Was alle diese Konzepte verbindet, ist das Bestreben, die IT stärker an den Geschäftszielen und –prozessen auszurichten, indem die IT-Architekturen so flexibel konzipiert werden, dass Daten und Prozessabläufe in heterogenen Umgebungen genutzt bzw. wiederverwendet werden können. Flexibilität heißt in diesem Zusammenhang aber auch, dass die Abrechnung solcher Lösungen und Dienstleistungen immer stärker nutzungsbasiert erfolgen soll und irgendwann einmal in das Utility-Modell übergehen wird. Somit ist die Zielrichtung von Angeboten, die IDC als Dynamic IT zusammenfasst, die Vision von IT als Dienstleistung, die hoch-automatisiert auf die Anforderungen individueller Nutzer reagiert. Die technologischen Schlagworte in diesen Diskussionen lauten etwa Virtualisierung, Service-Oriented-Architecture (SOA), Business Process Management oder Echtzeit-Computing.
Während sich viele Komponenten dieser Konzepte evolutionär im Markt durchsetzen werden, stoßen in der gegenwärtigen Marktlage viele innovative Konzepte in Deutschland auf besondere Hürden. Auch wenn einige DAX 30-Unternehmen bereits Pilot-Projekte in Teilbereichen der oben beschriebenen Themen gestartet haben und so die Medienwahrnehmung beeinflussen, ist das Gros deutscher Unternehmen in einer Kostensenkungsspirale verhaftet, in der die Einsparungen eben nicht für Innovationen, sondern fast ausschließlich für das Unternehmensergebnis verwendet werden. Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum gerade von deutschen Managern bei Themen wie Virtualisierung oder SOA eine neue Komplexität gesehen wird, die nach vielen Standardisierungs- und Konsolidierungsprojekten neue finanzielle Ressourcen verschlucken könnte.
Aus Sicht des Mittelstandes kommt erschwerend hinzu, dass für eine stärker betriebswirtschaftlich ausgerichtete IT Projekt-Manager fehlen, die solche komplexen Projekte effizient durchführen können. Darüber hinaus bestehen enorme Schwierigkeiten, die internen Kostenstrukturen exakt zu analysieren. Somit fehlt die Basis, um zu verstehen, welche IT-Konzepte wirklich Wettbewerbsvorteile erzielen können. Während Unternehmensberatungen Großunternehmen genau in diesen Punkten helfen, mangelt es noch an vergleichbaren Angeboten für den Mittelstand.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Hemmfaktor bezieht sich auf das Selbstverständnis deutscher Manager. Die Mehrzahl der deutschen Manager definiert die Wichtigkeit ihrer Position über die Anzahl der Mitarbeiter in ihrem Verantwortungsbereich und hat Schwierigkeiten, Kompetenzen abzutreten. Ein Umstand, der etwa die Inanspruchnahme von Outsourcing in Deutschland deutlich negativ beeinflusst. Somit steht die Virtualisierung von Geschäftsprozessen, die Hierarchien deutlich verändern wird, vor nicht unerheblichen Herausforderungen.
Viele der Elemente, die IDC als Dynamic IT zusammenfasst, werden sich auch auf dem deutschen Markt durchsetzen. Doch um die besonderen deutschen Herausforderungen (schneller) zu überwinden, bedarf es in den Marketing-Konzepten der IT-Anbieter neben IT-spezifischen Argumentationen gerade der Auseinandersetzung mit diesen Befindlichkeiten. Je mehr die IT sich aus dem Back-office in die Führungsetagen hineinbewegt, desto stärker müssen betriebswirtschaftliche, aber eben auch psychologische Argumentationen in Marketing- und Vertriebsstrategien eingehen. IT-Anbieter können zwar die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen nicht verändern, aber eine Differenzierung der Marketing-Konzepte sollte helfen, diesen Bedingungen besser zu begegnen. Innovation ist sicherlich eines der am meisten gebrauchten (und häufig missbrauchten) Schlagwörter in der IT-Industrie. Aber wenn es gelingen soll, Unternehmen aufzuzeigen, wie sie sich in der global vernetzten Welt behaupten können, sind keine Schlagworte gefragt, sondern praxiserprobte Handlungsanweisungen – auch wenn diese sich als Innovation erweisen können.