Was im privaten Umfeld folgenlos bleibt, wird im Web zum Verhängnis: Die freimütige Meinungsäußerung in einem Forum wird zur Beleidigung, der eBay-Weiterverkauf eines Produktplagiats zur Markenrechtsverletzung. Mit Hilfe einer Suchmaschine finden Rechtsanwälte oder ihre Mandanten solche Rechtsbrüche kinderleicht und in kürzester Zeit. Fast ohne Aufwand verschicken die schwarzen Schafe unter ihnen massenhaft Abmahnungen und kassieren horrend hohe Gebühren dafür. Wenn ein Kind ein paar urheberrechtlich geschützte Fotos unbedacht in seine Hobby-Homepage einbaut, kann das die Eltern mehr als 3000 Euro kosten.
Der deutsche Gesetzgeber hat solcherlei Praktiken ungewollt lukrativ gemacht: Anwaltshonorare bemessen sich hier zu Lande nach dem Gegenstandswert, und da lassen windige Advokaten gerne ihre Phantasie spielen. Bei geringfügigen Online-Rechtsverstößen werden oft Beträge von 30.000 Euro und mehr veranschlagt. Solch irrwitzige Summen sollen laut Bundesjustizministerium bald nicht mehr erlaubt sein, allerdings nur bei einfachen Urheberrechtsverstößen. "Warum eine Kostendeckelung bei Abmahnungen von geringfügigen Rechtsverstößen nur im Urheberrecht gelten soll, ist unplausibel und nicht nachvollziehbar", kommentiert c't-Redakteur Holger Bleich. "Eine solch halbherzige Regelung wird nicht genügen, den Missbrauch mit Abmahnungen einzudämmen."
Betroffenen rät c't-Experte Holger Bleich: "Eine Abmahnung sollte man auf jeden Fall ernst nehmen, ansonsten droht eine teure gerichtliche Auseinandersetzung." Mit einer Unterlassungserklärung bestätigt man der Gegenseite, den vorgeworfenen Rechtsverstoß in Zukunft nicht wieder zu begehen. Bei der genauen Formulierung gibt es genauso einen Spielraum wie bei der Frage nach der Übernahme und Höhe der Anwaltskosten - den sollte man nutzen. Ist die Abmahnung offensichtlich ungerechtfertigt oder sind die Anwaltsrechnungen immens hoch, empfiehlt es sich, einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. (hob)