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Apotheken-News: Gesundheitssektor zwischen Stagnation und Neuerungen

Die Vor-Ort-Apotheken kämpfen mit stagnierenden Umsätzen und verzögerten Reformen, während rechtliche Rückschläge und Fortschritte in der Impfstoffforschung die Branche prägen

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Die Zukunft der Vor-Ort-Apotheken in Deutschland steht auf der Kippe: Aktuelle Zahlen zeigen eine Abflachung der Umsätze im Rx-Bereich, während der Eilantrag der Freien Apothekerschaft zur Überarbeitung der „Länderliste“ abgelehnt wurde. Hinzu kommen Herausforderungen bei der Bearbeitung von E-Rezepten, politische Verzögerungen bei der Apothekenreform und scharfe Kritik der Betriebskrankenkassen am Gesundheitsetat. Gleichzeitig schreiten Entwicklungen bei mRNA-Grippeimpfstoffen voran, und die WHO genehmigt den ersten Mpox-Impfstoff. Klinische Studien offenbaren zudem alarmierende Fehlerquoten bei COPD-Patienten und neue Erkenntnisse zur Auswirkung von Stress auf die Spermienmotilität.

Im August 2024 sind besorgniserregende Signale aus dem deutschen Apothekenmarkt zu vernehmen. Die jüngsten Daten des Apothekenpanels von Insight Health zeigen, dass die zuvor stabilen Verkaufs- und Umsatzzahlen ins Stocken geraten sind. Insbesondere der Rx-Bereich (rezeptpflichtige Medikamente), der bislang zu den stärksten Wachstumstreibern gehörte, zeigt nun eine Abflachung der Zahlen. Diese Entwicklung könnte ein erstes Anzeichen dafür sein, dass der langanhaltende Aufwärtstrend der Vor-Ort-Apotheken in Gefahr gerät. Dies ist besonders überraschend, da das Jahr 2024 bislang von einem stetigen Wachstum geprägt war, gestützt durch Reformen und Initiativen, die den Vor-Ort-Apotheken Vorteile im Wettbewerb sichern sollten.

Ein weiterer Rückschlag für die Apothekerschaft war das Scheitern der Freien Apothekerschaft (FA) vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Die FA hatte einen Eilantrag eingereicht, um die seit 2011 unveränderte „Länderliste“ des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) aktualisieren zu lassen. Diese Liste enthält Länder der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), deren Sicherheitsstandards im Arzneimittelversand mit den deutschen Vorschriften vergleichbar sind. Das Problem: Seit über einem Jahrzehnt ist diese Liste unverändert, obwohl sich die Rahmenbedingungen in vielen Ländern erheblich verändert haben. Die Freie Apothekerschaft argumentierte, dass die Liste überarbeitet werden müsse, um den Wettbewerb im Arzneimittelversand fairer zu gestalten. Unterstützt wurde der Antrag von sechs Apothekern und der renommierten Kanzlei Brock Müller Ziegenbein. Doch das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab und ließ die Liste unangetastet.

Neben den politischen und juristischen Herausforderungen kämpfen die Apotheken auch mit internen Problemen. Ein zentrales Thema in der Apothekenpraxis ist derzeit die Bearbeitung von E-Rezepten. Die Einführung des E-Rezepts sollte ursprünglich den Arbeitsprozess erleichtern, doch sie bringt auch neue Risiken mit sich. Insbesondere die Kombination aus Wirkstoffverordnung und dem sogenannten Aut-idem-Kreuz führt immer wieder zu Retaxationen, also Nachforderungen der Krankenkassen. Diese Konstellation kann für Apotheken finanzielle Belastungen bedeuten, wenn die Vorgaben der Krankenkassen nicht exakt eingehalten werden. Apothekenteams müssen hier mit äußerster Sorgfalt arbeiten, um diese Abrechnungsprobleme zu vermeiden und finanzielle Verluste zu minimieren.

In der politischen Debatte um die Zukunft des Gesundheitssystems steht auch der Haushaltsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für 2025 im Fokus. Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) äußerte sich in scharfer Form über den aktuellen Entwurf. Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK, kritisierte den Haushaltsplan als „schlechten Witz“ und warf dem Ministerium vor, die gravierenden finanziellen Probleme der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) nicht ernsthaft anzugehen. Diese scharfe Kritik verdeutlicht die angespannte Lage im Gesundheitssystem und wirft die Frage auf, wie der drohende Finanzierungsnotstand langfristig gelöst werden kann.

Auch die Apothekenreform, die seit Monaten auf sich warten lässt, gibt Anlass zur Sorge. Die ursprünglich für Juli 2024 geplante Kabinettsentscheidung zur Apothekenreform wurde zunächst auf August verschoben, doch nun deutet alles darauf hin, dass auch im September kein Kabinettsbeschluss erfolgen wird. Nach den aktuellen Planungen steht das Apotheken-Reformgesetz erst am Ende der Liste der zu behandelnden Vorhaben für die kommenden Wochen. Frühestens im Oktober könnte das Thema wieder auf die Agenda kommen, doch auch das ist ungewiss. Für die Vor-Ort-Apotheken bedeutet dies eine weitere Zeit der Unsicherheit, in der wichtige Strukturreformen auf sich warten lassen.

Auch die angekündigten Reformen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stehen in der Kritik. Im Herbst 2024 plant Lauterbach umfassende Änderungen im Gesundheitssystem, die eine verbesserte Gesundheitsversorgung zum Ziel haben. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zeigte sich jedoch skeptisch und bemängelte, dass die Reformpläne weder ausgereift noch realitätsnah seien. Vor allem die geplanten Einsparungen und Umstrukturierungen im Bereich der ambulanten Versorgung könnten nach Meinung der KBV zu erheblichen Versorgungsengpässen führen.

Doch nicht nur in der Politik und der Apothekenbranche tut sich viel. Auch in der medizinischen Forschung gibt es wichtige Fortschritte zu vermelden. Im Bereich der Impfstoffe hat die Entwicklung von mRNA-basierten Grippeimpfstoffen erhebliche Fortschritte gemacht. Nachdem mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 und RSV bereits erfolgreich eingesetzt wurden, arbeiten mehrere Unternehmen nun an der Entwicklung eines mRNA-Grippeimpfstoffs. Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse, und die Hoffnung ist groß, dass diese neue Technologie auch in der Grippeprävention bald zum Einsatz kommen könnte.

Eine bedeutende Nachricht erreichte die Öffentlichkeit auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese hat den ersten Impfstoff gegen Mpox, einen durch das Affenpockenvirus verursachten Krankheitserreger, offiziell genehmigt. Der Impfstoff, MVA-BN, wird von dem dänisch-deutschen Unternehmen Bavarian Nordic hergestellt und kann nun von UN-Organisationen bezogen und verteilt werden. Damit wird ein wichtiger Schritt im globalen Kampf gegen diese Krankheit gemacht.

Auch in der klinischen Praxis gibt es alarmierende Entwicklungen. Eine aktuelle Studie aus der Schweiz zeigt, dass fast 70 Prozent der Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) ihre Inhalatoren nicht korrekt anwenden. Diese erschreckend hohe Fehlerquote deutet auf gravierende Mängel in der Patientenaufklärung hin, was die Wirksamkeit der Behandlung gefährdet.

Eine weitere interessante Studie aus den USA hat einen unerwarteten Zusammenhang zwischen Stress und der Spermienmotilität bei Männern entdeckt. Die Studie zeigt, dass Stress zwar die Beweglichkeit der Spermien erhöht, jedoch erst mit einer Verzögerung von zwei bis drei Monaten. Diese Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von Stress auf die Fruchtbarkeit und könnten zu weiteren Forschungsansätzen führen.

Kommentar:

Die Entwicklungen der letzten Wochen zeichnen ein düsteres Bild für die Vor-Ort-Apotheken in Deutschland. Das Wachstum, das lange Zeit als stabil galt, scheint ins Stocken geraten zu sein. Besonders im Bereich der rezeptpflichtigen Medikamente ist die Stagnation ein Alarmsignal. Die Apotheken sehen sich zunehmend wirtschaftlichem Druck ausgesetzt, und das in einer Zeit, in der dringend Reformen notwendig wären. Doch genau hier liegt das Problem: Die Apothekenreform bleibt auf der politischen Warteliste, während der Wettbewerb durch veraltete Regelungen wie die „Länderliste“ weiter verzerrt wird.

Das Scheitern der Freien Apothekerschaft vor Gericht zeigt, wie schwierig es ist, dringend benötigte Anpassungen durchzusetzen. Die Liste, die seit über einem Jahrzehnt unverändert ist, trägt dazu bei, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln für ausländische Anbieter Vorteile bietet, während Vor-Ort-Apotheken im Wettbewerb benachteiligt werden. Eine Reform dieser Regelung ist längst überfällig, doch es fehlt der politische Wille, hier Veränderungen zu schaffen.

Zusätzlich belasten interne Probleme wie Retaxationen die Apotheken. Die Einführung des E-Rezepts war als Erleichterung gedacht, doch in der Praxis führt sie zu neuen Unsicherheiten. Fehler in der Abrechnung können für Apotheken erhebliche finanzielle Einbußen bedeuten, und es bedarf eines hohen Maßes an Sorgfalt, um diese Risiken zu minimieren.

Auch auf politischer Ebene sieht es düster aus. Die Kritik der Betriebskrankenkassen am Haushaltsentwurf des Gesundheitsministeriums zeigt, dass das gesamte Gesundheitssystem auf brüchigen Säulen steht. Die finanziellen Probleme der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung werden nicht ernsthaft angegangen, und es ist unklar, wie diese Herausforderungen langfristig gelöst werden sollen.

Während auf der einen Seite der Reformstau wächst, gibt es auf der anderen Seite vielversprechende Fortschritte in der Medizintechnik. Die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen, insbesondere gegen Grippe, zeigt, dass es auch positive Entwicklungen gibt. Doch ohne die notwendigen politischen und wirtschaftlichen Reformen wird es schwer sein, diese Innovationen in einem kriselnden Gesundheitssystem nachhaltig zu verankern.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Apotheken, Politik und Krankenkassen stehen vor großen Herausforderungen, und es wird notwendig sein, dringend benötigte Reformen durchzuführen, um das Gesundheitssystem wieder auf einen stabilen Kurs zu bringen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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