Proteine (Eiweiße) geben dem menschlichen Körper seine Struktur und nehmen in den Zellen viele Aufgaben wie Stofftransport, Signalfunktion und Schutz gegen eindringende Mikroorganismen wahr. Doch darüber hinaus sind sie auch Schlüsselmoleküle bei der Erforschung von Krankheiten, denn vielen Krankheiten liegt eine Veränderung der Proteine in Zellen zu Grunde. Zur Bekämpfung fehlregulierter Proteine sucht die Arzneimittelindustrie nach neuen Wirkstoffen, die die Wirkung dieser Proteine z.B. hemmt oder unterbindet. Mit Hilfe von switchSENSE ist es möglich Bindungspartner (Proteine) zu identifizieren, die sich an bestimmte Zielmoleküle - Proteine, die bei der Entstehung einer Krankheit eine wichtige Rolle spielen - binden. Darüber hinaus kann die Technologie, die am Walter Schottky Institut der TUM gemeinsam mit Fujitsu Laboratories Ltd entwickelt wurde, exakte Aussagen über verschiedenste Bindungsparameter sowie Form, Größe und Wirkung dieser Bindungspartner liefern. Da switchSENSE parallel eine Vielzahl von Bindungs-Proteinen erkennen und analysieren kann, wird die Suche nach neuen Wirkstoffen und therapeutischen Antikörpern zur Behandlung von Krankheiten wie Krebs und Autoimmun-Erkrankungen deutlich erleichtert und verkürzt, was den Einsatz der Technologie für die Arzneimittel- und Antikörperforschung interessant macht.
Möglich ist dies durch einen Bio-Chip, der künstlich hergestellte Erbgut-Moleküle (DNA-Stränge) trägt, die sich in einem elektrischen Wechselfeld befinden. So befinden sich diese in einer ständigen Auf- und Abbewegung, die über leuchtende Farbstoffe sichtbar gemacht werden kann. An der Spitze der zahlreichen DNA-Stränge kann nun parallel das zu untersuchende Zielmolekül angebracht werden. So präpariert wird der Chip in ein spezielles Auslese-Gerät eingesetzt und verschiedene Proteine –potenzielle Bindungspartner für das Zielmolekül– in Lösung über den Chip gespült. Binden nun Proteine an das Zielmolekül verlangsamt sich die Bewegung des jeweiligen DNA-Strangs durch das erhöhte Molekulargewicht. Das Analysegerät kann nun über eine kinetische Analyse genau bestimmen, welches Protein, in welcher Form und Anzahl an das Zielmolekül bindet - wesentlich genauer als herkömmliche Verfahren. Darüber hinaus kann in Echtzeit beobachtet werden, ob und wie sich das Zielmolekül nach der Bindung verändert.
Ein weiteres künftiges Anwendungsgebiet für switchSENSE stellt die medizinische Diagnostik dar. Betrachtet man die Gesamtheit aller Proteine, die in einer menschlichen Zelle aktiv sind, erhält man ein bestimmtes Protein-Muster. Krankheiten, denen eine Veränderung der Proteine zu Grunde liegt, haben ein jeweils charakteristisches Proteinmuster. switchSENSE soll so in Zukunft auch zur umfassenden Analyse verschiedenster Proteinmuster genutzt werden und die Suche nach sogenannten Proteinmarkern unterstützen. Anhand dieser lassen sich bestimmte Erkrankungen genau nachweisen. Viele Krankheiten könnten so bereits in einem frühen Stadium vorhergesagt werden. „Die von uns entwickelten switchSENSE Biochips und switchSENSE Analysegeräte sind sehr einfach in der Anwendung. Die zu erkennenden Proteine müssen für die Untersuchung nicht erst mit Reagenzien chemisch verändert werden. Das spart Zeit und Personal“, so Dr. Ulrich Rant, Geschäftsführer von Dynamic Biosensors und Erfinder der Technologie. Guido Angenendt, Leiter Lizenzmanagement bei der Bayerischen Patentallianz GmbH: „Der Lizenzvertrag zwischen der Bayerischen Patentallianz, Fujitsu und Dynamic Biosensors zeigt ein weiteres Mal, dass die Kooperation zwischen bayerischen Universitäten und Industrie die Basis für innovative Lösungen für die menschliche Gesundheit sein kann.“