Praxisgerechte Vorbildung oder Überforderung?
Zwar gibt es zwischenzeitig (Aufbau-)Studiengänge für den Baubereich, die sich speziell dem Projektmanagement widmen, z.B. an der Uni Weimar oder an der FH Biberach. Jedoch finden sich häufig Architekten oder Bauingenieure in der Rolle des Kundenprojektleiters, die ihre mehr oder weniger ausgeprägten Projektmanagementerfahrungen aus Bauprojekten nun auf ein Softwareeinführungsprojekt übertragen müssen
Die Einführung einer neuen Unternehmens-Software greift meist tief in bestehende Strukturen und Geschäftsprozesse ein und verändert sie. Wenn sie Transparenz in den Abläufen schafft, Datenzugriffe und Auswertungen vereinfacht, hat sie in den meisten Fällen starken Einfluss auf das Tagesgeschäft der Anwender des Systems. Schließlich sollen die Projekte zu Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung führen.
Die Projektleitung des Softwarehauses und das Projektteam des Anwenders haben beide ganz entscheidenden Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg des Einführungsprojekts. In vielen Fällen leidet jedoch der Projektverantwortliche des Kunden unter permanentem Zeitmangel - wenn es diese Funktion im Projekt überhaupt gibt. Häufig wird dazu noch erwartet, dass er diese Arbeiten neben seiner normalen Tätigkeit im Griff behält. Die Leitung eines solchen Projekts ist jedoch nicht „mit halber Kraft“ zu meistern. Außerdem soll das Projekt auch keine unnötigen Kapazitäten vom normalen Geschäft abziehen und vor allem soll es schnell gehen.
Planung mit externer Erfahrung paaren
Die Erfahrung und Methodenkompetenz, die ein Projektleiter mitbringen sollte, wird bei den wenigsten Softwareanwendern in den eigenen Reihen vorgehalten. Daher müssen sich diese Unternehmen auf einen erfahrenen Projektleiter des Softwareanbieters stützen, der das kundenseitige Projektteam effektiv unterstützt. Häufig beweist leider die Praxis, dass Softwareprojekte nicht ausreichend geplant wurden und dadurch Improvisationstalent vor planmäßiger Projektabwicklung rangiert. Es versteht sich von selbst, dass die klassischen Instrumente des Projektmanagements, wie die Terminplanung und -überwachung, zum Einsatz kommen müssen. Nur so lässt sich während der Laufzeit erkennen, ob das Projekt terminlich und kostenseitig jederzeit ‚auf Kurs’ bleibt, um Budgetüberschreitungen möglichst auszuschließen. Das gilt genauso für zahlreiche weitere Techniken des allgemeinen Projektmanagements, die sich gleichsam auf Softwareeinführungsprojekte anwenden lassen.
Die Anforderungen an den Softwareprojektleiter, die er im Bereich ‚Psychologie’ zu erfüllen hat, werden sicher auch in beliebigen anderen Projekten gefordert. Als besonders erfolgskritisch ist zu betrachten, dass die Kommunikation des Projekts auch über das Projektteam hinaus funktioniert. Denn nichts ist brisanter, als ein Projekt „hinter verschlossenen Türen“ vorzubereiten und die Anwender beim „rollout“ zu überraschen – um nicht zu sagen zu „überrollen“. Möglichst früh im Projektverlauf gilt es daher Verbündete zu schaffen, zu motivieren und Widerstände, die es zweifelsfrei auch gibt, aufzubrechen. Das ist eine der Aufgaben eines gewissenhaften Projektmanagers.
Auf die Frage, welche Faktoren er denn als ‚erfolgskritisch’ bei Software-Einführungsprojekten betrachte, antwortete H.-J. Schmidt, Projektleiter bei der Nemetschek Bausoftware GmbH kürzlich einer Studentengruppe, dass man sich zunächst einmal darüber klar werden müsse, was dabei überhaupt ‚Erfolg’ bedeute. Erfolgreich sei ein Projekt immer dann, wenn die Projektziele erreicht würden. Nur werden viel zu häufig - wenn nicht gar in den meisten Fällen - vor Anschaffung und Einführung von Software die damit verbunden Ziele nicht konkret genug definiert - und schon gar nicht messbar. Wie solle dann festgestellt werden, ob das Einführungsprojekt erfolgreich war?
Dann zählt er plakativ seine sieben erfolgskritischen Faktoren für die Einfüh-rung von Unternehmenssoftware auf:
1. Die Projektziele eindeutig definieren.
2. Die passende Software auswählen.
3. Ein adäquates Dienstleistungsbudget einplanen und überwachen.
4. Einfache, klare Kommunikationsregeln zwischen Projektleiter, Projektteam und Geschäftsleitung festlegen.
5. Gute Planung ist bereits der halbe Weg zum Erfolg - gute Ausführung die andere Hälfte.
6. Die Geschäftsleitung muss sich hinter die einmal getroffene Softwareentscheidung stellen.
7. Ein angemessener Umfang an Customizing oder Anpassungsprogrammierung erhöht die Zufriedenheit und Akzeptanz bei den Anwendern enorm.
Akzeptanz ist einer der wichtigsten Faktoren für Erfolg überhaupt. Der Kauf ist nur ein erster Schritt. Der zweite ist die Umsetzung – und dafür brauchen Sie motivierte Mitstreiter, die ihr Vorhaben von Anfang bis Ende mittragen.
Fazit
Es lohnt, sich intensiv gedanklich auf solche Prozesse vorzubereiten und dabei Erfahrungen anderer zu nutzen.
Hat es der Bauingenieur erst einmal verstanden, die häufig existierende Kluft zwischen Fachkompetenz und Methoden-, bzw. Führungskompetenz zu schließen, und beherrscht er die Techniken der Organisations-, Kosten-, Qualitäts- und Terminplanung, dann kann er als Projektmanager genauso in der Bauunternehmung oder im Ingenieurbüro eingesetzt werden, wie auch bei Immobilienunternehmen, Banken, Versicherungen oder aber im (Bau-) Softwarehaus – sprich überall dort, wo es um die Planung und Steuerung von Nicht-Routinevorhaben geht und wo ingenieurmäßiges Wissen mit interdisziplinärem Denken gepaart wird und hohe Voraussetzungen an Kommunikations- und Teamfähigkeit benötigt werden.
Weitere Informationen --> www.bausoftware.de