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TMA Deutschland fordert Rechts- und Investitionssicherheit für Lizenzen

Investitionsschutz von Technologielizenzen bei Insolvenzen nicht zuverlässig I Insolvenzordnung kann ganze Branchen weltweit stilllegen I „Redaktionelles Versehen“ des Gesetzgebers?

(PresseBox) (München/Frankfurt, )
Die Turnaround Management Assocation (TMA) Deutschland, der Berufs-Verband der Restrukturierungs- und Sanierungsexperten in Deutschland, hat sich auf seinem monatlichen Treffen mit dem ökonomischen Gewicht von Lizenzen und der Bedeutung des Lizenzschutzes in der international vernetzten Technologie-Industrie befasst. In München diskutierten knapp 40 Mitglieder der TMA Deutschland die rechtliche Behandlung von Lizenzen in der Unternehmenskrise oder -insolvenz.

"Am Anfang steht die Idee", führte Dr. Frank Nikolaus, Vorsitzender des Präsidiums der TMA Deutschland, in das Aktionsfeld ein. "Diese Idee wird rechtlich geschützt und dann durch Lizenzierung wirtschaftlich verwertet. Soweit es um sogenannte Standards gehe, orientiert sich die Lizenzvergabe an dem FRAND-Grundsatz: Fair, Reasonable and Non-Discriminatory. Erhebliche Unsicherheiten aber bestehen, wie Lizenzen gerade bei Unternehmensinsolvenzen zu behandeln sind."

Das Aktionsfeld "Lizenzen"

Gerät ein "Lizenz-Nehmer" in die Insolvenz, dann hat der Insolvenzverwalter dieses Unternehmens ein Interesse daran, dass die Verträge mit den "Lizenz-Gebern" uneingeschränkt weiterlaufen. Sonst kann er den Geschäftsbetrieb nicht fortführen.

Hat ein "Lizenz-Geber" Insolvenzantrag gestellt, dann wird dessen Insolvenzverwalter im Zweifel daran interessiert sein, seine Vermögensrechte im Interesse seiner Gläubiger bestmöglich und insbesondere unbelastet von Lizenzen zu vermarkten. Dies könnte bei den Lizenz-Nehmern dazu führen, dass deren Produktion bis zu einer vertraglichen Lösung stillsteht oder gar nicht mehr angefahren werden kann. Der Insolvenzverwalter könnte sogar versuchen, Lizenz-Pakete "aufzuschnüren" und neu zu verhandeln oder Lizenzen an einzelne, konkurrierende Zwischenhändler zu erteilen. Dabei setzt er dem ursprünglichen "Lizenz-Nehmer", der sich auf die Sicherheit seiner Investitionen verlassen können muss, "die Pistole auf die Brust".

Professor Dr. Knut Blind, verantwortlich für Innovationsökonomie an der Technischen Universität Berlin und am Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme, führte aus: " In einem Smartphone sind heute rund 800 bis 1000 Patente von ungefähr 100 Patentinhabern verbaut. Fällt nur eine Lizenz aus, dann kann das gravierende Auswirkungen auf die Produktion haben. Gleiches gilt für Autohersteller, wenn deren Zulieferer Patente bzw. die dazugehörenden Lizenzen für Bauteile von Elektrochips nicht mehr nutzen darf. Wegen einer fehlenden Lizenz könnte das Endprodukt ohne die Inkaufnahme einer bewussten Patentverletzung nicht mehr produziert werden."

"Redaktionelles Versehen" des Gesetzgebers?

Im Rahmen der Konkursordnung - verordnet von Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen - waren diese Aktionsfelder weitgehend geregelt: Hatte der Gemeinschuldner dem Vertragspartner, - dem "anderen Theil" - das Nutzungsrecht vor der Eröffnung der Insolvenz überlassen, so war es auch der Konkursmasse gegenüber wirksam.

Die seit 1999 geltende InsolvenzOrdnung (InsO) regelt hingegen ausdrücklich, dass Schuldverhältnisse ausschließlich für "unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse" fortbestehen.

Geistiges Eigentum, Urheberrecht, Lizenzen werden jedoch nicht als "unbewegliche Gegenstände" gewertet, bestehen also nicht gesichert fort. Eigentlich wollte der Gesetzgeber lediglich die Fortgeltung der Vermietung von beweglichen Gegenständen ausnehmen. Die wirtschaftliche Bedeutung von Lizenzierungsaktivitäten stieg erst in den 1990er-Jahren weltweit an und wurde erst nach und nach bewusst. Deswegen vermuteten Diskussionsteilnehmer hier ein "redaktionelles Versehen" des Gesetzgebers beim Übergang von der Vergleichs- und der Konkursordnung auf die Insolvenzordnung.

(Insolvenz-)Rechtliche Einschätzung der Lizenzierungsprozesse

Dr. Bernd Meyer-Löwy und Florian Bruder vom Münchner Büro der international tätigen Kanzlei Kirkland & Ellis wiesen bei der Debatte um die rechtliche Einschätzung von Lizenzen auf die derzeit geltenden internationalen Standards hin: "In den USA und in Japan hat sich schon vor einiger Zeit die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Insolvenz eines Unternehmens nicht die Investitionssicherheit und -schutz und damit auch nicht Fortschritt und Innovation ganzer Branchen gefährden darf", so Bruder.

In der Praxis der Unternehmen sei das Aktionsfeld überaus komplex, würden Lizenzen teilweise als Bestandteil der Finanzierung oder als Sicherheit eingesetzt. In einigen Branchen müssten sich Unternehmen mit "Kreuzlizenzen" gegenseitig an ganzen Patentportfolios beteiligen, damit deren jeweiliges Kerngeschäft auf derart innovativen und für den Verbraucher attraktivem Niveau betrieben und weiter entwickelt werden könne.

"Die Gretchen-Frage lautet: Sind Lizenzen wirklich und ausschließlich wie eine Miete an körperlichen, insbesondere beweglichen, Gegenständen zu behandeln? Obwohl das lizensierte Recht keine körperliche Sache ist und rechtlich und tatsächlich ohne weiteres von vielen Lizenznehmern gleichzeitig genutzt werden kann? In diesem Fall wären Lizenznehmer in der Insolvenz möglicherweise nicht geschützt - mit gegebenenfalls weltweiten Konsequenzen", so Bruder. "Oder müssen hier nicht andere rechtliche Maßstäbe angewandt werden, nachdem Lizenzen ganz verschieden ausgestaltet werden können und der lizensierte Gegenstand nicht körperlich ist?" Müsse nicht insbesondere etwas anderes gelten, wenn die Lizenz vor Insolvenz vollständig eingeräumt wurde? Interessanterweise sei diese wichtige Frage an der Schnittstelle zwischen Insolvenz- und Immaterialgüterrecht bisher auch rechtswissenschaftlich nicht ordentlich durchdrungen, auch wenn Literatur und Rechtsprechung endlich erste Wege aufzeigten, so Bruder weiter.

TMA Deutschland fordert Rechts- und Investitionssicherheit für Lizenzen

Das Bundesjustizministerium hat Ende des Jahres 2011 angekündigt, dass "der Lizenz-Nehmer einen Anspruch auf Abschluss eines neuen Lizenzvertrages" erhalten und dazu "ein annahmefähiges Angebot unterbreiten" müsse.

"Ein fauler Kompromiss", fasst der TMA-Vorsitzende Nikolaus die Diskussion des Abends zusammen. "Wir sollten keinen deutschen Sonderweg einschlagen, der für Marktteilnehmer weltweit zu viele Unsicherheiten birgt. Angesichts der Bedeutung von Lizenzen muss auch Deutschland seinen Beitrag zu Rechts-, Investitions- und Innovationsschutz leisten."

Die Turnaround Manager Association (TMA) Deutschland

Im Rahmen der Vorgaben der TMA Turnaround Management Association, Chicago, USA, hat sich die Gesellschaft für Restrukturierung - TMA Deutschland e.V. zum Ziel gesetzt, in dem Bereich der Unternehmensrestrukturierung und -sanierung sowie der sanierenden Unternehmensinsolvenzen in der Bundesrepublik Deutschland unterstützend tätig zu werden und die internationale Zusammenarbeit ihrer derzeit über 200 Mitglieder sowie deren Fortbildung zu fördern.

Weitere Informationen unter www.tma-deutschland.org
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