Identitätsdelikte zählen zu den am schnellsten wachsenden Verbrechensarten – nicht nur in Großbritannien. Dabei nutzen Kriminelle gestohlene oder gefälschte Identitäten, um an Waren, Dienstleistungen oder Kredite zu gelangen. Eine entscheidende Rolle spielt die fehlende Vorsicht auf Seiten der Verbraucher. Sensible Daten werden bereitwillig am Telefon oder im Internet preisgegeben, und nicht selten landen sie gut lesbar im Hausmüll. Hinzu kommt, dass viele Verbraucher ihre Kontobewegungen nicht genau im Blick haben.
Diese Schlüsse werden durch eine repräsentative E-Mail-Umfrage nahegelegt, die Experian jüngst unter britischen Bürgern durchgeführt hat. Ein Fünftel der Befragten würde einem unbekannten Anrufer sensible Informationen wie den vollständigen Namen, das Geburtsdatum und die Privatadresse mitteilen. Jeder Zehnte würde sogar die Kombination aus vollständigem Namen, Geburtsdatum, Namen der meistgenutzten Kreditkarte und Mädchennamen der Mutter preisgeben (in Großbritannien fragen z.B. Banken ihre Kunden zu Identifikationszwecken am häufigsten nach dem Geburtsdatum und nach dem Geburtsnamen der Mutter).
Beim Grad des Leichtsinns zeigten sich deutliche Unterschiede. So ist das weibliche Geschlecht offensichtlich deutlich misstrauischer als Männer: Während nur 15 Prozent der Frauen sensible Informationen preisgeben würden, liegt diese Quote bei den Männern bei 22 Prozent. Eine noch größere Rolle spielt das Alter. Ein Drittel der Menschen über 65 würde einem Unbekannten am Telefon betrugsrelevante Informationen anvertrauen, aber nur 13 Prozent der 25- bis 34-Jährigen.
Erstaunlich ist auch die zutage getretene Apathie in Gelddingen. Einem von sieben Befragten würde es nicht auffallen, wenn von seinem Konto 500 Pfund verschwinden würden. Immerhin drei Prozent erklärten, dass sie ihren Kontostand nur auf die nächsten 1.000 Pfund genau einschätzen können. Die Experian-Studie enthüllt auch einen möglichen Grund für die verbreitete Nachlässigkeit in Gelddingen: Ein Drittel der Befragten hat beim Konto-Check das mulmige Gefühl, weniger Geld als erwartet zu haben. Fünf Prozent der Befragten gaben sogar an, deswegen beim Kontrollieren des Kontostands echte Angst zu empfinden. Ein anderer Grund ist die wachsende Zahl der Konten, über die Konsumenten verfügen.
In Großbritannien unterstützt Experians Consumer Help Service Verbraucher seit langem dabei, sich vor Identitätsbetrug zu schützen. Die dabei gewonnenen Erfahrungen zeigen das ganze Ausmaß der finanziellen Nachlässigkeiten. Ehe ein Identitätsbetrug aufgedeckt wird, dauert es im Schnitt 16 Monate. Der längste von Experian registrierte Betrug dauerte 1.618 Tage – fast viereinhalb Jahre, in denen das Opfer immer wieder geschädigt wurde, ohne es zu bemerken.
Wie kommen die Täter an die Daten? „Kalte“ Telefonanrufe, bei denen die Anrufer unter falschem Namen Informationen abfragen, sind eine probate Methode – das belegt die aktuelle Experian-Studie. Auch das Internet verlockt zum Missbrauch. Mit verführerischen Kreditangeboten per E-Mail und gefälschten Formularen großer Online-Händler gelangen Kriminelle an die begehrten Informationen. Auf eine weitere „undichte Stelle“ hat Experian bereits in einer früheren Studie aufmerksam gemacht: den Hausmüll, in dem sich erstaunlich oft „verwertbare“ Informationen finden.
Folgt man den Ergebnissen der E-Mail-Umfrage, ist gut ein Zehntel der Befragten durch den grassierenden Daten-Klau aus der Mülltonne gefährdet: Sie gaben an, dass sie ihre Bankunterlagen in den Abfall werfen, ohne sie unkenntlich zu machen. Weniger als die Hälfte der Befragten folgt empfohlenen Regeln zur Aufbewahrung wichtiger Bankunterlagen.
„Obwohl in Großbritannien natürlich manches anders ist als hierzulande, sind die Ergebnisse unserer Studie im Kern übertragbar“, betont Rainer Woidich, Geschäftsführer von Experian Deutschland. „Die jüngst veröffentlichten Kriminalstatistiken belegen, dass der Kreditkartenbetrug auch in Deutschland dramatisch angestiegen ist. Ein Schwerpunkt ist dabei der Online-Handel, wo die Kunden zum Teil unter Angabe von Kreditkarten-Daten bezahlen können. Damit wird das Internet zum verlockenden Selbstbedienungsladen für Kriminelle, die im Besitz fremder Identitäts- und Kreditkartendaten sind.“
„Selbst wenn das Opfer eines Identitätsbetrugs für den direkten Schaden nicht aufkommen muss, sind die Folgen oft gravierend. Es kostet nach unseren Erkenntnissen bis zu 400 Arbeitsstunden und dauert manchmal bis zu zwei Jahre, ehe alle Betrugsfolgen aufgedeckt und beseitigt sind. Während dieser Zeit kann es beispielsweise schwierig sein, an Kredite oder Kreditkarten zu kommen. Diesen Ärger sollte man sich ersparen. Wer ein paar einfache Grundregeln beherzigt, kann sich wirksam vor dem kriminellem Missbrauch seiner persönlichen Identitätsdaten schützen.“
Anmerkungen für die Redaktion:
Die zu Grunde liegende Umfrage wurde zwischen dem 24. und 26. Februar 2004 per E-Mail durchgeführt. Befragt wurde eine zufällig ausgewählte Gruppe von 2.751 Personen, die über einen Internetzugang verfügen und einen repräsentativen Durchschnitt der britischen Bevölkerung abbilden. Die Detailergebnisse können im Original unter http://217.34.213.209/... Apathy Survey.pdf eingesehen werden. Auf Nachfrage stellen wir Ihnen auch gern eine deutsche Übersetzung dieses Papiers sowie der Empfehlungen zur Verfügung, die Experian zum Schutz gegen Identitätsbetrug erarbeitet hat.
Die Angaben über die durchschnittliche Dauer von Identitätsbetrug beruhen auf den Erfahrungen, die Experian in Großbritannien gesammelt hat. Dort werden durch Experians Consumer Help Service jährlich rund 250.000 private Kredit-Report-Anfragen beantwortet.
Die Ergebnisse einer weiteren, ergänzenden Experian-Studie zum Thema „Bin Raiding“ (Daten-Klau aus der Mülltonne) werden in Kürze vorgestellt.