Zum Vergleich: Bei der IHK Darmstadt waren im Juli 2007 nur 130 Neuverträge mehr als in diesem Juli eingetragen. 2007 war am Ende das beste Ausbildungsjahr der vergangenen 20 Jahre. Dieser verhältnismäßig geringe Rückgang der Lehrstellen führt Gilke in erster Linie darauf zurück, "dass die Unternehmen trotz Wirtschaftskrise einen akuten Ersatzbedarf für altersbedingt ausscheidende Fachkräfte verspüren". Und im Unternehmen selbst ausgebildete Fachkräfte sind nun einmal der beste Weg zur Sicherung der Qualität.
Agentur für Arbeit: Lehrstellenmarkt ausgeglichen
Weitgehend positiv bewertet auch Birgit Förster, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Darmstadt, die aktuelle Lage. Die Agentur verzeichnet zwar einen generellen Minustrend auf dem Lehrstellenmarkt - es sind bisher deutlich weniger Stellen gemeldet als im Vorjahr. Zugleich sei aber auch die Zahl der Bewerber um 500 zurückgegangen. "Wir hoffen, dass der bisher noch positive Trend anhält und wir Ende September eine Entspannung am Ausbildungsmarkt feststellen können. Unternehmen übernehmen durch Ausbildung Verantwortung, investieren dadurch aber auch in die eigene Zukunft. Mittelfristig werden aus demografischer Sicht die Bewerber/innen knapp. Umso wichtiger ist es, das hohe Ausbildungsniveau auch in Krisenzeiten zu halten, " so Birgit Förster
Handwerkskammer: Rückgang um zwölf Prozent
"Im Bereich Handwerk liegt der Rückgang bei den abgeschlossenen Lehrverträgen urlaubs- und ferienbedingt derzeit bei 11,9 Prozent, nachdem in den Vormonaten noch ein stattliches Plus zu verzeichnen war", sagt Bernd Sieber, Leiter des Geschäftsbereichs Berufsbildung der Handwerkskammer Rhein-Main. Nach einer Umfrage im Handwerk im Mai dieses Jahres wollen immerhin zwei Drittel der Unternehmen mehr oder gleich viele Lehrlinge ausbilden wie im Vorjahr, ein Drittel will die Ausbildungsleistung herunterfahren. Tatsächlich sind jedoch noch zahlreiche vom Handwerk angebotene Ausbildungsplätze unbesetzt, weil zum Einen geeignete Bewerber fehlen, zum Anderen technisch-gewerbliche Berufe von Seiten der Bewerberinnen und Bewerber nicht unbedingt bevorzugt werden. Sollten die beschlossenen Konjunkturprogramme schnell umgesetzt werden und damit insbesondere die Bau- und Ausbauhandwerke ihre Auftragslage dadurch bis ins nächste Jahr hinein verbessert sehen, dann wird in dieser Branche auch das Arbeits- und Ausbildungsplatzangebot ausgeweitet werden. Insofern gibt es beim Ausbildungsplatzangebot noch Steigerungsmöglichkeiten, die passenden Bewerberinnen und Bewerber müssen noch gefunden werden.
Nachbesetzungs- und Nachvermittlungsbörse am 25. September
Damit möglichst alle noch freien Plätze bei IHK und Handwerkskammer besetzt werden, veranstalten die beiden Kammern gemeinsam mit der Agentur für Arbeit am 25. September 2009 eine Nachbesetzungs- und Nachvermittlungsbörse in den Räumen der IHK Darmstadt. IHK und Handwerkskammer werden dafür die zu Beginn des Ausbildungsjahres (1. September) noch unbesetzten Lehrstellen zusammenstellen. Oft tritt nämlich ein Azubis die Stelle trotz unterschriebenem Ausbildungsvertrag nicht an. Die Agentur für Arbeit und einige Kommunen werden zu der Börse die jungen Frauen und Männer einladen, die laut Meldestatistik noch einen Ausbildungsplatz suchen.
Grundlage für Lehrstellenmarktprognose
Die gemeinsame Ausbildungsprognose ist ein bundesweit einmaliges Projekt von IHK, Handwerkskammer und Arbeitsagentur. Die Anregung dazu kam im letzten Jahr von Staatssekretär Andreas Storm, Darmstadt. "Wir wollen mit diesem Projekt versuchen, die Lage auf dem Ausbildungsmarkt zu einem Zeitpunkt zu beschreiben, zu dem es noch möglich ist, durch geeignete Maßnahmen gegen zu steuern", begründet der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium seinen Vorschlag. Nun liegt die zweite gemeinsame Prognose vor. "Stellt sich die Berechnung regional als tauglich heraus, könnten wir auf Basis der Darmstädter Methode in naher Zukunft auch in anderen Regionen Prognosezahlen liefern, das wäre ein riesiger Fortschritt", sagt Storm.
Berechnungsgrundlagen der Prognose
Im langjährigen Mittel liegen bei der IHK am 31. Juli eines Jahres immer 70 Prozent aller am Jahresende gezählten Verträge vor. Die Agentur für Arbeit zählt aber alle Lehrstellen in der Region, also Industrie, Handel, Handwerk, Dienstleistungen und freie Berufe zusammen. Da Handwerk und andere für die Ausbildung zuständige Stellen aber Ende Juli noch keine verlässlichen Zahlen vorlegen können, musste eine spezielle Berechnungsmethode für die Prognose entwickelt werden. Die Basis dieser Rechung bildet der IHK-Marktanteil am gesamten Ausbildungsgeschehen, der bei 59 bis 61 Prozent liegt.