Wer derzeit in die Internetforen der großen Hersteller für Business-Software schaut, spürt den Zorn all jener kleinen und mittleren Unternehmen, die zu Jahresbeginn mit Säumniszuschlägen belegt wurden, weil ihre Meldungen nicht den neuesten Vorschriften entsprachen. Und zwar deshalb, weil die neuen Updates nicht pünktlich zur Verfügung standen. Betroffen ist vor allem die Lohnabrechnung, aber auch die Finanz- und Anlagenbuchhaltung. Über 800 betroffene Kunden eines der europäischen Marktführer haben sich inzwischen zu einer Interessenvertretung zusammengeschlossen und ein Gespräch mit dem Unternehmensvorstand erzwungen. Ob Entschädigung gezahlt wird und wieviel, ist noch nicht entschieden.
Rolf Lutz, Diplominformatiker und Geschäftsführer des Landauer Softwareherstellers GDI, hat für beide Seiten Verständnis: "Die Politik macht sich keine Gedanken über die technische Umsetzbarkeit ihrer Beschlüsse und gibt bisweilen Zeitrahmen vor, die kaum zu halten sind. Manchmal werden die Verordnungen innerhalb weniger Monate mehrmals geändert oder auch einfach widerrufen. Die Softwareentwickler stehen unter enormem Druck."
So mussten bei der Einführung des Gesundheitsfonds erst neue Rechenzentren aufgebaut und bestückt werden - deren Freischaltung erfolgte aber erst im Januar 2009. Auch die Stammdaten und Gefahrentarifstellen für die neue Unfallversicherung, die zum 1. 1. 2009 von den Berufsgenossenschaften zur Rentenversicherung wechselte, wurden den Softwareentwicklern erst im neuen Jahr mitgeteilt. Und im Rahmen der Gegenfinanzierung der Unternehmenssteuerreform wurden 2008 neue Abschreibungsregeln verabschiedet und die degressive Abschreibung ersatzlos gestrichen; angesichts der Finanzkrise wurden sie aber im Januar 2009 schon wieder eingeführt. Was die Konjunkturpakete 1 und 2 noch alles an kurzfristigen Änderungen in der Finanz- und Lohnbuchhaltung bewirken werden, so Lutz, ließe sich noch gar nicht abschätzen.
"Andererseits", so betont der seit 30 Jahren in dieser Branche tätige Softwarefachmann, "hat der Kunde ein absolutes Recht, jederzeit mit einer aktuellen Softwareversion zu arbeiten. Es kann nicht sein, dass am Ende wieder einmal der mittelständische Anwender für die Versäumnisse der Politik und die mangelnde Flexibilität der großen Softwarekonzerne bezahlen muss."
In der Tat scheinen gerade die mittelständischen Softwarehersteller dieser Herausforderung besser begegnen zu können als die großen Häuser. So hat es GDI auch in diesem Jahr geschafft, seinen 6000 Kunden für Lohn- und Baulohnsoftware alle Änderungen rechtzeitig in Form von Updates zur Verfügung zu stellen. Dies, so Rolf Lutz, sei auch angesichts der komplizierten Neuregelungen zur Sofortmeldung im Baugewerbe eine große Herausforderung gewesen: "Manche unserer Kunden haben über 3000 Mitarbeiter - da geht es gleich um große Summen, wenn die Meldungen nicht stimmen."
"Es kann nicht sein, dass am Ende wieder einmal der mittelständische Anwender für die Versäumnisse der Politik und die mangelnde Flexibilität der großen Softwarekonzerne bezahlen muss."
Ein reibungsloses Handling kurzfristiger Änderungen setzt vor allem einen modernen Datentransfer voraus. Deshalb bietet das Landauer Softwareunternehmen seinen Kunden die Möglichkeit eines automatischen Live-Updates über das Internet und wickelt für sie auf Wunsch alle Meldungen über ein hauseigenes Meldecenter ab. Einen solchen Arbeitskomfort sucht man bei den namhaften Großanbietern oft vergeblich. Überdies werden GDI-Anwender per Mail-Newsletter bereits im Vorfeld über fiskalische Entwicklungen und zu erwartende Umstellungen informiert; die entsprechenden Daten und Updates werden meist schon gleich mitgeliefert.
Hierzu ist es jedoch unabdingbar, möglichst früh zu wissen, was in den Ministerien ausgebrütet wird und welche Trends zu erwarten sind. Auch hier sind die mittelständischen Hersteller offenbar flexibler und der großen Konkurrenz oft eine Nasenlänge voraus. "Wir pflegen seit dreißig Jahren einen intensiven Kontakt zu den einschlägigen Behörden und Institutionen", resümiert Rolf Lutz. "Auf diese Art erfahren wir oftmals frühzeitig von Vorhaben, die wir dann, lange bevor sie Realität werden, bereits in optionale Software-Updates umsetzen. So können wir jederzeit gezielt reagieren und unsere Kunden zeitnah bedienen."
Solche Kontakte bestehen beispielsweise ins Finanzministerium, aber auch zur ITSG, der Informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung, zu deren bevorzugten Kooperationspartnern bei der Softwareoptimierung GDI seit vielen Jahren gehört. "Es ist ein offenes Geheimnis", ist Rolf Lutz überzeugt, "dass ein unternehmergeführtes mittelständisches Haus hier bedeutend beweglicher agieren kann als ein multinationales Unternehmen, das oftmals einer starren Konzernpolitik verpflichtet ist, die auf die Eigenheiten des deutschen Marktes wenig Rücksicht nehmen kann."
Dies ist möglicherweise auch die Erklärung dafür, dass im pfälzischen Landau kürzlich etwas gelang, was manche international aufgestellten Großunternehmen bis heute nicht geschafft haben: Das im Rahmen der neuen Sofortmeldungs-Regelung von der Deutschen Rentenversicherung eingerichtete Onlineportal "DSRV-Würzburg" stellte die erforderlichen Zugänge erst am 12. Januar offiziell zur Verfügung. Bereits am 14. Januar konnten die GDI Anwender ihre Sofortmeldungen online an die zentrale Annahmestelle schicken - sicher verschlüsselt, direkt aus ihrem Lohnprogramm heraus. Eine rekordverdächtige Leistung.