Solche Umnutzungen stehen im völligen Widerspruch zur tatsächlichen Notwendigkeit. In allen Verkehrsplänen spielen die Binnenhäfen eine immer zentralere Rolle, das weiterhin stark wachsende Güterverkehrsaufkommen intelligent und umweltfreundlich zu organisieren – was die Kommune gegebenenfalls ignoriert. Karl Michael Probst, Geschäftsführer des Bundesverbands Öffentlicher Binnenhäfen, warnt: „Werden Hafenflächen an einen Investor verkauft, der darauf ein tolles In-Viertel hochzieht, erzielt der Grundstückseigentümer kurzfristig Erlöse. Werden dadurch aber klassische Hafenfunktionen beeinträchtigt, entstehen der Stadt Verkehrsprobleme, die langfristig sehr viel teurer werden.“ Probst verweist darauf, dass die Häfen als Knotenpunkte des Güterverkehrs auf Wasserstraßen, Bahnlinien und Straßentransporten tragende Akteure für die lokale und regionalwirtschaftliche Entwicklung seien. Verliert ein Hafen seine Logistikfunktion, zeigt auch die Industrie Abwanderungstendenzen.
Jobs für alle Bildungsschichten
Den Einwand, dass neue Arbeitsplätze entstünden, wenn in attraktiver Hafenlage Büros gebaut werden, lässt Probst nicht gelten: „Das Jobwunder im Büro-Hafen ist oft ein Scheinwunder. Es findet eine Verlagerung von Arbeitsplätzen statt.“ In ihren klassischen Hafenfunktionen beheimaten die Binnenhäfen rund 2.800 Unternehmen aus der Logistikwirtschaft und Industrie, die rund 235.000 Arbeitnehmer aus allen Bildungsschichten beschäftigen. Diese Arbeitsplätze sind bei vorschnellen Umnutzungsbestrebungen gefährdet. Der BÖB fordert deshalb eine Stadtentwicklung, die im Einklang mit der Hafenentwicklung steht. Mehr Umsicht bei der Umnutzung von Hafenarealen befürwortet auch der Deutsche Städtetag. Dieser erkennt die Bedeutung des Binnenschiffverkehrs als umweltfreundliche Alternative zum Straßengüterverkehr ausdrücklich an und sieht die Hafen- und Verkehrsplanung als Bestandteil integrierter Stadtentwicklungskonzepte.
Hinweis: Im Vorfeld der Mitgliederversammlung am 12. Oktober 2006 hat der BÖB ein Argumentationspapier mit dem Titel: „Binnenhäfen zwischen Wachstumsmotor und Bedeutungsverlust: Hafen- und Stadtentwicklung in einem stabilen Gleichgewicht“ erstellt. Das Argumentationspapier steht ab dem heutigen Nachmittag im Pressebereich unter www.binnenhafen.de als PDF-Datei zum Download bereit.