Traublinger kritisierte am Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, dass die angekündigten Maßnahmen im Bereich der Einkommensbesteuerung allesamt unter Finanzierungsvorbehalt stehen, weder Gegenfinanzierungsvorschläge gemacht, noch konkrete Schritte genannt werden. Auch die vom Handwerk geforderte Erhöhung des Steuerbonus für Handwerkerleistungen fehlt. "Die Ziele und Maßnahmen im Einkommensteuerbereich müssen nun so schnell wie möglich verbindlich festgelegt werden", forderte der Kammerpräsident, "die Wirkung einer Steuerreform lebt von ihrer frühzeitigen Klarheit und Transparenz." Für großen Ärger habe im Handwerk außerdem gesorgt, dass man nicht bei dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz berücksichtigt wurde. Traublinger: "Dieser muss auch für die arbeitsintensiven Dienstleistungen im Handwerk kommen."
Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper berichtete über eine neue hoheitliche Aufgabe, die die bayerischen Handwerkskammern ab 2010 übernehmen sollen. Als Einheitlicher Ansprechpartner werden sie für Dienstleistungserbringer aus anderen EU-Staaten zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zur Existenzgründung, sofern diese das Handwerk betreffen. "Diese Aufgabe gehört zur ureigenen Fach- und Sachkompetenz der Kammern", so der Hauptgeschäftsführer. Allerdings muss der Bayerische Landtag dem Gesetzentwurf noch zustimmen.
Besonders in der Nachwuchswerbung müsse das Handwerk neue Wege gehen, mahnte Semper. Um die große Gruppe der Migranten für eine Berufsausbildung im dualen System zu gewinnen, hat die Handwerkskammer kürzlich einen türkischsprachigen Ausbildungsberater für Jugendliche mit Migrationshintergrund eingestellt. Dessen Ansprechpartner seien aber nicht nur die Jugendlichen selbst, sondern auch deren Eltern sowie ihr Umfeld, erklärte der Hauptgeschäftsführer. 40 Prozent der jungen Menschen mit Migrationshintergrund besuchen eine Hauptschule, aber 17,5 Prozent verlassen die Schule ohne Abschluss. Nur 23 Prozent beginnen eine berufliche Ausbildung. Diese Quote liegt bei jungen Deutschen mit 57 Prozent mehr als doppelt so hoch. Außerdem sollen mehr Betriebsinhaber mit Migrationshintergrund als Ausbilder gewonnen werden. Im Kammerbezirk München und Oberbayern sind 18 Prozent aller Betriebsinhaber Ausländer, ihr Anteil unter allen ausbildenden Betrieben liegt aber nur bei 3,4 Prozent. Semper: "Das sollte sich ändern."