"Die Auswirkungen, die diese vom Gesetzgeber ungewollte Grauzone mit sich bringt, sind fatal. Hier waren 2004 ganz offensichtlich Dilettanten am Werk. Derartige Fehler dürfen bei einem solch wichtigen Thema einfach nicht passieren“, empört sich Arthur Wetzel, Präsident der Sicherheitsinitiative „no abuse in internet“(naiin). Die Initiative bekämpft im Auftrag der deutschen Internet-Wirtschaft Kinderpornografie im weltweiten Datennetz.
Fatale Folgen: Der Bundesgerichtshof musste in seinem Urteil vom 02. Februar 2006 (AZ: 4 StR 570/05) einen Angeklagten auf freien Fuß setzen, der so genannte Posenbilder von nackten Kindern angefertigt hatte. Die Posen der Kinder waren vom Gericht als „sexuell aufreizend“ gewertet worden. Der BGH argumentierte, dass das derzeit geltende Recht lediglich voraussetze, „dass der Täter das Kind dazu bestimmt, dass es an seinem eigenen Körper sexuelle Handlungen vornimmt“. Es reiche demnach nicht aus, dass der Täter das Kind nur auffordert, vor ihm in sexuell aufreizender Weise zu posieren, befanden die Karlsruher Bundesrichter.
Entscheidend ist das Wörtchen „an“ in den gegenwärtigen strafrechtlichen Normen zum Thema „Kindesmissbrauch“ und „Kinderpornografie“. Dies setzt nämlich körperliche Berührungen voraus. Diese sind bei Posen-Aufnahmen, auch wenn sie den Betrachter sexuell provozieren sollen, in der Regel nicht gegeben. Das Bestimmen eines Kindes zur Vornahme einer nicht mit Manipulationen an seinem Körper verbundenen sexuellen Handlung wird somit vom aktuellen Sexualstrafrecht nicht erfasst.
“Der Gesetzgeber sollte schnellstmöglich eine Gesetzesänderung herbeiführen, um die Grauzone zu schließen“, fordert naiin-Geschäftsführer Dennis Grabowski. Vor allem die strafrechtliche Verfolgung von sexuellem Missbrauch an Kindern sowie von Kinderpornografie sei derzeit erheblich erschwert. Dass die Gesetzeslücke nun zu einem Boom derartiger Posing-Aufnahmen im deutschen Internet führt, bezweifelt der naiin-Chef aber: „Die deutsche Internet-Wirtschaft, allen voran unsere Mitgliedsunternehmen, sind für das Thema sensibilisiert und werden derartige Inhalte nicht tolerieren.“