Parallel dazu ist ein Rückgang im Interesse an Videosprechstunden zu beobachten. Während der Corona-Pandemie stiegen die digitalen Gesundheitsangebote dramatisch an. Im Jahr 2020 wurden bei der Techniker Krankenkasse (TK) rund 709.000 Videosprechstunden abgerechnet, ein Anstieg gegenüber den 358 im Jahr 2019. Doch im vergangenen Jahr sank die Zahl auf 576.000, was einem Rückgang von etwa 40 Prozent entspricht. Dieser Rückgang deutet darauf hin, dass das anfängliche Interesse an digitalen Gesundheitslösungen möglicherweise nicht langfristig gesichert ist.
Zusätzlich sehen sich Apotheken mit der Problematik steigender Medikamentenpreise konfrontiert. Ein Beispiel hierfür ist das Medikament Berinert, das zur Behandlung des Hereditären Angioödems eingesetzt wird und im Einkauf rund 82.400 Euro kostet. Die finanziellen Herausforderungen durch solche hochpreisigen Medikamente sind enorm, insbesondere für kleinere Apotheken, die ohne Unterstützung ihrer Familien oft kaum in der Lage wären, diese Kosten zu tragen.
Ein weiteres besorgniserregendes Thema ist der illegale Online-Handel mit Semaglutid, einem Medikament zur Gewichtsreduktion, das in letzter Zeit zunehmend beliebt geworden ist. Studien zeigen, dass der rezeptfreie Erwerb dieses Medikaments erhebliche Gesundheitsrisiken birgt. US-Giftnotrufzentralen haben einen Anstieg der Anrufe zu Semaglutid um 1500 Prozent verzeichnet, was die Dringlichkeit verstärkter Pharmakovigilanz unterstreicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gesundheitswesen in Deutschland vor einer Vielzahl von Herausforderungen steht, die sowohl finanzielle als auch gesundheitliche Aspekte betreffen. Die Entwicklungen in der digitalen Gesundheitsversorgung, die Kosten für Medikamente und die Risiken des illegalen Arzneimittelhandels sind drängende Probleme, die sowohl für Apotheken als auch für Patienten von großer Bedeutung sind.
Kommentar:
Die aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen offenbaren ein komplexes Netz von Herausforderungen, die dringend adressiert werden müssen. Der Druck auf Apotheken durch insolvente Rezeptabrechner stellt nicht nur eine finanzielle Bedrohung dar, sondern erfordert auch strukturelle Anpassungen im Abrechnungssystem. Der Rückgang der Videosprechstunden zeigt, dass digitale Gesundheitslösungen möglicherweise nicht das langfristige Allheilmittel sind, für das sie anfänglich gehalten wurden. Es ist entscheidend, dass die Branche nicht nur auf die kurzfristigen Trends reagiert, sondern auch nachhaltige digitale Strategien entwickelt.
Die steigenden Kosten für Medikamente wie Berinert verdeutlichen die wachsende Belastung für Apotheken und die Notwendigkeit eines gerechteren Preismodells im Arzneimittelmarkt. Gleichzeitig stellt der illegale Online-Handel mit Semaglutid eine ernsthafte Gesundheitsgefahr dar, die dringende Maßnahmen zur besseren Kontrolle und Aufklärung erfordert. Die Gesundheitsbranche steht vor der Aufgabe, innovative und integrative Lösungen zu finden, um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen und die Versorgungssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.
Von Engin Günder, Fachjournalist