Im Rahmen einer Produktklinik stehen mehrere Wettbewerbsprodukte einer repräsentativen Anzahl an eigenen Produkten gegenüber. Auch wenn diese in der Vergangenheit bereits durch Benchmarks kostenmäßig optimiert wurden, zwingt der Wettbewerbsdruck auf den Preis Unternehmen dazu, weitere Optimierungsschleifen vorzusehen. Eine Einsparung von 20% der Herstellkosten kann hierbei durchaus als Ziel vorgegeben werden. Das TCW vertritt die Ansicht, dass dieses Ziel nur durch die gemeinsame Wertgestaltung mit Lieferanten zu erreichen ist. Es müssen Potenziale aus der technischen Produktgestaltung wie auch aus dem Beschaffungsmarkt identifiziert und gehoben werden.
Eine systematische Wertgestaltung mit den Lieferanten wird durch die gemeinsame Erarbeitung von Kostensenkungsmaßnahmen im Demontageraum ermöglicht. Dabei besteht die Möglichkeit, Lieferanten entweder direkt zu den Demontage-Workshops einzuladen oder Lieferanten-Workshops nach der Zerlegung der Produkte durchzuführen. Die gemeinsame Wertgestaltung zwischen Abnehmer und Lieferant spornt beide Seiten an, Ansatzpunkte zu identifizieren, die eine Kostenoptimierung ermöglichen. Die Nutzung der zusätzlichen Ideenpotenziale der Lieferanten wirkt zudem als Hebel zur Vermeidung von Änderungskosten.
Die Einbindung von Lieferanten in die Produktklinik unterscheidet sich je nach Lebenszyklusphase hinsichtlich ihrer inhaltlichen Schwerpunktsetzung. Während in der Konzeptphase überwiegend das vielfältige Entwicklungs-Know-how eingebracht wird, sind in der weiteren Entwicklung effiziente und effektive Änderungen gefragt. Hier muss seitens der Abnehmer auf eine partnerschaftliche Ausrichtung der Diskussionsführung geachtet werden. In der Produktionsphase hingegen sind solche Workshops verstärkt auf den Preiswettbewerb ausgerichtet. Der Abnehmer muss darauf Wert legen, dass eine Vergabe zu minimalen Marktpreisen stattfindet. Zudem sind Technologiechecks im Rahmen der Produktklinik durchzuführen. Die Optimierung der Produkte soll mit einer Optimierung der Prozesse einhergehen. Gerade die Betrachtung der Fertigungs- und Montageprozesse zeigt häufig, welche Kostenspielräume noch vorhanden sind. Zur Reduzierung von Material- und Prozesskosten werden durch das integrierte Konzept der Produktklinik unterschiedliche Ansätze gemeinsam mit den Lieferanten angewendet. So können für das Produktdesign die Ansätze des Design to Cost oder Qualitätsanforderungen und Toleranzen betrachtet werden. Für die Prozesse und Schnittstellen wird zwischen internen oder externen Fertigungs- und Montageprozessen gewählt sowie die Optimierung der Zusammenarbeit mit Lieferanten diskutiert. Auf der Lieferantenseite stehen hingegen Ansätze wie Preisverhandlungen, Wertschöpfungstiefe oder Global Sourcing.
Die gemeinsame Wertgestaltung mit Lieferanten ermöglicht die Realisierung zahlreicher betriebswirtschaftlicher Effekte. Das TCW hat anhand von 54 durchgeführten Projekten festgestellt, dass durch die Ansätze aus der Betrachtung des Produktdesigns Entwicklungs- und Herstellkosten beeinflussbar sind. Die Wirkung der Betrachtung von Prozessen und Schnittstellen geht in Richtung Prozess- und Qualitätskosten. Durch die beschaffungsseitige Diskussion in den Lieferanten-Workshops können weitere Effekte bei den Beschaffungskosten und den Logistikkosten erzielt werden.