Für die Studie "Leichtbaupotenziale massivumgeformter Komponenten im Pkw" haben Wissenschaftler der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka) ein modernes Mittelklassefahrzeug eines deutschen Herstellers demontiert: Im Auftrag der Initiative Massiver Leichtbau dokumentierten sie jedes der rund 3.500 Bauteile in Antriebsstrang, Fahrwerk und weiteren ausgewählten Fahrzeugbereichen. In Workshops mit Experten der Stahlherstellung und Massivumformung wurden Gewichtseinsparpotenziale unter integraler Berücksichtigung von Alternativen in Werkstoffwahl, Fertigungstechnik und Bauteildesign erarbeitet. Zurzeit werden die bislang entwickelten 400 Ideen für leichtere Lösungen auf ihre Umsetzbarkeit geprüft. Dabei kommen werkstoffliche Vorschläge ebenso auf den Prüfstand wie konstruktive oder konzeptionelle.
Aus Sicht der Massivumformung sind vor allem Bauteile aus Antriebstrang (Einspritzung, Motor, Getriebe, Verteilergetriebe, Antriebswellen) und Fahrwerk für Leichtbauideen geeignet. "Mit der neuesten Stahlwerkstoff- und Massivumformtechnik liegen die Kosten pro Kilogramm Leichtbau sogar unter denen, die für manche neuartige Technologie aufgewendet werden muss. Einige Leichtbaupotentiale versprechen sogar die Kostenneutralität", erläutert Dipl.-Ing. Frank Wilke, Vice President Technische Kundenberatung der Deutsche Edelstahlwerke GmbH und stellv. Sprecher des Konsortiums. Damit werde dieser Leichtbau sehr breitenwirksam und könne deutlich zur Minderung des Gesamt- CO2-Ausstoßes beitragen.
Um Leichtbauideen zu nutzen, ist es nach Ansicht der Initiative allerdings notwendig, werkstoff- und umformtechnische Potentiale in die frühen Phasen einer System- und Bauteilentwicklung mit einzubeziehen. Hier gebe es bewährte Simultaneous-Engineering-Prozesse, die aber für deutlich mehr Komponenten als derzeit genutzt werden müssten. "Der Einkaufsprozess müsste in früheren Phasen der Entwicklung einsetzen, nämlich dann, wenn Leichtbauvorschläge des Zulieferers aus der Werkstoff- oder Fertigungstechnik noch in die Bauteilgestaltung einfließen können", fordert Dr. Raedt.
"Die Bereiche Antriebstrang und Fahrwerk weisen bezüglich des Leichtbaupotentials den gleichen Stellenwert auf wie die Karosserie", so Raedt weiter. Weitere Ergebnisse stellt die Initiative Massiver Leichtbau November 2014 in einer großen Vortragsveranstaltung vor.
Die Initiative Massiver Leichtbau
In der Initiative Massiver Leichtbau haben sich Anfang 2013 15 Firmen der Massivumformung und 9 Stahlhersteller unter dem Dach des Industrieverbands Massivumformung e. V. und des Stahlinstituts VDEh zusammengeschlossen. Ohne öffentliche Mittel finanzieren die Unternehmen die Studie "Leichtbaupotenziale massivumgeformter Komponenten im Pkw", die von der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka) durchgeführt wird. Diese untersucht, welche massivumgeformten Bauteile aus Stahl heute im Pkw verbaut werden und wie diese sich hinsichtlich des Leichtbaus optimieren lassen. Ziel sind Gewichtseinsparungen im Automobil mit innovativen Komponenten aus Stahl. Es handelt sich hierbei um das bisher mit Abstand größte vorwettbewerbliche Gemeinschaftsprojekt dieser beiden Branchen. Mehr Informationen bietet die Internetseite www.massiverLEICHTBAU.de
Stahlinstitut VDEh
Der Verein fördert die technische, technisch-wissenschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit von Ingenieuren bei der Weiterentwicklung der Stahltechnologie und des Werkstoffs Stahl. Dabei setzt das Stahlinstitut VDEh auf Gemeinschaftsforschung und Erfahrungsaustausch. In die internationale Gemeinschaftsarbeit sind auch Anlagenhersteller und Zulieferer einbezogen. Heute gehören dem Stahlinstitut VDEh rund 6.600 Personen mit Hochschulabschluss in technischen, naturwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Fächern oder leitender Funktion in Industrie und Handel an. Außerdem haben sich dem Verein 150 Unternehmen aus dem Bereich Eisen, Stahl und verwandten Werkstoffen angeschlossen.