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Speicherung von Verbindungsdaten sabotiert Persönlichkeitsrechte

Strafverfolger nicht in der Lage “Datenfriedhöfe“ auszuwerten

(PresseBox) (Düsseldorf, )
Bereits im Mai 2004 hatte der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. prophezeit, was nun konkrete Gestalt annimmt: Die bis zu 36 Monate lange Speicherung aller Kommunikationsdaten aus dem Internet und Mobilfunk. Trotz massiver Kritik hält Bundesinnenminister an diesen Plänen fest. Als Begründung für diese Absicht wird dabei vor allem der Kampf gegen den Terrorismus ins Feld geführt. Nachdem Schily mit ähnlichen Ansinnen in den bundespolitischen Gremien gescheitert war, versucht der Innenminister nun offenbar, mit Hilfe der Europäischen Union seine Ziele durchzusetzen. Die betroffenen Telekommunikationsunternehmen, Daten- und Verbraucherschützer, ja sogar Teile der Regierungskoalition reagieren fassungslos.

„Im Fahrwasser der Terrorismusbekämpfung wird hier der Versuch unternommen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auszuhebeln. Die angestrebte Speicherung von Vorratsdaten würde jedoch nicht nur die Grundrechte der rund 450 Millionen EU-Bürger einschränken, indem man sie pauschal unter Terrorismusverdacht stellt. Die dadurch entstehende gigantische Datenmenge würde die Provider mit Zusatzkosten, die bis in dreistelligen Millionenbereich gehen, belasten. Geld, das für Investitionen in Innovation und Weiterentwicklung neuer Produkte, fehlt. Es drängt sich der Eindruck auf, dass dem hektischen Aktionismus einiger Politiker angesichts der anstehenden, richtungsweisenden Wahlen mit sachlichen Argumenten nicht beizukommen ist“ kommentiert BVDW-Präsident Arndt Groth (Interactive Media CCSP GmbH) die aktuelle Entwicklung.

Käme es tatsächlich zu einer Verabschiedung eines Rahmenbeschlusses durch den EU-Ministerrat müssten alle Daten, die im Zusammenhang mit öffentlichen elektronischen Kommunikationsdiensten (vor allem Internet, E-Mail, SMS) anfallen, mindestens zwölf bis maximal 36 Monate auf Vorrat gespeichert und auf Ersuchen der zuständigen Behörden zu Ermittlungszwecken zugänglich gemacht werden. Begründet werden diese Schritte mit der „Vorbeugung, Untersuchung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich Terrorismus“.

„Angesichts des erheblichen Eingriffs in die Rechte aller Nutzer, der zu erwartenden Kostenlawine für Internetprovider sowie der völligen Unklarheit, wie das immense Datenaufkommen überhaupt ausgewertet werden soll, ist die Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens fraglich“ so Friederike Behrends, Leiterin des Arbeitskreises Medienpolitik im BVDW. „In Anbetracht der Eile, in der dieses fragwürdige Vorhaben durchgesetzt werden soll, besteht der Eindruck, dass es eher um die Profilierung einzelner Politiker geht als um einen effektiven Terrorismusschutz“ so Behrends weiter. Ähnliche Vorhaben – unter anderem im Rahmen der Novelle des Telekommunikationsgesetzes - wurden in der jüngeren Vergangenheit sowohl von Verbraucher- als auch Datenschützern bereits massiv unter Beschuss genommen.

Erfolge in der Terrorismusbekämpfung unwahrscheinlich

Gleichzeitig belegen die Erfahrungen mit Anbietern illegaler Inhalte (wie etwa Kinderpornographie oder Raubkopien), dass eine solche Regelung kaum zielführend ist. „Gerade terroristische Kreise sowie die Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität wissen, wie sie ihre Spuren über Anonymisierungsdienste oder der Verschlüsselungen von Nachrichten verwischen können“ so Groth weiter. Eine Feststellung, die im Übrigen auch vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar geteilt wird.

Im Hinblick auf die mit einer Vorratsdatenspeicherung zwangsläufig verbundene erforderliche Schlüsselhinterlegung (sog. key recovery) z. B. in einer Datenbank verweist Dr. Christian Dressel, Mitglied des Gesamtvorstands des BVDW zudem auf die verführerische Anziehungskraft für Hacker und die organisierte Kriminalität: „Um eine spätere Recherche auch verschlüsselter Nachrichten wenigstens theoretisch zu ermöglichen, müssten die privaten Schlüssel der Nutzer in einer zentralen Datenbank gespeichert werden, auf die die Ermittlungsbehörden im Bedarfsfall zugreifen könnten. Die Aussichtslosigkeit eines derartigen Unterfangens angesichts der Verfügbarkeit leistungsfähiger steganographischer Verfahren, auf die Terroristen bei Ihrer Kommunikation ausweichen könnten, wurde im übrigen bereits unter der Regierung Kohl von namhaften Wissenschaftlern dem damaligen Innenminister Kanther ausführlich dargelegt. Diese Ausführungen beanspruchen dem Grundsatz nach auch heute nach wie vor Gültigkeit."

Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatzes und datenschutzrechtlicher Zweckbindung stellt sich für Dressel generell die Frage, welche Daten brauchen die Strafverfolger zu welchem Zweck und wie sieht die bisherige Erfolgsbilanz der Strafverfolgung im Zusammenhang mit gespeicherten Daten aus. Solange diese Fragen nicht schlüssig beantwortet sind, sollte ein derart massiver Eingriff in Grundrechte nicht gesetzlich legitimiert werden.

Anstatt Wirtschaft zu instrumentalisieren: Ressourcen der Behörden verbessern

Wie die somit anfallende gigantische Datenmenge inbesondere vor dem Hintergrund neuer Kommunikationsformen wie z. B. Videomails etc. für Ermittlungszwecke überhaupt fruchtbar gemacht werden kann ist zudem offen. Es liegen nicht einmal Informationen darüber vor, wie die gegenwärtig vorliegenden Daten, mit erheblich kürzeren Speicherfristen ausgewertet werden können und in wie vielen Fällen die jeweilige Recherche überhaupt erfolgreich war. In diesem Zusammenhang stellt sich für die betroffenen Unternehmen vor allem die Frage, ob die öffentliche Hand bereit ist, in die Verbesserung der finanziellen und personellen Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden zu investieren. „Es scheint mir ein viel wichtigerer Schritt zu sein, die vorhandenen Möglichkeiten effizient auszuschöpfen. Das setzt allerdings die Bereitschaft voraus, die eigenen Ressourcen zu verbessern, anstatt die freie Wirtschaft zu Handlangern von Politik und Justiz umfunktionieren zu wollen. Ihnen hierfür auch noch die Kosten aufbürden zu wollen, ist schlicht dreist“ insistiert Groth.

Die Frage nach der Entschädigung für die durch die Datenspeicherung und Recherche entstandenen Kosten ist offen. „Der weniger als vagen Hoffnung, dass eine Auswertung der Daten zu einem verwertbaren Ermittlungsergebnis führt, stehen erhebliche Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, nicht kompensierbare Kosten auf Seiten der Anbieter sowie erhebliche Sicherheitsrisiken allen Beteiligten gegenüber. Vor diesem Hintergrund ist der neuerliche Vorstoß in Sachen Vorratsdatenspeicherung absolut unverständlich“ fasst der BVDW-Präsident seine Kritik zusammen. „Die Konzeptlosigkeit und Hilflosigkeit in punkto Verbrechensbekämpfung und Terrorismusvermeidung darf in unseren Augen nicht in blindem Aktionismus münden.“
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