Die Spam-Rate am gesamten E-Mail-Aufkommen liegt mittlerweile zwischen 60 und 80 Prozent. Die volkswirtschaftlichen Schäden belaufen sich allein in Europa auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Grund: Unternehmen müssen Produktivitätsverluste in Kauf nehmen, in unzuverlässige Filterprogramme investieren und Internet-Anbieter zusätzliche Ressourcen für den Transport der illegitimen Mails bereitstellen. „Der Verlust an Vertrauen in das Kommunikationsmittel ‚E-Mail’ ist enorm“, bilanziert Grabowski. Bei der Beschwerdestelle seiner Initiative gehen täglich hunderte Beschwerden zum Thema „Spam“ ein. Die beanstandeten Mails stammen allerdings nicht immer aus dem Ausland oder von dubiosen Absendern. Zu den deutschen Spammern gehören nach Angaben des naiin-Chefs auch große, etablierte Versandhändler und Internet-Unternehmen.
Die deutsche Bundesregierung will dem unzulässigen Werbe-Treiben im Internet nun mit speziellen Anti-Spam-Regeln den Riegel vorschieben. Im Rahmen des geplanten Telemediengesetzes (TMG) sollen Urhebern kommerzieller E-Mails, die in den Kopf- und Betreffzeilen entweder Absender oder werbenden Charakter ihrer Nachrichten verheimlichen oder verschleiern, Bußgelder von bis zu 50.000 Euro drohen. Haken: Den Spammern muss ein vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden. Dies sei, so auch die Verbraucherzentralen, in der Praxis allerdings nur schwer möglich.
„Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf geht in dieser Form an der Realität vorbei“, kritisiert der Internet-Experte. „Es ist fraglich, ob derartige Bußgelder genügend Abschreckungspotential entfalten können.“ naiin plädiert dafür, den Entwurf mit einer strafrechtlichen Komponente aufzuwerten. Geht es nach dem Willen der Wirtschaftsinitiative sehen sich exzessive Spammer sowie deren Auftraggeber schon bald mit empfindlichen Freiheitsstrafen konfrontiert. „Es geht weder uns noch der Bundesregierung um die kleinen Fische des Spam-Business. Niemand will Kleinunternehmen oder Nutzer, die mangels Kenntnis der Rechtslage versehentlich zu Spammern mutieren, kriminalisieren.“
Dennoch gebe es eine Gruppe von exzessiven Massenversendern, die Internet-Nutzer – darunter auch Kinder und Jugendliche – täglich mit Millionen Werbemails zum Thema „Viagra“, „Online-Glücksspiel“ oder „Erotikangeboten“ bombardieren, so der naiin-Chef. „Vor diesen – zu großen Teilen – mit hoher krimineller Energie agierenden Spammern darf die Politik die Augen nicht verschließen. Sie nehmen die Milliardenschäden auf Seiten der Wirtschaft sowie die Belästigung anderer Menschen billigend in Kauf.“
Laut naiin hätte ein „Straftatbestand ‚Spam’“ aber vor allem auch internationale Signalwirkung. Da ähnliche Diskussionen bereits in zahlreichen anderen Ländern stattfanden, könnten sich durch das Durchgreifen des deutschen Gesetzgebers andere Staaten zu ähnlichem Handeln motiviert sehen, erhofft sich der Verband. „An einer internationalen, Staaten übergreifenden Lösung kommen wir bei keinem der Probleme, mit dem wir uns im Internet konfrontiert sehen – ob Kinderpornografie oder Spam – vorbei. Doch der erste Schritt sollte immer darin bestehen, vor der eigenen Haustüre zu kehren“, erläutert der Spam-Gegner.
Der Bundesregierung böte sich hier die Möglichkeit, einen Prozess in Gang zu setzen, der zu einem raschen internationalen Konsens zum Thema „Spam“ führen kann, so die Initiative, der unter anderem auch der .com- und .net-Domainverwalter VeriSign sowie seit kurzem auch die Agentur MuchMore angehören.