Das Verfahren betraf ein Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (England & Wales) in einem Verfahren, welches L'Oréal gegen eBay angestrengt hatte. L'Oréal sah seine Markenrechte durch Angebote von eBay-Nutzern verletzt und warf eBay vor, an derartigen Markenrechtsverletzungen dadurch beteiligt zu sein, dass eBay durch Keyword-Werbung über Suchmaschinenbetreiber wie Google seine Nutzer zu rechtsverletzenden Waren leiten würde, die bei eBay zum Verkauf angeboten werden.
Die Besonderheit war dabei, dass über eBay sogar Waren veräußert wurden, die von L'Oréal nur in einem geschlossenen Vertriebsnetz verkauft werden und örtlich gar nicht für den Markt vorgesehen waren, auf dem sie nun durch eBay gelandet sind.
In seiner Entscheidung weist der EuGH eingangs darauf hin, dass ein Markeninhaber sich gegenüber natürlichen Personen als Verkäufer nur dann auf sein ausschließliches Markenrecht berufen kann, wenn der Verletzer die Waren gewerblich verkauft, was sich in erster Linie aus dem Umfang und der Häufigkeit der Verkaufsaktivitäten ergibt.
Das Unionsrecht gewährt Anbietern von Online-Diensten wie Betreibern von Internetmarktplätzen unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von der Verantwortlichkeit für eingestellte Inhalte. Auf solche Ausnahme kann sich ein Betreiber eines Online-Marktplatzes aber dann nicht berufen, wenn er für die Rechtsverletzung - auch wenn er sie nicht selbst begeht - Hilfe leistet. Der EuGH hat diese Hilfestellung hier darin gesehen, dass eBay bei der Optimierung oder Bewerbung der Onlineverkaufsangebote eine aktive Rolle spielt und sich dadurch Kenntnis von den diese Angebote betreffenden Daten oder eine Kontrolle über diese Daten verschaffen kann.
Der EuGH dehnt dies auch auf Fälle aus, in denen der Online-Marktplatzbetreiber keine solche aktive Rolle spielt, nämlich dann, wenn der Betreiber nicht unverzüglich etwas unternommen hat, um Daten zu entfernen oder den Zugang zu diesen Daten zu sperren, obwohl er sich etwaiger Tatsachen oder Umstände bewusst war, aufgrund derer ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Online-Verkaufsangebote hätte gelangen müssen.
Urteil des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft vom 12.07.2011, Aktenzeichen C-324/09
Fazit:
Nachdem der Europäische Gerichtshof sehr deutlich gemacht hat, dass die Einzelfallprüfung jeweils Sache der nationalen Gerichte ist, bleibt zunächst die Entscheidungspraxis des BGH abzuwarten. Unabhängig davon wird aber davon auszugehen sein, dass eBay seine Kontrollen bezüglich etwaiger Markenverletzungen durch Angebote seiner Nutzer erheblich verschärfen wird. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Die nationalen Gerichte müssen unter Berücksichtigung des Unionsrechts Betreibern von Internetmarktplätzen vorschreiben können und dürfen, über die Beendigung rechtswidriger Inhalte hinaus auch vorbeugende Maßnahmen gegen solche Inhalte zu ergreifen. Dazu gehört auch, dass die Identifizierung der als Verkäufer tätigen Plattformnutzer unter Beachtung des Schutzes personenbezogener Daten erleichtern wird. Dies hat der EuGH nun klagestellt.
Timo Schutt
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht
Udo Maurer
Rechtsassessor