Auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der europäischen Union am 08.03.07 haben sich die 27 EU-Staaten geeinigt, bis 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch auf 20% sowie die Energieeffizienz um 20% zu steigern und somit EU-weit den Treibhausgasausstoß um 20% unter den Stand von 1990 zu senken. Die EU-Energiedienstleistungs-Richtlinie (vom Mai 2006) verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zu Endenergieeinsparungen in Höhe von 9% bis 2016, und zwar unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung des Energieverbrauchs.
Auf nationaler Ebene hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag von November 2005 das Ziel gesetzt, die Energieproduktivität (Wirtschaftsleistung pro Primärenergieeinsatz), die ein Indikator für Energieeffizienz ist, in Deutschland im Zeitraum 1990 bis 2020 zu verdoppeln. Dieses Ziel ist - unter der Annahme eines moderaten Wirtschaftswachstums - ehrgeizig, aber erreichbar. Mit dieser Zielvorgabe, liegt Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern zwar in der Spitzengruppe beim Thema Energieeffizienz. Gleichzeitig reicht diese Positionierung nicht aus, um unsere eigenen Klimaschutz-Zielsetzungen bzw. die Kriterien einer Nachhaltigkeitsstrategie zu erfüllen, unabhängig davon, ob andere Länder, wie z.B. die USA, bezüglich Energieeffizienz weit hinter uns liegen. Trotz dieser Spitzenposition können wir weitergehen als bisher und davon wirtschaftlich profitieren.
Eine Energieeffizienzstrategie muss auf der Nachfrageseite beginnen, um den Energiebedarf für die vom Markt nachgefragten Dienstleistungen zu minimieren. Darauf aufbauend sind dann die Versorgungskonzepte und Systeme auszuwählen, mit denen der 'Restenergiebedarf' optimal gedeckt werden kann.
Der Energiebedarf für Stromanwendungen in Deutschland kann, bezogen auf 1990, bis 2020 durchschnittlich um 8% gesenkt werden. Interessant dabei ist, dass neben den privaten Haushalten auch in der Industrie, im Gewerbebereich und im Dienstleistungssektor erhebliche ungenutzte Einsparpotentiale vorhanden sind. In einzelnen Unternehmen und Haushalten besteht häufig ein wirtschaftliches Einsparpotenzial von 20% und mehr. Bei bestimmten Technologien - zum Beispiel bei der Beleuchtung in Bürodienstgebäuden - lassen sich bis zu 75% des Energiebedarfs mit bereits heute verfügbaren Techniken einsparen.
Trotz neuer energieverbrauchender Anwendungstechniken (z.B. Informations- und Kommunikationstechnologie) und eines prognostizierten Wirtschaftswachstums ist eine absolute Reduktion der Stromnachfrage zu erreichen; aber nur bei einer konsequenten Anwendung wirtschaftlicher Energieeffizienztechniken. Gleichzeitig kann die Stromnachfrage dann zu einem großen Teil mit regenerativen Energiequellen und mit Kraftwerken abgedeckt werden, die auf Basis der Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden.
Um Stromeffizienz- und Stromeinsparpotenziale in allen Verbrauchssektoren stärker als bisher auszuschöpfen, ist eine Strategie zu entwickeln und konsequent umzusetzen, die ein zielgerichtetes Zusammenwirken des ordnungsrechtlichen Rahmens, der Förderung von Energieberatung und investiven Energiesparmaßnahmen in kleineren und mittleren Unternehmen und integrierter Maßnahmen zur Information, Beratung und Motivation von Endanwendern ermöglichen. Für Stromanwendungen im Sektor Industrie empfiehlt sich die dynamische Fortschreibung bzw. Erweiterung der ordnungsrechtlichen Instrumente im europäischen Binnenmarkt, um die Transparenz im Hinblick auf Energieeffizienzstandards bei Geräten, Anlagen und Systeme zu erhöhen. Insbesondere ist im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie 'Ökodesign' zu prüfen, für welche industriellen Anwendungen entsprechende Regelungen eine Steigerung der Energieeffizienz bewirken können. Zusätzlich ist zu prüfen, für welche industriellen Geräte, Anlagen und Systeme eine Energieverbrauchskennzeichnung förderlich sein kann. Es ist auch lohnenswert darüber nachzudenken, inwiefern Angaben zum erwarteten Energieverbrauch bei Entwurf und Planung technischer Anlagen explizit ausgewiesen werden und somit eine Erhöhung der Nachfrage nach besonders energieeffizienten Systemen ermöglichen. Ein besonderes Augenmerk ist auch auf Qualitätsstandards für Energie-Audits in Industrie und Gewerbe zu legen, um die Qualität der Planung und die Ausarbeitung betrieblicher Energieeffizienzmaßnahmen sowie die Qualität der wirtschaftlichen Bewertung von Maßnahmenvorschlägen zu erhöhen. Dadurch wird die Umsetzungsquote für Energieeffizienzmaßnahmen gefördert. Bestehende Informations- und Beratungsangebote für Endverbraucher in der Industrie sollten ausgebaut und verstärkt werden. Die Informations- und Beratungsangebote müssen für unterschiedliche Zielgruppen in Unternehmen aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass vielfach die hohen, durch betriebliche Energieeffizienzmaßnahmen erzielbaren Kapitalrenditen bislang häufig unbeachtet bleiben. Durch wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen können in der Regel hohe Kapitalrenditen im zweistelligen Bereich bezogen auf den Investitionsbedarf für Energieeffizienztechniken erreicht werden.
Energieeffiziente Technik und die zu ihrer Herstellung notwendigen Technologien stellen zukunftsfähige Innovationen mit einem hohen Exportpotenzial dar. Durch die Steigerung der Energieeffizienz und Energieeinsparung auf der Nachfrageseite können Energiekosten in Unternehmen und Betrieben reduziert werden. Dadurch verbessern sich die Wirtschaftlichkeit und die Wettbewerbsfähigkeit sowohl auf der Ebene einzelner Unternehmen als auch auf nationaler Ebene. Ebenso wird ein maßgeblicher Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung geleistet. Eine Senkung des Energieverbrauchs führt zur Senkung der Abhängigkeit von Energieimporten und trägt damit zur Steigerung der Energieversorgungssicherheit bei.
Für Industrieunternehmen ist das Thema Energieeffizienz somit in zweifacher Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen als Verbraucher von Energie als auch als Produzent von energieeffizienten Produkten.
Die Einsparpotenziale sollen an einem Beispiel eines mittelständischen Industrie-Unternehmens verdeutlicht werden: In einem Unternehmen mit einem jährlichen Stromverbrauch in Höhe von 2 Mio. kWh/a fallen Stromkosten in Höhe von mindestens 180.000 €/a an. Durch eine konsequente energetische Optimierung derjenigen energiebetriebenen Systeme, die hohen Anteil am Gesamtenergieverbrauch aufweisen, können Energieverbrauch und Stromkosten erheblich reduziert werden. Durch eine Optimierung der Druckluftanlagen kann in diesem Beispiel eine Einsparung in Höhe von 9.400€/a erzielt werden, die Optimierung der Pumpenanlagen schlägt mit 17.400 €/a zu Buche und eine Optimierung der Beleuchtung kann sogar zu einer Einsparung von 21.700€/a führen. Insgesamt kann somit eine Einsparung von 48.500 €/a erreicht werden, was einer Stromeinsparung von etwa 540.000 kWh/a entspricht. Die Investitionskosten betragen in unserem Beispiel 70.000 €. Bei einer Lebensdauer der Anlagen von 10 Jahren und einer statistischen Amortisationszeit von 1,5 Jahren beträgt die Rendite der Ersatzinvestition 70%! Gleichzeitig verfügen deutsche Unternehmen über ein großes Know-how bzgl. Energieeffizienztechniken und Energiedienstleistungen, das erfolgreich auf Auslandsmärkten eingesetzt werden kann. Effiziente Antriebssysteme, Pumpen-, Druckluft- und lufttechnische Anlagen, Beleuchtungstechnologien mit hohem Energieeffizienzstandards, elektronische Steuerungstechnik verbunden mit einen hohem Systemoptimierungs-Know-how - um nur einige Beispiele zu nennen - werden erfolgreich von in Deutschland ansässigen Unternehmen am Markt angeboten. Diese Beispiel zeigen deutlich: Energieeffizienz lohnt sich, und zwar für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft.