Staatliche Hilfe für Werft im Emsland: Apotheken bleiben im Stich
Der Bund und das Land Niedersachsen haben entschieden, die Meyer Werft in Papenburg zu unterstützen, um die Zukunft des traditionsreichen Unternehmens zu sichern. Die Werft, bekannt für die Herstellung von Luxusschiffen, ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Region, wo rund 18.000 Arbeitsplätze an dem Unternehmen hängen. Trotz voller Auftragsbücher kämpft die Werft mit finanziellen Problemen, die ihre Kreditwürdigkeit beeinträchtigen. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte bei einer Betriebsversammlung der Werft an, dass der Bund bereit sei, dem Unternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Der benötigte Betrag bis Ende 2027 beläuft sich auf über 2,7 Milliarden Euro, der als staatliche Unterstützung für einige Jahre bereitgestellt werden soll.
Im Gegensatz zur Unterstützung der Werft steht die Lage der Apotheken in Niedersachsen, die weiterhin um finanzielle Unterstützung kämpfen. Trotz einer vergleichbaren Anzahl an Arbeitsplätzen – Ende 2023 waren es 16.686 – und ihrer Schlüsselrolle im Gesundheitssystem sehen sich Apotheken mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Die Apothekerkammer und der Landesapothekerverband haben beim Sommerfest in Hannover auf die Dringlichkeit der Situation hingewiesen. Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbands Niedersachsen, kritisierte die unzureichende Vergütung der Apotheken, die lediglich 2 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen ausmacht, während die Verwaltungskosten der Krankenkassen mehr als doppelt so hoch sind. Er forderte eine Erhöhung des Packungshonorars auf 12 Euro sowie eine Anhebung der Lieferengpasspauschale.
Die Herausforderungen für die Apotheken wurden durch die Corona-Pandemie weiter verschärft, in der sie eine zentrale Rolle bei der Arzneimittelversorgung gespielt haben. Groeneveld und Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, appellierten an die Politik, keine unzureichenden Reformen einzuführen und betonten die Notwendigkeit einer verlässlichen politischen und wirtschaftlichen Basis für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Apotheken.
In Niedersachsen finden die Apotheken Unterstützung von der Landespolitik. Claudia Schröder vom Landesgesundheitsministerium hob die Bedeutung der Apotheken für die Versorgungssicherheit und die notwendige fachliche Beratung der Patienten hervor. Der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi setzt sich auch auf Bundesebene für die Apotheken ein und betonte die Notwendigkeit, die Apotheken als Teil des Mittelstands zu erhalten und zu stärken.
Hannovers Bürgermeister Thomas Klapproth wies auf die dramatische Entwicklung hin, die sich in der Schließung von Apotheken widerspiegelt, und betonte die essentielle Rolle der Apotheken für die dezentrale Arzneimittelversorgung und ihre soziale Funktion. Er betonte, dass diese Rolle nicht durch Online-Angebote ersetzt werden könne und dass es von politischer und gesellschaftlicher Bedeutung sei, die Apotheken ökonomisch zu stabilisieren.
Trotz der Herausforderungen und der anhaltenden Unsicherheit bei der Rettung der Apotheken endete der Abend des Sommerfestes mit einem gewissen Maß an Zuversicht. Die Vertreter der Apothekerkammer und des Landesapothekerverbands schätzten die gute Zusammenarbeit mit dem Land und nutzten die Gelegenheit, in persönlichen Gesprächen die Problematik der Apotheken weiter zu erläutern.
Die finanzielle Unterstützung der Meyer Werft durch den Bund und das Land Niedersachsen ist ein klares Zeichen der Wertschätzung für ein Unternehmen, das eine Schlüsselrolle in der maritimen Wirtschaft spielt und Tausende von Arbeitsplätzen sichert. Doch während die Politik bereit ist, Milliarden für die Rettung der Werft bereitzustellen, bleibt die Unterstützung für die Apotheken, die ebenfalls eine zentrale Rolle im Gesundheitssystem spielen, weiterhin unzureichend. Die Apotheker in Niedersachsen sind seit langem auf der Suche nach einer stabilen finanziellen Grundlage, um ihre wichtige Aufgabe der Arzneimittelversorgung aufrechterhalten zu können. Die Forderungen nach einer Erhöhung des Packungshonorars und der Lieferengpasspauschale sind berechtigt und spiegeln die Realität wider, dass Apotheken nicht nur als Dienstleister, sondern als unverzichtbare Säule des Gesundheitswesens betrachtet werden sollten. Die Politik muss erkennen, dass die wertvolle Arbeit der Apotheken nicht nur in Krisenzeiten von Bedeutung ist, sondern eine kontinuierliche Unterstützung benötigt, um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung langfristig sicherzustellen. Die Differenzierung in der Unterstützung zwischen der Werft und den Apotheken zeigt eine problematische Ungleichgewichtung der Prioritäten, die dringend angeglichen werden muss, um die Integrität des gesamten Gesundheitssystems zu wahren.
Bundesarbeitsgericht stärkt Vorrang älterer Tarifverträge bei Entgeltumwandlung
In einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat der Dritte Senat entschieden, dass tarifvertragliche Regelungen zur Entgeltumwandlung auch dann von den gesetzlichen Vorgaben abweichen können, wenn der Tarifvertrag bereits vor Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes geschlossen wurde. Konkret ging es in dem Fall um einen Holzmechaniker, der seit 1982 bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist und seit 2019 Teile seines Gehalts gemäß einem Tarifvertrag zur Altersversorgung umwandelt.
Der Tarifvertrag, der seit 2009 Anwendung findet, wurde zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG Metall im Dezember 2008 geschlossen. Er gewährt den Arbeitnehmern, die eine Entgeltumwandlung vornehmen, einen zusätzlichen Altersvorsorgegrundbetrag in Höhe des 25-fachen des Facharbeiter-Ecklohns. Der Mitarbeiter forderte jedoch, dass ihm ab dem 1. Januar 2022 zusätzlich ein Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % gemäß § 1a Abs. 1a des Betriebsrentengesetzes gewährt wird. Seiner Ansicht nach könne der Tarifvertrag, der vor dem Inkrafttreten dieser Regelung abgeschlossen wurde, den Anspruch auf den Zuschuss nicht ausschließen.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte die Klage des Arbeitnehmers bereits in der Vorinstanz abgewiesen, und auch das Bundesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Gericht stellte klar, dass von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung abweichende Regelungen auch in Tarifverträgen enthalten sein können, die vor dem Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2018 abgeschlossen wurden. Der Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008 stellt demnach eine solche abweichende Regelung dar, die den Anspruch auf den zusätzlichen Arbeitgeberzuschuss ausschließt.
Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung tarifvertraglicher Regelungen und die Möglichkeit, dass ältere Tarifverträge von neuen gesetzlichen Bestimmungen abweichen können, was in der Praxis für zahlreiche Arbeitnehmer und Arbeitgeber relevant sein dürfte.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wirft ein Schlaglicht auf die weiterhin bestehende Macht von Tarifverträgen in der deutschen Arbeitswelt. Es unterstreicht die Bedeutung kollektivvertraglicher Vereinbarungen und deren Vorrang vor gesetzlichen Bestimmungen, selbst wenn diese später eingeführt wurden.
Für Arbeitnehmer mag dies auf den ersten Blick enttäuschend wirken, insbesondere wenn sie hoffen, von neuen gesetzlichen Regelungen wie dem Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung zu profitieren. Doch es zeigt sich hier auch die Stärke der Tarifautonomie, die es den Tarifparteien ermöglicht, maßgeschneiderte Lösungen für spezifische Branchen und Regionen zu entwickeln – oft mit langfristigen Vorteilen, die über gesetzliche Mindestanforderungen hinausgehen.
Für Arbeitgeber bedeutet das Urteil eine gewisse Planungssicherheit. Es bestätigt, dass einmal geschlossene Tarifverträge nicht leicht durch neue gesetzliche Vorgaben ausgehebelt werden können. Dies ist besonders in Zeiten wichtig, in denen Unternehmen unter wirtschaftlichem Druck stehen und sich auf bestehende Regelungen verlassen müssen.
Letztlich ist das Urteil ein Appell an beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber –, die Bedeutung und Tragweite von Tarifverträgen zu erkennen und diese aktiv mitzugestalten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Interessen beider Parteien auch in Zukunft ausgewogen berücksichtigt werden.
Gericht setzt klare Grenzen für Mieterhöhungen: Inflation kein Grund für Zuschläge
Das Landgericht München I hat mit einem Urteil vom 17. Juli 2024 (Az.: 14 S 3692/24) klargestellt, dass eine Mieterhöhung, die über den im Mietspiegel festgelegten Rahmen hinausgeht, nicht allein mit einem Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) begründet werden kann. In dem wegweisenden Urteil entschied das Gericht, dass Vermieter sich nicht auf die gestiegene Inflation berufen können, um Mieten über die ortsüblichen Vergleichswerte hinaus zu erhöhen.
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Vermieterin die Zustimmung des Mieters zu einer Erhöhung der Miete verlangt, die den aktuellen Mietspiegel übersteigen sollte. Als Begründung führte sie an, dass die allgemeine Inflationsrate seit der Erstellung des Mietspiegels erheblich gestiegen sei und eine Anpassung der Miete entsprechend notwendig sei. Das Amtsgericht München hatte die Klage jedoch abgewiesen, da es keine außergewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete erkennen konnte.
Das Landgericht München I bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und betonte, dass der Verbraucherpreisindex keine hinreichende Grundlage für eine Erhöhung der Miete über den Mietspiegel hinaus darstellt. Auch wenn den Gerichten grundsätzlich ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, um in besonderen Fällen einen sogenannten „Stichtagszuschlag“ zu gewähren, müsse hierfür eine außergewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete vorliegen. Ein Anstieg des Indexes für Nettokaltmieten in Bayern um etwas mehr als 3% sei jedoch nicht als außergewöhnlich zu werten.
Das Gericht stellte zudem fest, dass der Verbraucherpreisindex keine spezifischen Aussagen über die Entwicklung der Wohnungsmieten trifft und daher nicht als Maßstab für Mieterhöhungen herangezogen werden kann. Dieses Urteil setzt wichtige Grenzen für die Praxis der Mietpreisgestaltung und dürfte weitreichende Auswirkungen auf die Mietverhältnisse in München und darüber hinaus haben.
Das Urteil des Landgerichts München I ist ein klarer Sieg für die Mieter und setzt ein starkes Signal gegen ungerechtfertigte Mieterhöhungen. In einer Zeit, in der die Inflation viele Lebensbereiche betrifft, ist es umso wichtiger, dass Mieten nicht willkürlich erhöht werden können. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass der Mietspiegel weiterhin der maßgebliche Referenzrahmen bleibt und nicht durch allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen ausgehöhlt werden darf.
Die Entscheidung schützt Mieter vor einer inflationären Spirale, die durch spekulative und unkontrollierte Mietsteigerungen entstehen könnte. Gleichzeitig stellt das Urteil sicher, dass die Mietpreise in einem transparenten und nachvollziehbaren Rahmen bleiben, der sich an den tatsächlichen Gegebenheiten des Mietmarktes orientiert. Dies ist nicht nur fair, sondern auch notwendig, um das Vertrauen in den Wohnungsmarkt zu erhalten.
Vermieter müssen sich weiterhin an den Mietspiegel halten und können nicht pauschal auf die Inflation verweisen, um höhere Mieten zu rechtfertigen. Dies sorgt für Stabilität und Planbarkeit sowohl für Mieter als auch für Vermieter. Das Urteil des Landgerichts München I stärkt somit das Recht der Mieter auf eine angemessene und verhältnismäßige Mietpreisgestaltung und setzt gleichzeitig klare Grenzen für überzogene Forderungen seitens der Vermieter.
BGH stärkt Verbraucherrechte: Unklare Klauseln in Auslandsreisekrankenversicherungen unwirksam
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem richtungsweisenden Urteil zur Auslandsreisekrankenversicherung die Rechte der Versicherten gestärkt. Im Zentrum des Falls stand ein Mann, der während eines Urlaubs in Florida aufgrund einer Entgleisung seines Diabetes Mellitus Typ 2 stationär behandelt werden musste. Der Kläger hatte eine Auslandsreisekrankenversicherung abgeschlossen, die für die Behandlungskosten von rund 35.000 Euro aufkam. Gleichzeitig war er über eine Kreditkarte (Miles & More Credit Card) durch eine zweite Auslandsreisekrankenversicherung abgesichert.
Als der erste Versicherer, der die Behandlungskosten getragen hatte, die Hälfte der Kosten vom zweiten Versicherer zurückforderte, verweigerte dieser die Beteiligung. Der Kreditkartenversicherer berief sich auf eine Klausel, die Leistungen ausschließt, wenn der versicherten Person bei der Beantragung der Kreditkarte oder der Reisebuchung ein medizinischer Zustand bekannt war. In diesem Fall war dem Versicherten sein Diabetes bei Reiseantritt bekannt.
Der BGH entschied jedoch, dass die Ausschlussklausel in den Versicherungsbedingungen des Kreditkartenversicherers gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße. Die Richter erklärten, dass die Formulierung „bekannter medizinischer Zustand“ für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ausreichend verständlich sei. Eine solche Klausel müsse klar und eindeutig formuliert sein, damit der Versicherungsnehmer den Umfang des Versicherungsschutzes und die damit verbundenen Einschränkungen erkennen könne.
Da der Begriff „bekannter medizinischer Zustand“ unklar blieb und keine eindeutige Beziehung zu möglichen Versicherungsfällen herstellte, erklärte der BGH die Klausel für intransparent und damit unwirksam. Der Fall wurde zur weiteren Klärung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun unter anderem die Höhe eines möglichen Ersatzanspruchs sowie relevante Wechselkurse ermitteln.
Dieses Urteil des BGH verdeutlicht, dass Versicherungsbedingungen so formuliert sein müssen, dass sie für den Versicherungsnehmer eindeutig und verständlich sind. Insbesondere bei Klauseln, die den Versicherungsschutz einschränken, ist Transparenz von entscheidender Bedeutung.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist ein wichtiger Schritt in Richtung Verbraucherschutz und Transparenz in der Versicherungsbranche. In einer Zeit, in der Versicherungsverträge immer komplexer werden, ist es unerlässlich, dass Versicherte genau wissen, welche Leistungen sie erwarten können und welche nicht. Die Entscheidung, dass unklare Klauseln in Versicherungsverträgen unwirksam sind, setzt ein klares Signal an die Versicherungswirtschaft: Vertragsbedingungen müssen so formuliert sein, dass sie auch für Laien verständlich sind.
Es kann nicht sein, dass Versicherungsnehmer durch juristische Spitzfindigkeiten in Klauseln benachteiligt werden. Intransparente Formulierungen schaffen Unsicherheit und können im Schadensfall existenzielle Folgen für den Versicherten haben. Der BGH hat mit diesem Urteil klar gemacht, dass der Schutz der Verbraucherinteressen Vorrang hat.
Für die Versicherungsunternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Vertragsbedingungen überarbeiten müssen, um sicherzustellen, dass diese klar, verständlich und transparent sind. Nur so kann das Vertrauen der Versicherten in die Versicherungsbranche langfristig gesichert werden. Dieses Urteil sollte daher als Anlass genommen werden, die Praxis der Formulierung von Versicherungsbedingungen grundlegend zu überdenken und zu verbessern.
Vermieter haften für Müllgebühren ihrer Mieter: Gericht bestätigt Verantwortung
Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg sorgt für Aufsehen: Vermieter können für die Abfallgebühren ihrer Mieter zur Kasse gebeten werden, wenn diese nicht zahlen. Das Gericht wies die Klage eines Vermieters ab, der gegen eine Zahlungsaufforderung der Stadt Freiburg für Abfallgebühren aus dem Jahr 2018 geklagt hatte. Zuvor hatte die Stadt erfolglos versucht, die Gebühren beim Mieter einzutreiben. Nachdem die Mahnungen unbeachtet blieben, richtete sich die Stadt schließlich an den Vermieter.
Das Gericht stellte klar, dass gemäß der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Freiburg sowohl Mieter als auch Vermieter als Gesamtschuldner für die Abfallgebühren haften. Damit kann die Stadt nach eigenem Ermessen entscheiden, von welchem Schuldner sie die Zahlung einfordert, solange diese Entscheidung nicht willkürlich oder unbillig ist. Eine Vollstreckung gegen den Mieter sei nicht zwingend erforderlich.
Die Regelung zielt darauf ab, den Verwaltungsaufwand und das Kostenrisiko zu reduzieren. Für Vermieter bedeutet dies, dass sie unter Umständen die Abfallgebühren vorstrecken müssen, um sie anschließend über die Nebenkostenabrechnung von ihren Mietern zurückzufordern. Das Gericht betonte jedoch, dass Vermieter die Möglichkeit haben, bei der Stadt eine vorrangige Zahlungsaufforderung zu beantragen, sodass sie im Falle eines Zahlungsausfalls des Mieters zuerst zur Zahlung herangezogen werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Vermieter kann gegen die Entscheidung in Berufung gehen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg dürfte jedoch weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Abfallgebührenerhebung haben und verdeutlicht die potenziellen finanziellen Risiken für Vermieter.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg ist ein Weckruf für alle Vermieter. Es unterstreicht die Verantwortung, die mit dem Eigentum an einer vermieteten Immobilie einhergeht, und zeigt gleichzeitig, dass Vermieter als letzte Instanz zur Kasse gebeten werden können, wenn Mieter ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Es ist verständlich, dass die Stadt Freiburg den einfachsten Weg wählt, um ausstehende Abfallgebühren einzutreiben. Doch dass Vermieter damit in Vorleistung treten müssen, könnte zu Unmut führen.
Es ist von zentraler Bedeutung, dass Vermieter sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst sind und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um sich gegen Zahlungsausfälle abzusichern. Das bedeutet nicht nur, die Bonität der Mieter im Vorfeld gründlich zu prüfen, sondern auch, frühzeitig den Dialog mit der Stadt zu suchen, um eine vorrangige Zahlungsaufforderung zu beantragen.
Langfristig sollte jedoch darüber nachgedacht werden, ob diese Praxis fair ist. Vermieter tragen bereits zahlreiche finanzielle und administrative Lasten, und die Übernahme der Abfallgebühren im Falle eines zahlungsunfähigen Mieters könnte die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Es bleibt abzuwarten, ob höhere Instanzen diese Praxis bestätigen oder den Schutz der Vermieter stärken werden. Bis dahin bleibt den Vermietern nur, sich bestmöglich zu wappnen und ihre Forderungen konsequent zu verfolgen.
Flucht aus teuren Mischfonds: Deutsche Anleger setzen verstärkt auf Aktien-ETFs
Seit der Zinswende und der damit einhergehenden steigenden Attraktivität von Festgeldanlagen erleben teure Mischfonds einen erheblichen Rückgang an Anlegerinteresse. Deutsche Privatanleger, die jahrelang auf diese Anlageform gesetzt hatten, ziehen sich zunehmend zurück und investieren verstärkt in kostengünstigere Alternativen wie Aktien-ETFs. Der Trend, der sich bereits im vergangenen Jahr abzeichnete, setzte sich auch im ersten Halbjahr 2024 unvermindert fort.
Mischfonds galten lange Zeit als beliebte Wahl für Anleger, die sowohl von Aktien als auch von Anleihen profitieren wollten, ohne sich aktiv um das Management ihrer Anlagen kümmern zu müssen. Doch die Kostenstruktur dieser Fonds, die oft aus hohen Verwaltungsgebühren und geringen Renditen bestand, führte in den letzten Jahren vermehrt zu Kritik. Mit der Zinswende und dem damit einhergehenden Anstieg der Renditen für sicherere Anlageformen wie Staatsanleihen und Festgeld, verloren Mischfonds weiter an Attraktivität.
Gleichzeitig erfreuen sich Aktien-ETFs, die oft deutlich geringere Gebühren aufweisen, immer größerer Beliebtheit. Sie bieten Anlegern eine kostengünstige Möglichkeit, breit gestreut in Aktienmärkte zu investieren, ohne die hohen Kosten, die mit aktiv gemanagten Fonds einhergehen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Mittelzuflüssen wider: Während Mischfonds im ersten Halbjahr 2024 erhebliche Abflüsse verzeichneten, konnten Aktien-ETFs ihre Position weiter ausbauen.
Auch offene Immobilienfonds, die in den vergangenen Jahren als stabiles Investment galten, sind von dieser Entwicklung betroffen. Die anhaltende Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt und die gestiegenen Zinsen haben zu einem Rückgang des Interesses geführt. Viele Anleger ziehen es vor, ihre Investitionen umzuschichten und die Sicherheit festverzinslicher Anlagen zu nutzen.
Die Abkehr von teuren Mischfonds und die Hinwendung zu kostengünstigen Aktien-ETFs sind ein Zeichen dafür, dass deutsche Privatanleger zunehmend kostenbewusster werden. In Zeiten, in denen niedrige Zinsen und hohe Inflationsraten die Erträge schmälern, suchen Anleger verstärkt nach Möglichkeiten, ihre Rendite zu maximieren und gleichzeitig die Kosten zu minimieren. Aktien-ETFs bieten hier eine willkommene Alternative zu den oft intransparenten und teuren Mischfonds.
Die Finanzindustrie steht vor der Herausforderung, auf diese veränderten Präferenzen der Anleger zu reagieren. Die Zeiten, in denen hohe Verwaltungsgebühren als selbstverständlich hingenommen wurden, sind vorbei. Anleger verlangen zunehmend nach Transparenz und fairen Kostenstrukturen. Wenn die Fondsgesellschaften nicht auf diesen Trend reagieren, drohen weitere Abflüsse, die das Geschäftsmodell vieler Anbieter ernsthaft infrage stellen könnten.
Diese Entwicklung zeigt auch, dass der deutsche Privatanleger mündiger und informierter wird. Die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen und die wachsende Zahl kostengünstiger Alternativen führen dazu, dass Anleger bewusster entscheiden, wo sie ihr Geld investieren. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzindustrie bereit ist, diesen Wandel zu akzeptieren und entsprechend zu reagieren.
Anhaltende Lieferengpässe bei Antibiotikasäften: Versorgungssituation bleibt kritisch
Eltern verlassen sich darauf, dass verschriebene Medikamente ihren Kindern helfen, nicht schaden. Umso dringlicher ist es, dass Ärzte und Apotheker sorgfältig abwägen, bevor sie diese Medikamente verordnen. Die erschreckend hohe Zahl an SJS/TEN-Fällen zeigt, dass hier noch viel Aufklärungsarbeit nötig ist. Zudem muss die Gefahr des protopathischen Bias, bei dem fiebersenkende Mittel irrtümlich als Auslöser verdächtigt werden, bei der Diagnose berücksichtigt werden.
Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit einer engmaschigen Überwachung und schnellen Reaktion bei den ersten Anzeichen einer schweren Hautreaktion. Der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika und anderen potenziell gefährlichen Medikamenten ist ein Muss – nicht nur im Sinne der individuellen Patientensicherheit, sondern auch im Hinblick auf das Vertrauen in das Gesundheitssystem. Es liegt an uns allen, von den Daten dieser Studie zu lernen und sicherzustellen, dass solche tragischen Fälle in Zukunft verhindert werden.
Die Versorgung mit Antibiotikasäften bleibt in Deutschland weiterhin angespannt. Besonders betroffen sind Medikamente für Kinder, wie die Diskussionen im Juni 2023 beim Beirat nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) zeigten. Trotz Bemühungen, die Lieferengpässe zu beheben, hat sich die Situation seit dem vergangenen Winter nicht wesentlich verbessert. Ende April 2023 sah sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gezwungen, offiziell einen Versorgungsmangel gemäß § 79 Absatz 5 AMG für antibiotikahaltige Säfte für Kinder zu erklären.
Auf der Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe stehen weiterhin wichtige antibiotische Kindersäfte, die Wirkstoffe wie Amoxicillin oder Penicillin enthalten. Für Infectocillin Saft 400 und 500 von Infectopharm wird das Ende des Engpasses erst für April 2025 erwartet. Auch der Cefadroxil-haltige Trockensaft von 1 A Pharma wird voraussichtlich erst Ende Oktober 2023 wieder lieferbar sein.
Der Beirat stellte fest, dass ein Versorgungsmangel für antibiotikahaltige Säfte bei Kindern weiterhin besteht, insbesondere bei den Wirkstoffen Penicillin V, Amoxicillin, Clarithromycin, Cefadroxil und Sultamicillin. Zwar konnten durch Importe einige Engpässe vorübergehend entschärft werden, jedoch bleibt die allgemeine Lage angespannt.
Doch die Problematik betrifft nicht nur Kinder. Auch orale Darreichungsformen für Erwachsene, darunter Medikamente mit Amoxicillin, Azithromycin und Doxycyclin, sind knapp. Besonders besorgniserregend ist dies, da Doxycyclin zur Behandlung sexuell übertragbarer Krankheiten (STI) eingesetzt wird. Die Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä), die Deutsche Aidshilfe (DAH) und die Vertretung HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA) schlagen Alarm. Laut DAHKA-Vorstand Erik Tenberken ist die Situation ernst: „Wir zehren von Vorräten und kratzen Restbestände zusammen – lange geht das nicht mehr gut.“
Um die Versorgung mit Doxycyclin in Deutschland vorübergehend zu sichern, wurde in Einzelfällen die Freigabe von Medikamenten in englischer, französischer und portugiesischer Verpackung erlaubt. Diese Maßnahme ist jedoch zeitlich begrenzt und verdeutlicht die Dringlichkeit, die bestehenden Engpässe langfristig zu lösen.
Die anhaltenden Lieferengpässe bei Antibiotikasäften und anderen wichtigen Arzneimitteln werfen ein grelles Licht auf die Verwundbarkeit unseres Gesundheitssystems. Dass Kinder und Erwachsene gleichermaßen von der Knappheit betroffen sind, zeigt, wie weitreichend die Konsequenzen sind, wenn die Lieferketten für lebenswichtige Medikamente ins Stocken geraten. Es ist alarmierend, dass trotz früherer Warnungen und temporärer Maßnahmen keine nachhaltigen Lösungen in Sicht sind.
Das Vertrauen in die Fähigkeit, in Deutschland eine stabile Versorgung mit essenziellen Medikamenten sicherzustellen, ist ernsthaft erschüttert. Kurzfristige Maßnahmen wie der Import fremdsprachig etikettierter Arzneimittel können zwar kurzfristige Lücken füllen, lösen aber nicht das zugrunde liegende Problem. Hier sind langfristige Strategien gefordert, die sowohl die Produktion als auch die Verfügbarkeit von Medikamenten sichern.
Die Verantwortung liegt nicht allein bei der Politik, sondern auch bei den Pharmaunternehmen, die ihre Produktions- und Lieferketten an die gestiegene Nachfrage anpassen müssen. Die Gesundheit der Bevölkerung darf nicht von logistischen Herausforderungen oder wirtschaftlichen Überlegungen abhängen. Eine Lösung ist dringend nötig, bevor der Mangel an Antibiotika zu einer echten Gesundheitskrise eskaliert.
Schicksalstag für die Apotheken: Proteste sollen Reform erzwingen
In der kommenden Woche steht für die Apothekerschaft ein entscheidender Moment bevor: Am Mittwoch finden in Erfurt und Dresden zwei Protestkundgebungen statt, die von vielen als Schlüsselmoment im Kampf für eine Reform des Apothekensektors angesehen werden. Die Veranstaltungen, die von der Freien Apothekerschaft unter der Führung von Daniela Hänel initiiert wurden, zielen darauf ab, die stockende Apothekenreform wieder auf die politische Agenda zu bringen.
Die Apothekenreform, die seit Monaten auf Eis zu liegen scheint, hat bisher wenig Unterstützung durch die ABDA, die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, erfahren. Dies hat die Vorbereitungen für die Protestaktionen erschwert, dennoch betonen die Organisatoren die Bedeutung des Timings: Nur wenige Tage nach den Kundgebungen finden in Sachsen und Thüringen Landtagswahlen statt, die durch eine starke Beteiligung von Apothekerinnen und Apothekern neuen Druck auf die politischen Entscheidungsträger ausüben könnten.
Ein weiterer Faktor, der die Dringlichkeit der Demonstrationen unterstreicht, ist die Wahlkampftour von Bundeskanzler Olaf Scholz. Der Kanzler wird in der kommenden Woche mehrere Städte in den betroffenen Bundesländern besuchen, darunter Jena und Chemnitz. Daniela Hänel, Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, appelliert an ihre Kolleginnen und Kollegen, die Gelegenheit zu nutzen, um die Apothekenreform zu einem zentralen Wahlkampfthema zu machen.
Die Resonanz auf die Protestaufrufe bleibt jedoch verhalten. Berichten zufolge haben einige Bundesländer Schwierigkeiten, genügend Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die organisierten Busse zu mobilisieren. In Hessen und Baden-Württemberg musste die Teilnahme mangels Resonanz teilweise abgesagt werden. Auch in Sachsen und Thüringen, den Gastgeberländern der Kundgebungen, bleiben die Anmeldezahlen hinter den Erwartungen zurück.
Trotzdem gibt es auch positive Signale: In Bayern hat der Apothekerverband seinen Mitgliedern zugesagt, die Fahrtkosten nach Erfurt zu übernehmen, um die Teilnahme zu erleichtern. Die Resonanz bleibt jedoch auch hier gering, was auf die Ferienzeit und damit verbundene Personalengpässe zurückgeführt wird.
Die Proteste finden am Mittwoch von 15 bis 17 Uhr auf dem Postplatz in Dresden und vor der Staatskanzlei in Erfurt statt. Beide Veranstaltungen sind inhaltlich miteinander verbunden und werden über Videoleinwände simultan übertragen. Zu den Rednerinnen und Rednern gehören prominente Vertreter der Apothekerschaft sowie politische Akteure aus Sachsen und Thüringen, darunter die Gesundheitsministerinnen Heike Werner und Petra Köpping sowie führende Vertreter der CDU und FDP.
Ob diese Kundgebungen die erhoffte Wirkung zeigen und die Apothekenreform wieder in den Fokus der politischen Debatte rücken können, wird sich in den kommenden Tagen zeigen.
Die Apotheken stehen am Scheideweg. Der Protest am kommenden Mittwoch könnte das Zünglein an der Waage sein, das über den Erfolg oder das Scheitern der Reformbemühungen entscheidet. Doch die geringe Resonanz auf die Protestaufrufe ist ein alarmierendes Zeichen. Es scheint, als habe die Apothekerschaft ihren Kampfgeist verloren – und das in einer Zeit, in der es mehr denn je auf Geschlossenheit und Entschlossenheit ankommt.
Die Apothekenreform ist längst überfällig. Die andauernde Hängepartie schadet nicht nur den Apotheken, sondern auch den Patientinnen und Patienten, die auf eine zuverlässige Versorgung angewiesen sind. Die Politik muss endlich erkennen, dass die Apotheken ein unverzichtbarer Bestandteil des Gesundheitssystems sind, und entsprechend handeln. Doch dazu braucht es auch den Druck von der Basis.
Dass einige Bundesländer Schwierigkeiten haben, Teilnehmer für die Kundgebungen zu mobilisieren, ist besorgniserregend. Die Apotheken dürfen jetzt nicht auf den letzten Metern einbrechen. Gerade in einer so entscheidenden Phase muss die Branche Geschlossenheit zeigen. Es darf nicht zugelassen werden, dass die Apothekenreform in den Mühlen der Bürokratie zermahlen wird.
Die bevorstehenden Landtagswahlen und die Wahlkampftour von Olaf Scholz bieten eine einmalige Gelegenheit, die Anliegen der Apothekenbranche auf höchster politischer Ebene zu platzieren. Diese Chance darf nicht ungenutzt bleiben. Jetzt gilt es, ein starkes Signal zu setzen – für die Apotheken, für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Patientinnen und Patienten.
Die Zeit des Abwartens ist vorbei. Es ist Zeit zu handeln.
Engpass bei Azithromycin: Alternativen und Herausforderungen in der Arzneimittelversorgung
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt vor einem Lieferengpass bei Azithromycin-haltigen Medikamenten. Der Engpass betrifft mehrere Hersteller, weshalb Ärzte und Patienten auf Alternativen ausweichen müssen. Azithromycin, ein gängiges Makrolid-Antibiotikum, wird häufig zur Behandlung von Infektionen der Atemwege und sexuell übertragbaren Krankheiten wie Gonorrhoe und Chlamydien eingesetzt. Aufgrund seiner langen Halbwertszeit und seines geringen Interaktionspotenzials gilt es in vielen Leitlinien als Mittel der Wahl.
Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) hat aufgrund der Engpässe eine Handlungsanleitung veröffentlicht. Darin wird Clarithromycin als mögliche Alternative empfohlen. Das ebenfalls zur Gruppe der Makrolid-Antibiotika gehörende Medikament deckt ein ähnliches Erregerspektrum ab, muss jedoch häufiger und über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Die Standarddosierung für Clarithromycin liegt bei zweimal täglich 500 mg, bei leichten Infektionen können auch zweimal 250 mg ausreichend sein.
Bei der Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen, insbesondere Gonorrhoe und Chlamydien, ist Clarithromycin jedoch keine geeignete Alternative. Die DGI betont, dass in der wissenschaftlichen Literatur keine ausreichenden Belege für die Wirksamkeit von Clarithromycin bei diesen Erregern vorliegen. Als Alternativmedikament wird in solchen Fällen häufig Doxycyclin empfohlen, doch auch dieses Antibiotikum ist derzeit von Lieferengpässen betroffen.
Sollten weder Azithromycin noch Doxycyclin verfügbar sein, könnte Clarithromycin im Einzelfall in Betracht gezogen werden. Die empfohlene Dosierung liegt hier bei zweimal täglich 500 mg über einen Zeitraum von sieben bis 14 Tagen. Bei nachgewiesenen Gonokokken-Infektionen bleibt eine Monotherapie mit Ceftriaxon, das einmalig intramuskulär oder intravenös verabreicht wird, die Standardtherapie.
Die aktuellen Lieferengpässe bei Azithromycin zeigen auf alarmierende Weise die Fragilität unserer Arzneimittelversorgung. In Zeiten, in denen der globale Markt für pharmazeutische Produkte zunehmend von wirtschaftlichen und geopolitischen Spannungen beeinflusst wird, muss die Versorgungssicherheit stärker in den Fokus rücken. Die Empfehlung von Clarithromycin als Alternative ist in manchen Fällen eine praktikable Lösung, wirft aber auch Fragen auf. Insbesondere bei sexuell übertragbaren Infektionen sind die Lücken in der Wirksamkeit von Alternativpräparaten besorgniserregend.
Es zeigt sich, dass die Abhängigkeit von einzelnen Medikamenten in der modernen Medizin ein erhebliches Risiko birgt. Die Notwendigkeit, rasch auf Alternativen umzusteigen, verdeutlicht die Herausforderungen, denen sich Ärzte und Patienten gleichermaßen gegenübersehen. Gerade in der Infektiologie, wo die Resistenzentwicklung bei Bakterien ohnehin ein drängendes Problem ist, können solche Engpässe gravierende Folgen haben.
Die Politik und das Gesundheitswesen müssen nun gemeinsam Lösungen finden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu gehören nicht nur strategische Reserven, sondern auch eine Diversifizierung der Produktionsstandorte und die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Antibiotika. Denn eines ist klar: Eine zuverlässige Versorgung mit wirksamen Medikamenten ist nicht nur eine Frage der Gesundheit, sondern auch der gesellschaftlichen Stabilität.
Reformblockade im Kabinett: Apotheken kämpfen ums Überleben
Das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) hat auch in dieser Woche nicht den Sprung ins Bundeskabinett geschafft. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) führte die erneute Verzögerung auf eine noch ausstehende „Feinabstimmung“ des Entwurfs zurück. Trotz dieser Begründung gibt es in politischen Kreisen wachsende Zweifel, ob die Reformpläne wie geplant umgesetzt werden können. Neben der Kritik von verschiedenen Ministerien formiert sich auch innerhalb der Regierungskoalition Widerstand, was die Chancen auf eine baldige Verabschiedung weiter schmälert.
Bereits in der Vorwoche hatte sich das Justizministerium kritisch zu den Reformplänen geäußert. Zudem hatte sich FDP-Bundesvorsitzender und Finanzminister Christian Lindner öffentlich gegen den Vorschlag gestellt, was die Koalitionspartner SPD und Grüne in die Defensive brachte. Auch aus den Reihen der SPD gibt es Widerstand. Der Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut, der für Apotheken zuständig ist, sprach sich deutlich gegen den Vorschlag aus, Apotheken ohne Präsenzapotheker zu betreiben.
Auffällig ist auch, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach bislang keinen neuen Kabinettstermin für das ApoRG benannt hat. Während er bei der letzten Verschiebung im Juli noch versicherte, die Reform werde „mit wenigen Änderungen“ in der Augustsitzung beschlossen, bleibt er nun konkrete Angaben schuldig. Dies lässt vermuten, dass das Vorhaben stärker unter Druck steht, als bislang öffentlich zugegeben wurde.
Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken bleibt angespannt, und die Verzögerungen bei der Reform könnten das Apothekensterben weiter verschärfen. Vertreter der Apothekerschaft sehen in der Verschiebung des ApoRG zwar eine kurzfristige Entlastung, betonen jedoch, dass ohne eine umfassende Reform langfristig keine Lösung in Sicht ist.
Vor diesem Hintergrund gewinnt ein bereits im Juni vorgeschlagener Ansatz an Bedeutung: die Vorziehung einer Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), die Skonti von der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ausnehmen würde. Diese Maßnahme könnte im Rahmen eines Omnibusverfahrens schnell umgesetzt werden, indem die Änderung an ein anderes Gesetz angehängt wird.
Auch die Möglichkeit, andere Sofortmaßnahmen wie die Anpassung des Kassenabschlags durch ähnliche Verfahren vorzuziehen, wird diskutiert. Vertreter der Apotheken drängen darauf, diese kurzfristigen Hilfen zu nutzen, um die wirtschaftliche Belastung der Apotheken zu mindern, bis eine umfassendere Reform greifen kann.
Die erneute Verschiebung des Apotheken-Reformgesetzes zeigt deutlich, wie tief die Gräben innerhalb der Regierung verlaufen. Das Argument der „Feinabstimmung“ kann kaum noch überzeugen, wenn man bedenkt, dass es sich um eine derart bedeutende Reform handelt, die bereits seit Monaten in der Schwebe hängt. Die politische Uneinigkeit, die das Vorhaben blockiert, hat inzwischen gravierende Folgen für die Apothekenlandschaft in Deutschland.
Der Widerstand gegen das ApoRG, sowohl aus den Reihen der Opposition als auch innerhalb der Koalition, spricht Bände. Die Bedenken, die von verschiedenen Seiten geäußert werden, sollten nicht leichtfertig abgetan werden. Insbesondere der Vorschlag, Apotheken ohne Präsenzapotheker zu betreiben, scheint eine rote Linie zu überschreiten, die selbst innerhalb der SPD nicht konsensfähig ist.
Es ist alarmierend, dass sich in dieser Situation die wirtschaftlichen Sorgen der Apotheken weiter verschärfen. Der Druck, unter dem viele Apothekerinnen und Apotheker stehen, ist enorm. Angesichts dessen wäre es fahrlässig, das Problem weiter hinauszuzögern. Die Vorziehung der Skonti-Regelung, wie sie bereits im Juni vorgeschlagen wurde, könnte hier eine wertvolle kurzfristige Entlastung bieten. Eine solche Maßnahme ist pragmatisch und könnte ohne großen bürokratischen Aufwand umgesetzt werden.
Doch diese Soforthilfen dürfen nicht die einzige Antwort bleiben. Es braucht eine umfassende Reform, die die strukturellen Probleme des Apothekenwesens in Deutschland angeht. Die Regierung sollte den Ernst der Lage erkennen und die Blockaden endlich überwinden. Ansonsten wird das Apothekensterben, das bereits viele Standorte getroffen hat, unaufhaltsam weitergehen – mit fatalen Folgen für die Gesundheitsversorgung in der Fläche.
Die Zeit drängt, und es liegt nun an der Politik, den Worten Taten folgen zu lassen. Eine nachhaltige Lösung ist längst überfällig.
Redcare stärkt Marktführung in Österreich mit neuem Logistikzentrum
Der niederländische Versandapothekenkonzern Redcare, Betreiber von Shop-apotheke.at, plant ein neues Distributionszentrum in Tschechien. Mit diesem strategischen Schritt will das Unternehmen seine Lieferzeiten in Österreich verkürzen und seine Marktführerschaft weiter ausbauen. Bereits seit zwölf Jahren ist Shop-apotheke.at in Österreich aktiv und dominiert mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro und mehr als 30 Millionen Besuchern pro Jahr den Markt.
Das neue Lager in Tschechien soll es Redcare ermöglichen, die Produkte noch schneller an die österreichischen Kunden zu liefern. Bisher arbeitet das Unternehmen bereits mit Logistikpartnern in der Region Wien zusammen. Mit dem neuen Standort will Redcare einen bestehenden Nachteil gegenüber der Konkurrenz wettmachen und seine Position auf dem hart umkämpften Markt festigen. Konkrete Details zu den Kapazitäten des neuen Lagers wurden bisher nicht bekannt gegeben.
Neben Shop-apotheke.at spielt auch der österreichische Anbieter Servus!Apotheke eine wichtige Rolle im Marktgeschehen. Dieser verzeichnet mit einem Jahresumsatz von rund 10 Millionen Euro deutlich geringere Einnahmen, punktet jedoch mit günstigen Preisen. Auf dem dritten Platz folgt die tschechische Versandapotheke Vamida, die ihre Produkte ebenfalls von Tschechien aus nach Österreich und Deutschland versendet.
Der österreichische Markt für Versandapotheken ist kompetitiver denn je. Erst kürzlich zog sich der tschechische Anbieter Pilulka nach zwei Jahren aus strategischen Gründen zurück. Seine verbliebenen Kunden wurden an Vamida übergeben, die ihre Marktposition somit weiter stärken konnte. Dahinter rangiert Medistore, der Onlineshop der Stern Apotheke in Wien.
Im Gegensatz zu Deutschland ist der Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten in Österreich verboten. Daher liegt der Fokus der Versandapotheken auf rezeptfreien Medikamenten und zunehmend auch auf Drogerieprodukten. Branchenexperten betonen, dass der Online-Apothekenmarkt sich immer mehr zu einem Drogeriemarkt mit Apothekenprodukten entwickelt.
Der Ausbau von Redcare mit einem neuen Logistikzentrum in Tschechien ist ein cleverer Schachzug, um die eigene Marktposition in Österreich weiter zu festigen. Die Versandapotheke Shop-apotheke.at ist zwar schon Marktführer, aber in einem immer härter umkämpften Sektor ist Stillstand gleichbedeutend mit Rückschritt. Schnelligkeit und Effizienz sind in der Online-Welt entscheidend, und genau hier setzt Redcare an.
Während die Dominanz von Shop-apotheke.at unbestritten ist, zeigt der Blick auf die Konkurrenz, dass der österreichische Markt noch lange nicht gesättigt ist. Anbieter wie Servus!Apotheke und Vamida beweisen, dass es Raum für preisorientierte und serviceorientierte Alternativen gibt. Doch die Frage bleibt, wie lange diese kleineren Akteure noch bestehen können, wenn die Großen weiter an Tempo zulegen.
Das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in Österreich zwingt die Akteure in eine Nische, die zunehmend von Drogerieprodukten geprägt wird. Das könnte langfristig das Profil der Online-Apotheken verwässern. Die Herausforderung wird sein, sich trotz dieser Einschränkungen klar zu positionieren und den Kunden weiterhin einen echten Mehrwert zu bieten. Redcare scheint diese Herausforderung angenommen zu haben – und legt mit dem neuen Lager in Tschechien die Messlatte höher.
Kontroverse um 'Apotheke ohne Apotheker': SPD-Politikerin plädiert für behutsame Erprobung
Bei einer gesundheitspolitischen Diskussionsveranstaltung in Thüringen, organisiert von der Gemeinschaft der Heilberufe, stand das Thema „Apotheke ohne Apotheker“ im Mittelpunkt der Debatte. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Landtagswahl am 1. September hatten Vertreter aller im Landtag vertretenen Parteien die Möglichkeit, ihre Positionen darzulegen. Während das Konzept von den meisten Parteien abgelehnt wurde, zeigte sich die SPD-Vertreterin Tina Rudolph offen für eine differenzierte Diskussion.
Rudolph verwies auf die heterogenen Meinungen sowohl innerhalb der SPD als auch unter den Apotheker:innen selbst. Besonders in ländlichen Gebieten, wo der Mangel an Apothekern zunehmend spürbar ist, könne eine zeitweise Vertretung durch pharmazeutisch-technische Assistent:innen (PTA) eine mögliche Lösung darstellen. Sie betonte jedoch, dass diese Maßnahme nur in Ausnahmefällen und mit Bedacht eingeführt werden sollte, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Rudolph hob hervor, dass die Umsetzung dieses Konzepts nur in einer Geschwindigkeit erfolgen dürfe, die von den betroffenen PTA auch getragen werden könne. Sie machte deutlich, dass das Ziel nicht sei, Apotheken ohne Apotheker in wirtschaftlich erfolgreichen Regionen einzurichten, sondern vielmehr eine Notlösung in unterversorgten Gebieten darzustellen. Das geplante Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) sei als Diskussionsgrundlage zu verstehen, bei der im weiteren Prozess noch viele Punkte angepasst werden könnten, um die Bedürfnisse der Heilberufe angemessen zu berücksichtigen.
Vertreter der anderen Parteien legten in ihren Beiträgen unterschiedliche Schwerpunkte. Die FDP betonte die Notwendigkeit einer Erhöhung des Fixums und der Förderung der Telepharmazie, um die Vernetzung der Heilberufe zu verbessern. Die CDU forderte Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität von Niederlassungen in unterversorgten Gebieten, während die Grünen die Erleichterung der Niederlassung von Zweigapotheken vorschlugen. Die Linke plädierte für die Schaffung multifunktionaler Versorgungszentren, in denen Apotheken integriert werden könnten.
Die Diskussion zeigte deutlich, dass das Thema „Apotheke ohne Apotheker“ in der politischen Landschaft Thüringens kontrovers aufgenommen wird. Während die SPD-Politikerin Tina Rudolph vorsichtig die Möglichkeit einer Erprobung des Konzepts in Erwägung zieht, bleiben die meisten anderen Parteien skeptisch.
Die Diskussion um die „Apotheke ohne Apotheker“ spiegelt die tiefen Risse wider, die durch die gesundheitspolitische Landschaft Thüringens gehen. Tina Rudolphs vorsichtige Unterstützung des Konzepts zeigt, dass es notwendig ist, innovative Lösungen für den drohenden Versorgungsnotstand in ländlichen Regionen zu finden. Doch die Einführung von Apotheken ohne Apotheker darf nicht zu einer Abwertung des Berufsstands führen oder die Qualität der Gesundheitsversorgung gefährden.
Es ist verständlich, dass in Regionen, in denen Apotheker fehlen, nach Alternativen gesucht wird. Doch sollte jede Maßnahme mit großer Sorgfalt abgewogen werden. Die Rolle des Apothekers ist nicht nur die eines Medikamentenlieferanten, sondern auch die eines wichtigen Ansprechpartners in der Gesundheitsversorgung. Diese Rolle kann nicht leichtfertig auf PTA übertragen werden, ohne sicherzustellen, dass die fachliche Kompetenz und die Qualität der Beratung nicht leiden.
Tina Rudolph zeigt sich hier als Politikerin, die das Problem erkennt und bereit ist, neue Wege zu gehen. Doch ihr Ansatz muss von einem klaren Bekenntnis begleitet werden: Die „Apotheke ohne Apotheker“ darf nur eine Notlösung sein, und die langfristige Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden Versorgung muss das oberste Ziel bleiben. Die Verantwortung, die hier den PTA übertragen werden soll, erfordert umfassende Unterstützung und klare Regelungen, um Missbrauch und Qualitätsverlust zu vermeiden.
In einer Zeit, in der das Vertrauen in das Gesundheitssystem ohnehin erschüttert ist, wäre es fatal, mit Schnellschüssen die Grundpfeiler der Versorgung zu gefährden. Die Diskussion muss deshalb breit geführt werden, unter Einbeziehung aller relevanten Akteure, um eine Lösung zu finden, die den Bedürfnissen der Bevölkerung ebenso gerecht wird wie denen der Heilberufe.
Gerichtstermin im Oktober: Klagen gegen pharmazeutische Dienstleistungen stehen erneut vor Entscheidung
Seit gut zwei Jahren können Apotheken in Deutschland honorierte pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) erbringen, doch ihre Zukunft bleibt ungewiss. Die rechtlichen Auseinandersetzungen um die Vergütung dieser Dienstleistungen und ihre Auswirkungen auf die medizinische Versorgung stehen kurz vor einem möglichen Wendepunkt. Am 23. Oktober 2024 soll das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erneut über die Klagen des GKV-Spitzenverbands und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen verhandeln, die seit Juli 2022 anhängig sind.
Die pDL wurden im Dezember 2020 durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz eingeführt, um Apotheken zu ermöglichen, ihren Kunden zusätzliche, bezahlte Dienstleistungen anzubieten. Da sich jedoch der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) nicht auf die Details zur Ausgestaltung und Vergütung einigen konnten, musste eine Schiedsstelle einschreiten. Nach langen Verhandlungen wurde im Juni 2022 ein Schiedsspruch gefasst, der die Honorierung und die Leistungen der pDL festlegte.
Dieser Schiedsspruch stieß jedoch auf erheblichen Widerstand. Der GKV-Spitzenverband legte Klage ein, da er die festgelegten Vergütungssätze als zu hoch ansieht. Kurz darauf folgte die KV Hessen, die in den pharmazeutischen Dienstleistungen einen Eingriff in die Therapieentscheidungen der Ärzte sieht. Während der Eilantrag der KV Hessen, den Schiedsspruch vorläufig auszusetzen, Anfang 2023 abgelehnt wurde, bleiben die Hauptsacheverfahren anhängig und schreiten nur langsam voran.
Im Januar 2024 kam es zu einer ersten mündlichen Verhandlung, die jedoch ohne abschließendes Urteil endete, da der vorsitzende Richter weitere Ermittlungen anordnete. Nun soll am 23. Oktober 2024 erneut verhandelt werden. Ob an diesem Tag bereits eine Entscheidung getroffen wird, ist ungewiss, doch das Verfahren gewinnt an Brisanz, insbesondere im Kontext der geplanten Apothekenreform und des Gesundes-Herz-Gesetzes.
Währenddessen sind die pDL in den Apotheken weiterhin verfügbar, haben sich jedoch langsamer entwickelt als erwartet. Die Nachfrage bleibt überschaubar, und die Finanzmittel, die für diese Dienstleistungen bereitgestellt wurden, wachsen weiter an. Die Entscheidungen des Landessozialgerichts könnten daher entscheidend für die zukünftige Rolle der Apotheken im deutschen Gesundheitssystem sein.
Die bevorstehenden Gerichtsentscheidungen zu den pharmazeutischen Dienstleistungen könnten weitreichende Konsequenzen für die Gesundheitsversorgung in Deutschland haben. Der Konflikt zwischen den Krankenkassen und den Apotheken ist exemplarisch für die Herausforderungen, denen sich das deutsche Gesundheitssystem gegenüber sieht. Es geht hier nicht nur um finanzielle Fragen, sondern um das Grundverständnis der Rollenverteilung zwischen Ärzten und Apothekern.
Während Apotheken mit den pDL ihre Position im Gesundheitswesen stärken und den Patienten einen Mehrwert bieten wollen, sehen Ärzte hierin einen unzulässigen Eingriff in ihre Hoheitsgebiete. Dass sich dieser Streit so lange hinzieht, zeigt, wie tief die Gräben sind. Eine schnelle und klare Entscheidung des Gerichts wäre daher nicht nur wünschenswert, sondern dringend notwendig, um die Unsicherheit zu beenden und allen Beteiligten Planungssicherheit zu geben.
Doch selbst wenn das Gericht zugunsten der Apotheken entscheidet, bleiben grundlegende Fragen offen: Wie kann eine vernünftige und faire Vergütung der pDL sichergestellt werden? Und wie lassen sich die Interessen der verschiedenen Akteure im Gesundheitssystem miteinander in Einklang bringen? Die kommenden Monate werden zeigen, ob es gelingt, eine Lösung zu finden, die sowohl den Apotheken als auch den Ärzten und vor allem den Patienten gerecht wird.
Apotheken im harten Wettbewerb: Die Reiseapotheke als unterschätztes Schlachtfeld
Die jüngste Apokix-Umfrage, die in der ersten August-Hälfte durchgeführt wurde, beleuchtet den zunehmenden Druck, dem Vor-Ort-Apotheken im Bereich der Reiseapotheke durch den Wettbewerb mit Versandhändlern ausgesetzt sind. Während die Nachfrage nach Produkten für die Reiseapotheke in diesem Jahr bei vielen Apotheken stabil blieb, verzeichneten 40 Prozent der befragten Apotheken einen Rückgang. Nur 13 Prozent berichteten von einem leichten Anstieg der Nachfrage.
Besonders gefragt waren in diesem Jahr schmerz- und fiebersenkende Mittel, Allergiemittel sowie Insektenschutz- und Behandlungsmittel, die jeweils von mehr als 79 Prozent der Apotheken als häufig nachgefragt gemeldet wurden. Dagegen zeigten Kundinnen und Kunden nur geringes Interesse an Fußpflegeprodukten und Schutzmasken.
Im Hinblick auf Marketingstrategien setzen Apotheken weiterhin hauptsächlich auf traditionelle Methoden. Werbung im Schaufenster ist mit 55 Prozent die häufigste Maßnahme, gefolgt von Produktaufstellern in der Offizin und Flyern. Soziale Medien gewinnen an Bedeutung, werden jedoch bisher nur von 18 Prozent der Apotheken genutzt. Erstaunlicherweise verzichten mehr als ein Viertel der Befragten vollständig auf Werbung für Reiseapotheken-Produkte.
Ein Großteil der Apotheken sieht sich in einem intensiven Wettbewerb mit preisaggressiven Versandhändlern. 72 Prozent der Befragten gaben an, dass sie diesen Konkurrenzdruck deutlich spüren. Gleichzeitig berichten jedoch nur 38 Prozent der Apotheken, dass sich Kundinnen und Kunden vermehrt beraten lassen, ohne die Produkte anschließend zu kaufen.
Die Reiseapotheke hat insgesamt für die meisten Apotheken keine herausragende Bedeutung. Nur 30 Prozent der Befragten sehen darin ein wichtiges Instrument zur Kundengewinnung, und lediglich 19 Prozent halten die Produkte für ertragsrelevant. Trotz dieser geringen Priorisierung berichten 44 Prozent der Apotheken, dass das Bewusstsein für die Bedeutung einer gut ausgestatteten Reiseapotheke in der Bevölkerung zugenommen hat. Gleichzeitig stieg auch der Beratungsaufwand, wie ein Drittel der Apotheken bestätigte.
Die wirtschaftliche Situation der Apotheken bleibt angespannt. Der Konjunkturindex, der die aktuelle Geschäftslage bewertet, sank im August von 59,7 auf 56,1 Punkte. Für die kommenden zwölf Monate erwarten die Apotheken nur eine geringfügige Verbesserung, wie der leichte Anstieg des Index auf 31,8 Punkte zeigt. Der Wert bleibt jedoch weit von einem ausgeglichenen Niveau entfernt, das bei 100 Punkten liegt.
Die Ergebnisse der aktuellen Apokix-Umfrage werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, denen sich Vor-Ort-Apotheken in einem zunehmend digitalisierten Markt stellen müssen. Der Wettbewerb mit Versandhändlern ist keine neue Entwicklung, doch die Intensität dieses Konkurrenzkampfes hat zugenommen – besonders im Bereich der Reiseapotheke, die oft als Randbereich des Apothekengeschäfts betrachtet wird.
Es ist bezeichnend, dass nur 30 Prozent der Apotheken die Reiseapotheke als wichtiges Instrument zur Kundengewinnung sehen. Dies mag teilweise daran liegen, dass viele Apotheken den Schwerpunkt auf andere Produktgruppen legen. Doch die geringe Priorisierung könnte auch eine verpasste Chance darstellen, insbesondere in einer Zeit, in der die Beratungskompetenz der Apothekerinnen und Apotheker zunehmend gefragt ist.
Die Umfrageergebnisse zeigen auch, dass traditionelle Werbemaßnahmen weiterhin dominieren, obwohl die digitale Kommunikation immer wichtiger wird. Dass mehr als ein Viertel der Apotheken keine Werbung für Reiseapotheken-Produkte macht, wirft die Frage auf, ob hier nicht Potenzial verschenkt wird. Gerade in einem Markt, der durch Online-Versandhändler unter Druck steht, könnten gezielte Marketingmaßnahmen helfen, die Sichtbarkeit und Attraktivität von Vor-Ort-Apotheken zu erhöhen.
Der sinkende Konjunkturindex verdeutlicht die wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen die Apothekenbranche steht. Doch gerade in schwierigen Zeiten könnte die Reiseapotheke als Nischenmarkt genutzt werden, um sich gegenüber der Online-Konkurrenz zu profilieren. Eine intensivere Beratung, gepaart mit einer cleveren Marketingstrategie, könnte dazu beitragen, den stationären Apotheken wieder mehr Kunden und letztlich auch mehr Umsatz zu verschaffen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Apotheken diesen Bereich nicht als Randthema betrachten, sondern die Chancen nutzen, die eine fokussierte und kundenzentrierte Strategie bieten kann. Die Reiseapotheke könnte – wenn richtig eingesetzt – mehr als nur ein Nebenprodukt sein, sondern zu einem wertvollen Baustein im Wettbewerb mit den Versendern werden.
Erstes Biologikum für COPD zugelassen: Neue Hoffnung für Patienten mit Typ-2-Inflammation
Erstmals hat die Europäische Union ein Biologikum zur Behandlung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zugelassen. Mit der Zulassung von Dupilumab (Dupixent®) eröffnet sich für eine spezifische Gruppe von COPD-Patienten eine neue therapeutische Option. Das Medikament, entwickelt vom Pharmakonzern Sanofi, richtet sich an Patienten, die von einer Typ-2-Inflammation betroffen sind – ein Entzündungsmuster, das durch erhöhte Eosinophile im Blut gekennzeichnet ist und etwa 20 bis 40 Prozent der COPD-Betroffenen betrifft.
COPD ist eine komplexe und heterogene Erkrankung, die durch chronische Entzündungen der Atemwege und des Lungengewebes gekennzeichnet ist. Diese führen zu einer fortschreitenden und oft irreversiblen Einschränkung des Luftflusses. Professor Dr. Claus F. Vogelmeier, Direktor der Klinik für Innere Medizin, Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin an der Philipps-Universität Marburg, erklärte bei einer Pressekonferenz, dass sich die Entzündungsmuster bei COPD-Patienten stark unterscheiden. Am häufigsten tritt die neutrophil prädominante Typ-1/3-Inflammation auf, bei der bestimmte Immunzellen wie TC1-, TH1- und TH17-Zellen dominieren.
Für die Patienten mit einer Typ-2-Inflammation, bei der die Interleukine IL-4, IL-13 und IL-5 eine zentrale Rolle spielen, bietet Dupilumab eine gezielte Behandlung. Der monoklonale Antikörper blockiert die α-Untereinheit des IL-4-Rezeptors, wodurch sowohl der IL-4- als auch der IL-13-Signalweg gehemmt werden. Diese gezielte Intervention ist für Patienten gedacht, die trotz erhöhter Eosinophilen-Werte bereits eine intensive Therapie mit inhalativen Corticosteroiden (ICS), langwirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) und langwirksamen Muscarin-Antagonisten (LAMA) erhalten und weiterhin unter Exazerbationen leiden.
Die Notwendigkeit zusätzlicher Therapieoptionen ist groß, da bestehende Behandlungen wie Roflumilast oder eine Dauertherapie mit Azithromycin nicht für alle Patienten geeignet sind. Dupilumab zeigte in den Phase-III-Studien BOREAS und NOTUS eine signifikante Reduktion der Rate mittelschwerer bis schwerer Exazerbationen um 30 bis 34 Prozent gegenüber Placebo sowie eine Verbesserung der Lungenfunktion, gemessen an der Einsekundenkapazität FEV1. Darüber hinaus berichteten die Patienten über eine subjektive Verbesserung ihrer Symptome, was die vielversprechenden Ergebnisse der Studien unterstreicht.
Die Zulassung von Dupilumab als erstes Biologikum zur Behandlung von COPD markiert einen entscheidenden Fortschritt in der Behandlung einer Krankheit, die Millionen von Menschen weltweit betrifft. Die gezielte Therapie für Patienten mit Typ-2-Inflammation adressiert eine bisher nur unzureichend behandelbare Patientengruppe und bietet eine neue Hoffnung, insbesondere für diejenigen, die trotz intensiver Therapie weiterhin Exazerbationen erleiden.
Die klinischen Ergebnisse, die Dupilumab vorweisen kann, sind beeindruckend: Eine Reduktion der Exazerbationsrate um bis zu 34 Prozent und eine spürbare Verbesserung der Lungenfunktion sind nicht nur klinisch relevant, sondern verbessern auch die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Dies ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer personalisierten Medizin, die auf die spezifischen Bedürfnisse von COPD-Patienten zugeschnitten ist.
Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die breite Anwendung von Dupilumab in der Praxis bewährt. Während die Studienergebnisse vielversprechend sind, ist die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments im realen Leben von großer Bedeutung. Auch die Kostenfrage wird sicherlich eine Rolle spielen, wenn es um den Zugang zu dieser innovativen Therapie geht.
Insgesamt ist Dupilumab jedoch ein wichtiger Meilenstein in der COPD-Therapie und könnte das Leben vieler Patienten nachhaltig verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Forschung und Entwicklungen in diesem Bereich folgen werden, um auch anderen COPD-Patientengruppen effektive und gezielte Behandlungsoptionen bieten zu können.
Gefährliche Vibrionen: Erste Todesfälle in Mecklenburg-Vorpommern – Experten mahnen zur Vorsicht
In Mecklenburg-Vorpommern sind im Zusammenhang mit Vibrionen-Infektionen die ersten beiden Todesfälle der Badesaison 2024 aufgetreten. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus) bestätigte, dass bislang insgesamt fünf Infektionen in der Region gemeldet wurden. Die Bakterien, die insbesondere in wärmeren Gewässern vorkommen, können über offene Wunden in den Körper eindringen und in seltenen Fällen zu schweren Erkrankungen führen.
Vibrionen, darunter das Bakterium Vibrio vulnificus, sind weltweit in Süß- und Salzwasser verbreitet. Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) treten Infektionen in Deutschland vor allem in den Sommermonaten auf, wenn die Wassertemperaturen 20 Grad Celsius überschreiten. Besonders betroffen sind Küstenregionen, wie die deutsche Ostsee, wo die Bakterien bei moderatem Salzgehalt optimale Bedingungen vorfinden.
Trotz der aktuellen Todesfälle warnen Experten davor, in Panik zu geraten. Matthias Gründling, Intensivmediziner und Leiter des Sepsis-Dialogs an der Universitätsmedizin Greifswald, betont, dass die Wahrscheinlichkeit einer Infektion sehr gering ist. Laut RKI wurden zwischen 2002 und 2019 jährlich null bis 20 Fälle von Vibrionen-Infektionen an deutschen Küsten registriert, wobei die betroffenen Personen fast ausschließlich ältere Menschen mit Vorerkrankungen waren.
Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem, wie etwa Patienten mit Diabetes oder Krebserkrankungen. Um einer Infektion vorzubeugen, rät Gründling, bei offenen Wunden und warmen Wassertemperaturen das Baden zu vermeiden. Die typischen Symptome einer Infektion, wie starke Schmerzen, Rötungen und Fieber, können im Ernstfall zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen. In solchen Fällen ist eine sofortige medizinische Behandlung notwendig, um die Überlebenschancen zu sichern.
Die Meldungen über Vibrionen-Infektionen in Mecklenburg-Vorpommern, die bereits zu zwei Todesfällen geführt haben, rufen verständlicherweise Besorgnis hervor. Doch Panik ist hier fehl am Platz. Wie die Experten betonen, bleibt das Risiko für eine Infektion trotz der tragischen Fälle sehr gering.
Der Umgang mit diesen Bakterien erfordert vor allem Vorsicht, nicht Angst. Besonders Menschen mit Vorerkrankungen sollten auf Warnhinweise achten und sich bei offenen Wunden und warmen Wassertemperaturen zurückhalten. Ein bewusster und informierter Umgang mit den Risiken ist der beste Schutz vor einer Erkrankung.
Die betroffenen Regionen und die Gesundheitseinrichtungen haben eine wichtige Aufgabe: Sie müssen weiterhin transparent über die Situation informieren und die Menschen aufklären, ohne unnötige Angst zu schüren. Es gilt, das Bewusstsein für die Gefahren zu schärfen, ohne die Freude am Sommer und dem Baden in unseren Küstengewässern zu trüben.
Neues Medikament Elinzanetant verspricht Linderung bei Wechseljahresbeschwerden
Ein neues Medikament namens Elinzanetant, das speziell zur Behandlung von vasomotorischen Symptomen wie Hitzewallungen und nächtlichen Schweißausbrüchen in den Wechseljahren entwickelt wurde, könnte schon bald weltweit auf den Markt kommen. Der Pharmakonzern Bayer hat die Zulassung für das Medikament in den USA bereits beantragt, nachdem vielversprechende Daten aus Phase-III-Studien veröffentlicht wurden.
Die klinischen Studien zeigen, dass Elinzanetant eine signifikante Red