und im Netz gefangen. Auf der einen Seite hat das Internet unbestrittenermaßen den effizienten Datenfluss, die Geschäftsprozesse global massiv neu definiert. Werden dabei jedoch Risiken verdrängt oder negiert, weil die Zeit knapp ist, die Beschäftigung damit Geld kostet, kann dies zu Schwierigkeiten führen. Bedenkt man, welche Szenarien im Bereich der Industrie 4.0 bereits heute ernsthaft angedacht werden, so muss man sich doch fragen, ob denn tatsächlich bei allen Ideen Risikoanalysen vorgenommen worden sind? Für die Industrie 4.0 gilt es auch manche allgemeintechnischen, führungstechnischen und sicherheitstechnischen Aspekte zwingend zu beachten und in die oberste Ebene des Projektes, beziehungsweise Programms einzubeziehen, um die Wahrscheinlichkeit eines extern motivierten Störungsfalles zu reduzieren.

Hier ist es hilfreich kundige Experten, wie zum Beispiel in der Industrie etablierte BDE-Softwarehäuser, zu seinen Ratgebern zu zählen. Diese kennen die jeweiligen Angriffspunkten, haben Abwehrstrategien und sorgen vor. Mit dem sukzessiven Einzug der Industrie 4.0 in die Industrie- und Verwaltungsprozesse, sollten sich ausnahmslos alle Verantwortlichen auf Management- wie auch Technik- und Prozessebene mit dem Bösen im Menschen befassen. So ungern man dies thematisiert. Außerdem den Kontakt zu guten Experten suchen, die Sicherheitsfragen umfassend beantworten können. Es ist davon auszugehen, dass die strukturelle und operative Sicherheitstechnik sowie die Sicherheitsstrategie mit dem Einzug von Industrie 4.0 spürbar an Gewicht gewinnen wird.

Wichtige Anmerkung zum Datenschutz
Gerade bei der Industrie 4.0 sollte auf den Datenschutz ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. Denn die Anzahl und die Vernetzung der Akteure steigt, damit auch das Risiko, dass ein datenschutzrechtlicher Verstoß sanktioniert wird. Da Datenschutzbeauftragte in Unternehmen nicht in der IT-Abteilung tätig sein sollten, da es dabei potentiell zu Interessenkonflikten kommen kann, ist bereits ein deutliches Signal gesetzt, welche Bedeutung der Datenschutzbeauftragte hat. Bastian Puls, IT-Forensiker in Aachen, weist auf die Tragweite falschen Umgangs mit Daten von Kunden hin. "Wenn der Tatbestand einer unrechtmäßigen Kenntniserlangung von Daten, also einer Datenschutzverletzung, vorliegt und mit einer schwerwiegenden Schädigung von Rechten oder schutzwürdigen Belangen zu rechnen ist, müssen neben der zuständigen Aufsichtsbehörde auch die Betroffenen über diesen Vorfall unverzüglich informiert werden. Bei einem unverhältnismäßig hohen Aufwand, am Beispiel einer großen Anzahl Betroffener, ist die Information durch die Schaltung einer mindestens halbseitigen Anzeige in zwei bundesweit erscheinenden Tageszeitungen zu geschehen. Neben einer aus der Datenschutzverletzung unter Umständen resultierenden Schadenersatzforderung, die bis zu 130.000 € betragen kann, liegt hier natürlich ein großer Imageverlust der Firma vor, da nicht nur die Betroffenen informiert werden. Die IT-Forensik offenbart bei einer Ermittlung nicht nur die Ereignisse und Missbräuche selbst, sondern sie legt auch gnadenlos die Fehler offen, die unter anderem durch unzureichende Strukturen in den Betriebsabläufen implementiert worden sind. Also letztlich das Management selbst betreffen. Dem entsprechend gehört auch die systematische und systemische Sicherheit pflichtweise zur Industrie 4.0. In jedem Fall kann man sagen, dass die Risiken zusammen mit der Komplexität steigen, gerade auch durch das andauernde Überschreiten der eigenen Unternehmensgrenzen. Das Management, also die Organschaftsvertreter, sind als erstes gefordert, sich präventiv einzubringen, um Schadensrisiken gegenüber dem Unternehmen von vornherein strukturell zu reduzieren."

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Autoren/Urheber
Dipl.-Ing. Herbert J. JOKA, MBA (RWTH/HSG), Aachen,
Redaktionsbüro Senior Executive – Intelligence for the Executive
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Dipl.-Math. Sanja LANG, Pforzheim, ProSeS BDE GmbH
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