Heraeus war schon bei den ersten Glasfasernetzen mit dabei
Heraeus stellt seit 1899 Quarzglas her und hat mit technologischen Innovationen dazu beigetragen, dass wir als Internetuser tagtäglich unsere Informationen noch schneller auf den Bildschirm bekommen. Schon 1975 entwickelte das Unternehmen ein Verfahren zur Abscheidung von fluordotiertem, synthetischem Quarzglas (Fluosil®), das zur Herstellung von Vorformen für Lichtwellenleiter eingesetzt wird. Auch in Deutschland war Heraeus beim Glasfasernetz von Anfang an dabei. 1978 installierte die Deutsche Bundespost das erste Glasfasernetz in Berlin. Die in den Kabeln enthaltenen Fasern wurden aus Heraeus Quarzglas hergestellt. Seit 1993 produziert das Familienunternehmen hochreine, synthetische Quarzglasrohre und -zylinder zur Herstellung von Millionen Kilometer leistungsfähiger Glasfasern. Seit 2004 erfolgt die Produktion nach dem sogenannten RIC-Verfahren. Diese Technologie (RIC steht für "rod in cylinder" bzw. "Kernstab im Zylinder") senkt die Produktionskosten für die Lichtleitfasern erheblich.
Die RIC-Zylinder, die rund 95 Prozent der späteren Glasfaser ausmachen, werden mit den Quarzglas-Kernstäben der Kunden direkt beim Faserziehen verschmolzen - bei rund 2000 °C und Ziehgeschwindigkeiten von bis zu 120 Kilometern pro Stunde. Aus den drei Meter langen und bis zu 250 Kilogramm schweren Vorformen können Anwender am Stück bis zu 7000 Kilometer Standard-Glasfasern ziehen, ohne die Vorform zu wechseln. "Heraeus produzierte bis heute synthetische Quarzglaszylinder, die zur Herstellung von über 500 Millionen Kilometer Glasfasern für die Telekommunikation beitrugen. Dies entspricht annähernd der dreieinhalbfachen Entfernung von der Erde zur Sonne oder dem mehr als 12.000-fachen Erdumfang", nannte Bernhard Franz beeindruckende Zahlen.
Heraeus gilt als der weltgrößte Hersteller von synthetischem Quarzglas. Mehr als 25 Prozent der 2012 weltweit hergestellten Glasfasern enthalten Quarzglas des Technologiekonzerns. "Heraeus tritt dabei nicht als Glasfaserhersteller in Erscheinung, sondern ist vielmehr der größte Lieferant von Mantelmaterial", hob Franz hervor. Etwa fünf Prozent der nur 120 Mikrometer dünnen Glasfaser für die Telekommunikation bestehen aus dem Kernstab, die restlichen rund 95 Prozent des Glases einer Lichtleitfaser bestehen aus Mantelmaterial.
Wie funktioniert eine Glasfaser fürs Internet?
Glasfasern besitzen eine enorme Leistungsstärke zur Übertragung von Daten. Über eine einzige Faser lassen sich mehrere Terabit pro Sekunde übertragen - theoretisch genug, um tausende Anschlüsse à 100 MBit/sec zu versorgen. Dabei beträgt der Durchmesser einer Glasfaser nur 0,125 Millimeter. Eine Glasfaser ist damit nur etwas dicker als ein menschliches Haar. Zur Übertragung von Licht bestehen sie aus einem lichtführenden Kern mit einem hohen Brechungsindex und einem Mantelbereich mit einem niedrigen Brechungsindex. Das Licht breitet sich entlang des Kerns aus, in dem es über Totalreflexionen an der Kern-Mantel-Grenzfläche geführt wird - selbst wenn die Faser gekrümmt wird. Der lediglich neun Mikrometer durchmessende, also mehr als haarfeine Kern, ermöglicht so die störungsfreie, schnelle Übertragung der über dicht getaktete Lichtpulse codierten Informationen über lange Strecken. Größe, präzise Verarbeitung, höchste Reinheit, Transparenz und Homogenität sind Qualitätsmerkmale für die Leistungsfähigkeit der Glasfaser.
Bei den biegeunempfindlichen Glasfasern speziell für die FTTH-Anwendung gelang Heraeus 2010 ein Riesensprung. Die bisherigen Lichtleitfasern haben nur einen begrenzten Biegeradius. Wird dieser unterschritten, verlieren diese Licht, was letztendlich zu Datenverlust bei der Informationsübertragung führt. Damit die superfeinen Glasfasern speziell bei "Fiber to the Home" noch besser in und um die kleinste Ecke verlegt werden können, ohne Daten zu verlieren, fordern die Kunden eine absolut biegsame Faser. Diese lassen sich derzeit nur vergleichsweise aufwändig und in kleinen Batchgrößen herstellen. Mit der Entwicklung von maßgeschneiderten fluordotierten Quarzglasrohren gelang es Heraeus, seinen Kunden eine besonders effiziente Herstellung der hochflexiblen Fasern im großen Maßstab zu ermöglichen. Durch diese am Standort Bitterfeld entstandene Innovation setzt Heraeus einen neuen Maßstab zur großtechnischen und kostengünstigen Herstellung von biegeunempfindlichen optischen Fasern.
Hintergrund: Verliert Deutschland den Anschluss ans Internetzeitalter?
Weltweit wird massiv am Ausbau moderner Hochgeschwindigkeitsnetze via Glasfaser anstelle herkömmlicher Kupferkabel gearbeitet. Laut einer Statistik des Fiber-to-the-Home (FTTH) Council, einem europäischen Koordinierungsgremiums zum Breitband-Netzausbau, sind Internet-User in Japan, Norwegen und Südkorea am besten und umfassendsten über eine superschnelle Glasfaser mit dem Internet verbunden. Gemäß dieser Studie verfügen in Deutschland jedoch deutlich weniger als ein Prozent aller Breitband-Internet-Nutzer über einen direkten Netzzugang via Glasfaser. Damit könnte Deutschland auf Dauer den Anschluss an das Internet-Zeitalter und an die schnellen Datenautobahnen verlieren.