PR-Anzeigen - Das Schaf im Wolfspelz

PR-Anzeigen – das Schaf im Wolfspelz

Das ausgewiesene Ziel unternehmerischer Pressearbeit besteht darin, das eigene Unternehmen und sein Angebot in die redaktionelle Berichterstattung zielgruppenrelevanter Medien einzuführen. So einfach dies klingen mag, so schwierig und arbeitsintensiv gestaltet sich das Ganze in der Praxis. Ein Aufmacher muss gefunden werden, dessen Nachrichtenwert deutlich genug ist, um das Interesse der angesprochenen Medienvertreter zu wecken. Eine Pressemitteilung muss verfasst werden, die gleichzeitig Interesse weckt, objektiv berichtet und trotzdem das eigene Unternehmen und sein Angebot positiv und der eigenen Kommunikationsstrategie dienend darstellt, ohne dabei erkennbar übermäßig werbend zu wirken. Nachdem die Pressemitteilung an die geeigneten Medien versandt wurde, beginnt das bange Warten auf positive Resonanz. Dabei steht nicht alleine im Raum, ob eine Berichterstattung basierend auf einer Pressemitteilung erfolgt, sondern auch, in welcher Form und in welchem Umfang berichtet wird. Gute Pressemitteilungen werden so gestaltet, dass sie nach Möglichkeit unverändert, eins zu eins, vom Medienvertreter übernommen werden können. Eine Garantie hierfür gibt es jedoch nicht. Die Pressemitteilung wird professionell so erstellt, dass Wichtiges in den ersten Absätzen zu finden ist und der Informationsgehalt zum Ende hin abnimmt. Dies trägt der Angewohnheit von Redakteuren Rechnung, Texte von hinten zu kürzen. Trotzdem gibt es auch hier keine Garantie, wie und in welchem Umfang ein Redakteur eine Pressemitteilung anpasst. Wann und an welcher Stelle in einem Medium berichtet wird, entzieht sich ebenfalls weitestgehend der Einflussnahme eines Presseverantwortlichen im Unternehmen. Kurz: erfolgreiche Pressearbeit ist in nicht unbedeutenden Teilen eine Frage von Erfahrung und wenn auch nicht unbedingt Glückssache, so doch vom positiven Zusammentreffen schwer beeinflussbarer Faktoren abhängig.

Für viele Unternehmen liegt der Schwerpunkt der Außenkommunikation auch deshalb auf der klassischen Werbung. Diese ist vergleichsweise einfach plan- und steuerbar und verheißt kalkulierbare Ergebnisse. Auch wenn kein Unternehmen leichtfertig auf klassische Werbung vollständig verzichten sollte, zeigt der Direktvergleich mit Pressearbeit jedoch immer wieder klare Unterschiede, die häufig zugunsten der Pressearbeit interpretiert werden können. Nicht zuletzt genießt Pressearbeit, in Ihrem Ergebnis, der Berichterstattung in unabhängigen Medien, deutlich höhere Glaubwürdigkeit, als inzwischen kritisch betrachtete Werbung, deren gezielte Überzeichnung und vornehmlich positive Übertreibung durch die reine Masse zunehmend an messbarer Wirkung auf die Zielgruppe einbüßt.

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich deshalb in den letzten Jahren sogenannte PR-Anzeigen, die versuchen, die Vorzüge von Werbung und Pressearbeit zu vereinen.

Ungleiche Zwillinge

Die PR-Anzeige gibt vor, etwas zu sein, das sie nicht ist: ein redaktioneller Beitrag. Um dies zu erreichen orientiert sich die PR-Anzeige an eben diesem Beitrag. Das heißt, zumindest auf den ersten flüchtigen Blick imitiert eine PR-Anzeige in ihrer Gestaltung, dem gesamten Layout, der Typographie und im sprachlichen Duktus den redaktionellen Stil des Mediums, in dem sie erscheint. Das heißt, es wird bewusst auf optische Elemente, wie sie bei klassischer Werbung üblich sind, verzichtet, übertrieben werbende Formulierungen und Superlative werden vermieden, Überschriften und Subheadlines werden gesetzt und Elemente wie Zitate werden bewusst eingesetzt, um Seriosität und objektive, unabhängige Berichterstattung vorzuspielen.

PR-Anzeigen sind aber nicht das Ergebnis von Pressearbeit. Sie basieren nicht auf Pressemitteilungen und werden nicht von klassischen Redakteuren verfasst. PR-Anzeigen sind gekaufte Berichterstattung, die grundsätzlich vom Auftraggeber frei verfasst und gestaltet werden. Sie werden von Unternehmen erstellt, eingereicht und nach genauer Absprache veröffentlicht. Wie jede Form der Werbeanzeige kann auch bei PR-Anzeigen das Datum der Veröffentlichung sowie die Platzierung im Medium, abhängig von Angebot des Mediums, frei gewählt werden.

Die meisten Medien bieten hier aktive Unterstützung, bis hin zur vollständigen Erstellung der PR-Anzeige nach Vorgaben des beauftragenden Unternehmens. Insofern finden sich keine erkennbaren Unterschiede zur klassischen Werbeanzeige.

Wo Werbung drin ist, steht auch Werbung drauf

Das deutsche Presserecht ist bemüht, die Qualität redaktioneller Inhalte zu wahren. Im sogenannten Pressekodex verständigte sich der Deutsche Presserat bereits 1973 auf grundlegende Regeln. Dieser ehrbaren Absicht folgend, werden PR-Anzeigen streng reglementiert. Advertorials, Adverticles oder Publireportagen, wie PR-Anzeigen auch genannt werden, müssen demnach klar als solche erkennbar sein. Eine deutliche Trennung von redaktionellen Beiträgen und Werbung, auch in Gestalt solcher Pseudo-Artikel, ist vorgeschrieben. In der Praxis geschieht dies zumindest durch eine erkennbare Beschriftung, meist mit dem Begriff „Anzeige“. Einige Medien nehmen es hiermit jedoch nicht so genau, wie es das Presserecht wünscht: bewusst werden Kennzeichnungen unterlassen oder zumindest so gestaltet, dass sie dem Betrachter nicht auf Anhieb auffallen.

Online-Advertorials machen es dem Leser meist zusätzlich schwer, Werbung von redaktionellen Beiträgen zu trennen. Die Online-Lesegewohnheiten tragen hier dazu bei, das entsprechende Kennzeichnungen schnell übersehen werden.

Kann Pressearbeit so einfach sein?

Der Gedanke hinter solchen PR-Anzeigen ist nachvollziehbar und, auch wenn man es objektiv betrachtet als Täuschungsversuch und damit als unaufrichtiges Verhalten gegenüber der Zielgruppe bewerten könnte, im Rahmen des Presserechts und mit einer klar erkennbaren Kennzeichnung, ein legitimes und legales Werbemittel.

Studien belegen inzwischen, dass es in der Wirkung zwischen klassischer Werbung und PR-Anzeigen im Print kaum maßgebliche Unterschiede gibt. Das heißt im Umkehrschluss, die beiden Instrumente lassen sich nicht sinnvoll gegeneinander austauschen, können sich jedoch ergänzen. So kann die PR-Anzeige zum Beispiel bewusst ergänzend eingesetzt werden, um parallel zur klassischen Werbekampagne umfangreichere Detailinformationen zu vermitteln.

Nicht außer Acht lassen darf man hierbei jedoch, dass die positive Bewertung des Advertorials als Werbeform in aller Regel von Seiten der Verlage kommt, die ihren Anzeigenkunden diese als Leistung anbieten.

In der Praxis kann man, auch wenn die beiden Disziplinen Werbung und Pressearbeit neben einigen Schnittstellen vor allen Dingen Unterschiede aufweisen, PR-Anzeigen nicht vollständig unabhängig von der Pressearbeit betrachten. Letztlich folgt ihre Erstellung den Grundregeln der Pressearbeit, eben weil es gelingen soll, einer Anzeige die Anmutung eines Artikels zu verleihen.

Letztlich steht und fällt die Bewertung von PR-Anzeigen nicht zuletzt mit dem Einzelfall. Während Advertorials für einige Produkte eine geeignete Ergänzung zu anderen Marketing-Maßnahmen darstellen und hier vor allen Dingen Gelegenheit bieten, ein Unternehmen und sein Angebot in einem vom Leser positiv bewerteten Umfeld gezielt zu präsentieren und so vom Image des Mediums zu profitieren, laufen andere Unternehmen und Produkte Gefahr, Glaubwürdigkeit einzubüßen.

Fazit

PR-Anzeigen sind ein sehr umstrittenes Thema. Was sie definitiv nicht sind, ist Pressearbeit im eigentlichen Sinne. Insofern können sie diese auch nicht ersetzen und sind grundsätzlich eher der klassischen Werbung zuzuordnen. Während einige Leser die Form der werbenden Darstellung mit hoher Informationstiefe und objektiv anmutendem Stil schätzen und zur Interaktion mit dem Urheber motiviert werden können, betrachten andere diese Form der „Verschleierung“ als Betrugsversuch oder zumindest doch als weniger seriöse Form der Werbung, unter Vortäuschung einer redaktionellen Objektivität. Grade aus den auflagenstarken Boulevardzeitungen wird die Form der PR-Anzeige nicht selten mit mehr oder weniger seriösen Angeboten, zum Beispiel aus dem Bereich der Nahrungsmittelergänzung, in Verbindung gebracht, die über vermeintliche redaktionelle Artikel die Wirksamkeit des eigenen Angebotes zu belegen versuchen. Dies ist nicht unbedingt die Form von Außendarstellung, die für jedes Unternehmen geeignet ist. Als Optimum ist im direkten Vergleich sicherlich eine strategische Kombination aus klassischer Werbung und aktiver, professioneller Pressearbeit zu betrachten, welche die Möglichkeit bietet, sowohl werbend, unter Ausnutzung aller Erkenntnisse der Werbepsychologie als auch durch echte redaktionelle Berichterstattung, basierend auf professionellen Pressemitteilungen und aktiven, langfristigen Kontakten zu Medienvertretern, die relevante Zielgruppe anzusprechen und zu überzeugen.

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

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Head of Marketing

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