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Deutschland fehlen Spitzenkräfte

Zahl der Hochschulabsolventen reicht nicht aus / China und Indien bauen ihre Ausbildungskapazitäten massiv aus / BITKOM: Reform des Bildungssystems muss forciert werden

(PresseBox) (Berlin, )
Deutschland droht bei der Ausbildung von Spitzenkräften im internationalen Vergleich den Anschluss zu verlieren. Das zeigen die Absolventenzahlen in den technisch-naturwissenschaftlichen Studienfächern der wichtigsten Industrienationen. „Deutschland wird in einigen Jahren die kritische Masse heller Köpfe fehlen, um Basisinnovationen zu entwickeln und daraus marktfähige Produkte und neue Services zu machen“, sagt Walter Raizner, Vizepräsident des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM), zum Start des Wintersemesters. Insbesondere die wirtschaftlich aufstrebenden Länder China und Indien steigern massiv ihre Ausbildungskapazitäten, um ihre Innovationskraft zu stärken. „In Deutschland ist der Trend dagegen rückläufig. Die Absolventenzahlen in den technischen Studienfächern sind in den letzten zehn Jahren gesunken“, sagt Raizner. „Unser Land muss eine Strategie entwickeln, um seine internationale Wettbewerbsfähigkeit durch eine intelligente Bildungspolitik zu verbessern.“

Deutschland bildet im internationalen Vergleich relativ wenige Akademiker aus. Ein Grund dafür ist die Attraktivität des dualen Ausbildungssystems. Die Akademikerquote liegt hierzulande bei 21 Prozent. Im Durchschnitt der OECD-Länder schließen dagegen 35 Prozent eines Jahrgangs ein Studium ab. „Das deutsche Bildungssystem ist in die Jahre gekommen und hat strukturelle Eigenheiten entwickelt, die gleichermaßen für Schüler, wie für Studierende wie für die Wirtschaft nachteilig sind“, sagt Raizner. Deutschland ist traditionell stark in Mathematik und den Naturwissenschaften, die ihren Fokus in der Grundlagenforschung haben. Die meisten anderen Industrieländer bilden dagegen mehr Ingenieure aus, die stärker anwendungsorientiert arbeiten und wirtschaftlich erfolgreiche Produkte entwickeln. In Japan kommen fünf Ingenieure auf einen naturwissenschaftlichen Absolventen, in China 3,5. In Deutschland ist das Verhältnis nahezu ausgeglichen. Raizner: „Die Folge ist, dass häufig grundlegende Entdeckungen in Deutschland stattfinden. Das Geschäft aber machen die anderen.“

Eine große Herausforderung ist die enorme Zahl junger Menschen, die in China und Indien in technisch-naturwissenschaftlichen Fächern ausgebildet werden. „Aus asiatischen Hochschulen rollt eine Welle hoch qualifizierter und hoch motivierter junger Leute auf uns zu. Darauf müssen wir eine Antwort finden“, sagt Raizner. Während in Deutschland im Jahr 2004 rund 37.000 Ingenieure die Hochschulen mit einem Abschluss verlassen haben, waren es in China mehr als 820.000. Davon erreichen derzeit immerhin 30 Prozent international vergleichbares Niveau. Dieser Anteil wird sich in den kommenden Jahren schrittweise erhöhen, weil China massiv in die Ausbildung der jungen Generation investiert. Schon heute betreibt eine wachsende Zahl chinesischer Institute Spitzenforschung.

Ähnlich ist die Situation in Indien, selbst wenn nicht sämtliche der jährlich mehr als 200.000 Informatik-Absolventen von anerkannten Hochschulen stammen. „Bei der Qualifizierung in der Informationstechnologie hat Deutschland Nachholbedarf. Dies gilt auch dann, wenn man die Abgänger der dualen Ausbildung und der Technikerschulen berücksichtigt“, sagt Raizner. Dieser Trend wird sich verschärfen, da die Absolventenzahlen deutscher Hochschulen in der Informatik in den kommenden Jahren wieder sinken werden – von 17.000 im Jahr 2006 auf rund 14.000 im Jahr 2010.

Die Politik sei daher gefordert, das Hochschulsystem weiter zu reformieren und stärker auf die Anforderungen der Wirtschaft auszurichten. Bildungspolitik müsse ein zentraler Bestandteil der „Hightech-Strategie“ der Bundesregierung werden, fordert der BITKOM. In der Informatik müssten gezielt Forschungsschwerpunkte aufgebaut und das Hochschulsystem müsse für private Investitionen attraktiver gemacht werden. Zudem sollte die Einführung von Studiengutscheinen den Wettbewerb der Hochschulen fördern. Politik, Hochschulen und Industrie sollten darüber hinaus gemeinsam daran arbeiten, ausländische Nachwuchskräfte für eine Tätigkeit in Deutschland zu gewinnen. Raizner: „Das geht nur durch attraktive Studienbedingungen und unbürokratische Zuwanderungsregelungen.“
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