In einem jüngst entschiedenen Fall vor dem Oberlandesgericht Oldenburg wurde die Frage der Haftung bei einem Unfall in einer Ferienwohnung auf der Insel Wangerooge neu beleuchtet. Das Gerichtsverfahren zog weite Kreise, da es grundlegende Fragen zur Verantwortung von Vermietern bei Unfällen in Ferienunterkünften aufwarf. Im Kern des Falls stand ein tragischer Vorfall, bei dem ein kleines Mädchen schwer verletzt wurde, als der Henkel einer Kaffeekanne brach und der Inhalt über sie schüttete.
Die Familie des Mädchens verbrachte ihren Urlaub in einer gemieteten Wohnung, als der Unfall am ersten Morgen ihres Aufenthalts geschah. Während des Frühstücks füllte die Mutter des Mädchens Kaffee in eine Kanne, als plötzlich der Henkel abbrach und der heiße Kaffee das Kind verbrühte. Das Mädchen erlitt schwere Verbrennungen und musste umgehend medizinisch versorgt werden. Die Familie klagte daraufhin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, indem sie argumentierte, die Kanne sei bereits bei Anreise defekt gewesen.
Das Landgericht Oldenburg wies die Klage zunächst ab, da keine ausreichenden Beweise für einen bereits bestehenden Schaden an der Kanne erbracht wurden. Auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht blieb erfolglos. Die Richter am Oberlandesgericht erklärten, dass die Vermieterin ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt habe, da sie nicht von dem Defekt hätte wissen können. Ein Sachverständiger konnte zudem keine Anzeichen für vorherige Reparaturen oder offensichtlichen Verschleiß feststellen.
Das Gericht hob hervor, dass Vermieter grundsätzlich nur für solche Mängel haften, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt waren oder hätten erkannt werden müssen. Da die Schadensursache in diesem Fall nicht klar dem Vermieter zugeordnet werden konnte und die Kaffeekanne zuvor scheinbar ohne Probleme funktioniert hatte, fiel die Entscheidung zugunsten der Vermieterin aus. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Bedeutung der Beweislast, die bei solchen Klagen auf den Mieter zukommt.
Kommentar:
Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg zu den Haftungsfragen in Ferienwohnungen setzt einen bedeutenden rechtlichen Präzedenzfall. Für Vermieter und Mieter gleichermaßen bietet es wichtige Lehren hinsichtlich ihrer Pflichten und der Notwendigkeit, potenzielle Gefahren in Mietobjekten zu erkennen und zu dokumentieren. Dieser Fall zeigt deutlich, dass die rechtliche Verantwortung nicht pauschal dem Vermieter zugeschrieben werden kann, insbesondere wenn dieser keine Kenntnis von einem Defekt hatte und somit keine Möglichkeit bestand, den Unfall zu verhindern.
Für Mieter bedeutet dies, dass sie bei der Anmietung von Ferienwohnungen sorgfältig prüfen sollten, ob die Ausstattung sicher und intakt ist. Eine frühzeitige Meldung von Defekten könnte ähnliche Unfälle verhindern und zugleich die rechtliche Position im Schadensfall stärken. Vermieter hingegen müssen sich der fortlaufenden Verpflichtung bewusst sein, ihre Immobilien zu warten und alle Geräte regelmäßig auf mögliche Mängel zu überprüfen.
Die Rechtsprechung rund um die Haftung in Ferienwohnungen bleibt ein komplexes Feld, das eine klare Kommunikation und eine gründliche Dokumentation von jedem beteiligten Partei erfordert. Dieser Fall dient als ein wichtiger Weckruf für die Branche, die Standards für Sicherheit und Wartung kontinuierlich zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen.
Von Engin Günder, Fachjournalist