Dann käme "Volkes Stimme" und mehrheitlicher "Abgeordneten-Sachverstand" in dieser Frage schnell zur Deckung. Zugleich warb Rose in dem am Freitag in Stuttgart veröffentlichten Brief an die Fraktionschefs von CDU/CSU und SPD, Volker Kauder und Peter Struck dafür, nach Wiedereinführung der ungekürzten Pendlerpauschale für eine "sozial gerechte" Ausgestaltung der Steuervergünstigung zu sorgen.
In den vergangenen Wochen hatte der ACE mit Unterstützung seiner bundesweit 223 ehrenamtlichen Vereinsgliederungen die Haltung der 445 Abgeordneten von Union und SPD zur Pendlerpauschale erkundet. In Briefen und Gesprächen wurden die Parlamentarier aufgefordert, im Streit um die Pendlerpauschale öffentlich Farbe zu bekennen. 341 Abgeordnete (76,6 Prozent) meldeten sich mit ihrer Stellungnahme beim ACE. Von ihnen votierten 108 Abgeordnete (CDU/CSU: 61; SPD: 47) ohne Einschränkung für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale.
Von beiden Koalitionsfraktionen sprachen sich jeweils nur zwei Volksvertreter gegen eine Wiedereinführung der steuerlichen Geltendmachung von Arbeitswegekosten aus. 105 Abgeordnete der Unionsparteien und 45 Abgeordnete aus den Reihen der SPD warben für eine modifizierte Form der Pauschale oder dafür, zunächst das angekündigte Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Dass die politische Gestaltungsfreiheit und Entscheidungskompetenz des Bundestages faktisch an die Gerichtsbarkeit abgetreten werden soll, löste bei ACE-Chef Rose scharfe Kritik aus. Er sagte: "Mit meinem Verständnis von parlamentarischer Souveränität ist es nicht in Übereinstimmung zu bringen, sich in einer solchen Frage hinter dem Bundesverfassungsgericht zu verstecken. Bei den nächsten Bundestagswahlen stehen die Abgeordneten und nicht die Richter des Verfassungsgerichts auf dem Stimmzettel."
Gabriel will "Ungerechtigkeit" bei Pendlerpauschale "beenden"
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), sagte dem Mitgliedermagazin des Clubs, ACE LENKRAD, für Gut- und Besserverdienende sei die Pendlerpauschale hoch, wogegen Niedrigverdiener wenig oder überhaupt nichts bekämen. "Wir brauchen eine Reform, die diese Ungerechtigkeit beendet." Angesichts der Unzufriedenheit in den Reihen der Bundestagsabgeordneten sei klar, "dass es zu einer Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen muss", bekräftigte Gabriel. Er schlug vor, zur Finanzierung der Pendlerpauschale an "unsoziale und umweltpolitisch falsche Subventionen" heranzugehen. So sei es nicht einzusehen, warum man für Dienstwagen die Spritkosten vollständig von der Steuer absetzen dürfe.
Merkel verteidigt Neuregelung - Glos spricht von Ärgernis
In ihrer Antwort an den ACE verteidigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die umstrittene Neuregelung der Entfernungspauschale, der wichtige Maßnahmen zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung gegenüberstünden. Aus Sicht von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), hingegen ist der Anfang 2007 vollzogene Systemwechsel bei der Pendlerpauschale "ein großes Ärgernis". Besonders betroffen davon seien die Arbeitnehmer im ländlichen Raum, schrieb Glos in seiner Antwort an den ACE.
SPD-Fraktionschef Peter Struck versicherte dem Club, seine Fraktion werde bei einer Neuregelung der Steuerpauschale den Belangen der Arbeitnehmer Rechnung tragen. Sie müssten immer höhere Kosten für die Fahrt zur Arbeit in Kauf nehmen.
Systemänderung der Pauschale von Anfang an in der Kritik
Seit Anfang 2007 gilt für Berufspendler das umstrittene Werkstor-Prinzip, demzufolge der Arbeitsweg Privatangelegenheit ist. Lediglich für Fernpendler wurde eine Härtefallregelung eingeführt, sie erhalten vom 21. Kilometer an weiterhin 30 Cent pro Kilometer. Nach der alten Regelung konnten Pendler schon vom ersten Kilometer an ihre Wegekosten beim Finanzamt geltend machen. Der ACE hatte von Beginn an Kritik an der Neuregelung geübt. Die damit verbundenen Kürzungen wurden von der Großen Koalition im Zuge der Haushaltssanierung vorgenommen. Gleichzeitig richtete die Politik immer wieder Appelle an die Adresse der Arbeitnehmer, sie sollten sich auf der Suche nach Jobs flexibler und mobiler verhalten und dabei aufwändigere Wege zur Arbeit in Kauf nehmen.
Voraussichtlich nach der Sommerpause will das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob die geänderte Pendlerpauschale dem Grundgesetz entspricht. Zuletzt hatten mehrere Finanzgerichte daran Zweifel geäußert. Unter dem Eindruck steigender Preise für Kraftstoffe wird seit Wochen über Parteigrenzen hinweg gestritten, wie es mit der Pendlerpauschale weitergehen soll.
Die Liste der Abgeordneten unter www.ace-online.de/...