Der Stapel der Gutachten zum Stillstand auf den NRW-Straßen wächst - aber die Staus werden nicht kleiner. Rechnerisch staut sich der Verkehr in NRW auf jedem Autobahnkilometer pro Jahr für rund 90 Stunden, kein anderes Bundesland ist dem Verkehrsinfarkt näher. Geld allein löst das Problem nicht, also braucht es kluge Konzepte, die aus dem knappen Straßen-Budget das Bestmögliche machen. Bislang setzen die verantwortlichen Behörden dabei überwiegend auf die wissenschaftlich fundierte Vogelperspektive und Verkehrszählungen. Die Industrie- und Handelskammern des Landes Nordrhein-Westfalen möchten diese Sichtweise um den alltäglichen Blick der Verkehrsteilnehmer erweitern. In einem landesweiten Wettbewerb rufen sie alle Kraftfahrer zu Verbesserungsvorschlägen auf. "Stop oder Go" heißt die Aktion, bei der die besten Vorschläge mit attraktiven Geld- und Sachpreisen belohnt werden.
IHK Bonn/Rhein-Sieg sucht regionale Lösungen und Ansatzpunkte
"Wir möchten die Expertise der Verkehrsteilnehmer nutzen, die jeden Tag auf der Straße unterwegs sind", erklärt Ocke Hamann von der Niederrheinischen IHK und Federführer Verkehr der Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen. Denn gerade, wer viel auf der Straße unterwegs ist, kennt die Schwachstellen seiner Hausstrecke sehr genau. Dabei sind die Ursachen für Staus manchmal banal und leicht zu beheben. Eine um ein paar Meter verlängerte durchgezogenen Linie kann zum Beispiel viel bewirken: Die Geschwindigkeiten auf den Fahrspuren gleichen sich besser an, das zu frühe Einfädeln wird verhindert und Rückstaus bleiben aus. "Man muss ja nicht immer gleich Mega-Projekte wie die Aufweitung des Tausendfüßlers oder eine neue Rheinbrücke in Angriff nehmen", so Fabian Göttlich von der IHK Bonn/Rhein-Sieg. "Manchmal reicht schon der Abbau von überflüssigen oder sich widersprechenden Verkehrsschildern aus, um eine problematische Zone übersichtlicher zu gestalten", so Göttlich weiter. Ihre Forderung nach den Autobahn-Lückenschlüssen in NRW halten die Industrie- und Handelskammern trotzdem aufrecht. Dazu gehört in der Region Bonn beispielsweise der südliche Lückenschluss des Bonner Autobahnrings und der Ausbau der Autobahndreiecke Sankt Augustin West und Bonn Nordost. Denn natürlich kann der Ideen-Wettbewerb von der Straße für die Straße allein nicht alle Staus in Luft auflösen. "Es geht um zusätzliche Effekte, die den Ausbau des Autobahn-Netzes in NRW flankieren sollen", erklärt Fabian Göttlich.
Eine unabhängige Expertenjury wird alle Vorschläge berücksichtigen, die den Verkehrsfluss an einer konkreten Stelle verbessern und die Verkehrssicherheit maßgeblich erhöhen können. Je einfacher die Idee ist, je konkreter sie dargestellt wird und je schneller und kostengünstiger sie umgesetzt werden kann, desto größer ist die Chance auf einen Preis.