Die Risiken im Apothekenbetrieb werden häufig unterschätzt, insbesondere in Bezug auf den Versicherungsschutz. Apothekenbetreiber sehen sich regelmäßig der Herausforderung ausgesetzt, Risiken wie Cyberangriffe oder Naturkatastrophen nicht ausreichend abzusichern. Aussagen wie „Cyberangriffe betreffen mich nicht“ oder „Elementarversicherung ist unnötig, da mein Standort nicht gefährdet ist“ sind gängige Fehleinschätzungen. Dies kann fatale Folgen haben, wenn genau diese unvorhergesehenen Ereignisse eintreten. Die Bedeutung eines umfassenden Versicherungsschutzes wird dabei oft erst zu spät erkannt.
Auch auf finanzieller Ebene gibt es für Apothekenbetreiber in Deutschland neue Herausforderungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied kürzlich, dass Vertretungsapotheker nun gewerbesteuerpflichtig sind. Dies bedeutet für viele freiberuflich tätige Apotheker, die in Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen tätig sind, eine zusätzliche steuerliche Belastung. Insbesondere rückwirkende Forderungen könnten zahlreiche Betroffene in finanzielle Schwierigkeiten bringen.
Ein weiteres Thema betrifft den Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die private Krankenversicherung (PKV). Für Apotheker mag die PKV verlockend erscheinen, insbesondere angesichts der zu erwartenden Beitragssteigerungen in der GKV. Doch bevor ein Wechsel in Erwägung gezogen wird, sollten Apotheker vier wesentliche Aspekte berücksichtigen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. Ein übereilter Wechsel könnte langfristig höhere Kosten verursachen.
Auch das Thema der Rente mit 63 bleibt aktuell. Seit 2014 können Arbeitnehmer, die 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben, frühzeitig in den Ruhestand treten. Für viele Apothekenmitarbeiter ist dies eine attraktive Option. Doch das Modell bringt finanzielle Einschnitte mit sich, insbesondere für diejenigen, die nicht die volle Beitragszeit erreicht haben.
Im Versandhandel bahnen sich durch das E-Rezept neue Chancen an. Walter Hess, CEO der Versandapotheke DocMorris, sieht hierin einen bedeutenden Fortschritt. Die Einführung des E-Rezepts ermöglicht es Versandapotheken, den Markt für verschreibungspflichtige Medikamente weiter zu erschließen und sich vor allem auf chronisch kranke Patienten zu konzentrieren.
Ein aktueller Fall aus Nordrhein-Westfalen zeigt jedoch, dass Apotheken weiterhin mit bürokratischen Hürden kämpfen müssen. Eine Apotheke wurde nach der korrekten Belieferung eines Entlassrezepts fast ein Jahr später unberechtigt von der Krankenkasse retaxiert. Trotz Einhaltung aller Fristen stellte sich der Fehler als Berechnungsfehler der Krankenkasse heraus.
Unterdessen sorgt das stockende Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) für Unsicherheit und Frustration. Ursprünglich sollte das Gesetz im Herbst 2023 beschlossen werden, doch aufgrund interner Abstimmungsschwierigkeiten in der Bundesregierung wurde ein Kabinettsbeschluss auf Oktober verschoben. Dies verzögert dringend notwendige Reformen im Apothekenwesen.
Auch die Legalisierung von Cannabis bleibt ein kontroverses Thema. Obwohl der Eigenanbau seit April 2023 in begrenztem Umfang erlaubt ist, beziehen 60 Prozent der Konsumenten weiterhin Cannabis aus illegalen Quellen. Dies verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen Deutschland trotz fortschreitender Legalisierungsmaßnahmen steht.
Kommentar:
Die deutsche Apothekenlandschaft ist im Wandel. Während neue Herausforderungen in Form von Cyberrisiken, Steuerbelastungen und dem Versicherungsdschungel auf die Betreiber zukommen, zeigen sich immer wieder Lücken im Risikomanagement. Ein umfassender Versicherungsschutz sollte für jede Apotheke selbstverständlich sein, doch viele Betreiber unterschätzen die Bedrohungen durch Cyberangriffe oder Naturkatastrophen. Diese Fehleinschätzungen können schwerwiegende Folgen haben, wenn Schäden eintreten und kein adäquater Schutz vorhanden ist.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs, das Vertretungsapotheker zur Gewerbesteuerpflicht verdonnert, zeigt einmal mehr die zunehmende finanzielle Belastung freiberuflich tätiger Apotheker. Viele werden von den rückwirkenden Steuerforderungen überrascht sein, die ihren ohnehin schwierigen finanziellen Spielraum weiter einschränken.
Auch der Wechsel in die private Krankenversicherung muss gut durchdacht sein. Apotheker sollten die steigenden Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung genau abwägen, bevor sie den vermeintlich attraktiveren Weg in die PKV einschlagen. Denn langfristig könnten die Kosten die Vorteile überwiegen.
Die Einführung des E-Rezepts birgt Chancen für den Versandhandel, doch auch hier sind Apothekenbetreiber weiterhin mit bürokratischen Hürden konfrontiert. Die unberechtigte Retaxation eines Entlassrezepts zeigt, dass die Friedenspflicht allein nicht ausreicht, um derartige Fehler zu verhindern. Es bedarf einer klareren und vereinfachten Abwicklung, um die Apotheken zu entlasten.
Schließlich bleibt die Legalisierung von Cannabis ein ungelöstes Problem. Die hohe Zahl an Konsumenten, die weiterhin auf illegale Quellen zurückgreifen, zeigt, dass die Legalisierungsmaßnahmen nicht ausreichen, um den Schwarzmarkt wirksam zu bekämpfen. Hier bedarf es weiterer Reformen und klarer Regelungen, um die legalen Wege attraktiver zu gestalten und den Konsum besser zu kontrollieren.
Die Apothekenbranche steht inmitten zahlreicher Herausforderungen, die sowohl politisch als auch wirtschaftlich gelöst werden müssen, um den Fortbestand und die Stabilität der Apotheken in Deutschland zu sichern.
Von Engin Günder, Fachjournalist