Statt sich jedoch der eigenen Verantwortung zu stellen, breitet sich in Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend die Meinung aus, dass durch zielgerichtete Motivationsimpulse von „außen“ alles gut wird. Sucht man den Ansporn nicht mehr in sich selbst, sieht man Motivation nicht mehr als etwas, was man selbst bereit ist zu leisten, sondern erwartet eine Voraussetzung, die von außen geliefert werden muss?
Zunehmend entstehen Situationen, dass bei immer kleinteiligerem Controlling noch mehr „Motivation“ nachgeschoben werden muss. Das sprunghafte Ansteigen der Motivationstrainer in den letzten zwanzig Jahren ist ein Indiz dafür. Die Gesellschaft ist in eine Spirale eingetreten, bei der man sich fragen muss, wo sie enden mag. Mittlerweile ist „Motivationscoach“ schon ein eigenes Berufsbild geworden[1].
Um sich auf diesem breiten Marktumfeld abzusetzen, fangen einige Trainer an, den Begriff der „Motivation“ neu zu definieren. Ihrer Ansicht nach müssen die Menschen nicht mehr nur motiviert, sondern „begeistert“ werden. Mitarbeiter großer Konzerne sollen bei ihnen lernen, ihrer Arbeit „mit Begeisterung“ nachzugehen. Der Wunsch einiger Unternehmenschefs nach entsprechend begeisterten Mitarbeitern führt besonders in Ländern, die Fleiß für eine sehr große Tugend halten, zu skurril anmutenden Auswüchsen. Die Internetseite „blick.ch“ in der Schweiz berichtete, dass eine chinesische Internetfirma ihren Programmierern drei Cheerleader zur Verfügung stellt. Sie bringen Frühstück, plaudern und spielen Tischtennis[2]. – alles zur Motivation.
Handelt es sich um einen weiteren Auswuchs in der Spezialisierung der Motivation? Es wird nicht darüber gesprochen, für was uns begeistern soll, sondern überlegt, wofür wir uns begeistern und was uns antreiben sollte. Da ist es kaum verwunderlich, dass derzeit Trainer aus dem Boden sprießen, die sich näher mit der „Generation Y“ beschäftigen. Das sind die Geburtsjahrgänge von 1980 bis 1995. Diese Generation steht für eine unabhängige Schicht junger Menschen, die sehr individuell denken und sich der Tatsache bewusst sind, dass sie sich auch nur für individuell auf sie zugeschnittene Dinge begeistern. Andererseits hinterfragen diese jungen Menschen. Erschließt sich ihnen der Sinn einer Tätigkeit nicht oder sehen sie gar Nachteile darin, dann wird keine Verpflichtung eingegangen. Für ein Unternehmen kann das bedeuten, dass sie diese durchaus interessanten Arbeitskräfte nicht für sich „begeistern“ können.
Noch wirtschaftlicher zu werden, noch mehr Leistung zu bringen, immer auf einhundert Prozent zu laufen, kann nicht durch Motivation von außen initiiert. Es führt eher dazu, dass die Menschen ausbrennen.
[1] http://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-12/beruf-motivationscoach
[2] http://www.blick.ch/news/ausland/zur-mitarbeiter-motivation-cheerleader-fuer-programmierer-id4099762.html