„Energieversorger mit ihrer regionalen Positionierung sind eigentlich prädestiniert, um in Photovoltaik-Projekten, Dekarbonisierung der Wärme oder einem Wasserstoff-Netzwerk als Anbieter, Verteiler oder Schnittstelle zu fungieren – riskieren aber nun durch fehlende Strategie, diesen Vorteil zu verspielen“, sagt Studienleiter und Energieexperte Matthias Deeg von der Managementberatung Horváth. Unternehmen, die sich mit dem Thema Wasserstoff bereits strategisch auseinandergesetzt haben, sehen die größten Geschäftspotenziale in der Produktion.
Überforderung durch Marktdynamik
Gründe für die insgesamt zögerlichen Nachhaltigkeitsaktivitäten sieht Horváth-Partner und Branchenexperte Matthias Deeg vor allem in der Unsicherheit der Rahmenbedingungen, aber auch in hausgemachten Problemen. „Unzureichend erprobte neue Technologien, unklare regulatorische Vorgaben, aber auch ein uneinheitliches Bild zwischen Marktanforderungen einerseits und kostenintensiven technologischen Innovationen andererseits sind meist Gründe dafür, dass in den Unternehmen noch keine Ziele stehen“, so Deeg. „In anderen Fällen sind es vor allem aktuelle Herausforderungen, etwa die Marktpreisentwicklungen, der E-Mobility-Hochlauf oder Infrastrukturentwicklung, die in Summe das Kartenhaus ins Wanken bringen. Sich in dieser Situation zu fokussieren und weitsichtig strategische Weichen im Bereich Nachhaltigkeit zu stellen, ist gerade für mittelgroße und kleinere Unternehmen schwer, die noch keine weitreichenden Transformationen in ihrem Kerngeschäft bewältigen mussten.“
Digitalisierung als größtes strategisches Sorgenkind
Gefragt nach den größten internen Problemen, die ein strategisches Vorankommen behindern, antworteten die Befragten mehrheitlich mit „Erhöhung des Digitalisierungsgrades“ sowie „Veränderung der IT-Landschaft“ und „fehlende Kompetenzen“. Den Unternehmen ist also durchaus bewusst, dass sie zur Bewertung von Geschäftspotenzialen und zum Ausbau von Geschäftsfeldern datenbasierte Analysen auf Basis moderner Systemplattformen sowie offene Schnittstellen zu Externen benötigen. Dies ist allerdings nicht die einzige „digitale Baustelle“. Auch im Online-Vertrieb, der nach mehrheitlicher Einschätzung (80 Prozent) bis 2025 zum Hauptvertriebskanal wird, sind viele Unternehmen ungenügend vorbereitet. 60 Prozent verfügen über keine konkrete Strategie zum Ausbau des Onlinevertriebs und eine unzureichende Datenbasis.
Über die Studie
Für die im Dezember 2021 veröffentlichte Horváth-Studie „Strategieentwicklung von Energieversorgern“ wurden Unternehmensverantwortliche aus insgesamt 80 Versorgungsunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Allein für Deutschland entspricht die Stichprobe einer Marktabdeckung von 70 Prozent.