"Ich bin so froh, Arbeit zu haben, sagt auch Sabine Kohler, die seit zehn Jahren in der Werkstatt mitarbeitet. "Ich habe jahrelang zu Hause herumgesessen, ferngesehen und Bewerbungen geschrieben." Dann zeigt sie, wie sie Kerzen in Holzkästen verpackt und Schleifen bindet. "Eine Aufgabe zu haben ist wichtig", sagt Andrea Schweigert, die ebenfalls Kerzen verpackt. Mittendrin steht Arbeitstherapeutin Elke Bissdorf. "Die Arbeit fördert Motorik und soziale Kompetenz", sagt sie. "Ich achte darauf, dass starke und schwache Mitarbeiter sich in einem Team ergänzen. Die Arbeitsplätze rotieren, damit keine Monotonie entsteht." Ist es denn möglich, die Menschen hier langfristig in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren? "Für einige würde ich mir das wünschen", sagt Bissdorf. "Aber die moderne Arbeitswelt ist noch nicht so weit."
Ein Stockwerk tiefer surren in einer großen Produktionshalle Maschinen. Hier werden für Freudenberg Sealing Technologies Simmerringe verpackt. "Wir haben Vorgaben und verpacken hier eine vorgegebene Menge innerhalb einer bestimmten Zeit", sagt Gabriele Müller von der Mitarbeitervertretung. "Es macht uns stolz, dass wir das gemeinsam schaffen." Zählfächer aus Holz helfen den Mitarbeitern, die richtige Anzahl zu erkennen. Ein großer Simmerring heißt Elefant, der kleine Maus. An den Laufbändern hängen Zettel mit Tierzeichnungen, die helfen, das richtige Produkt zu erkennen. Eine junge Frau steht an einem Band und zählt Simmerringe. "Guuut", sagt sie etwas undeutlich auf die Frage, ob es ihr Spaß macht. Dann lacht sie herzlich. Das ist das Besondere: Viele Mitarbeiter können sich schwer ausdrücken, suchen nach Worten oder scheinen zunächst nicht zugänglich. Aber plötzlich nehmen sie die Hand ihres Gegenübers, legen den Arm darum und lachen es an. Sie sind anders, bauen Beziehungen über Gefühle und Berührungen auf. So ist es auch bei der Arbeit: Sie arbeiten mit Herz und Hand.
Freudenberg unterstützt Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Damals leisteten vor allem Kriegsversehrte verschiedene Arbeiten. Im Jahr 1948 gründete die Firma Carl Freudenberg eine Behindertenwerkstatt zur Bearbeitung von Simmerringen in der Nähe von Schweinfurt. Die erste Werkstatt für Menschen mit Behinderungen auf Freudenberg-Gelände wurde 1988 mit 26 Mitarbeitern von den Diakoniewerkstätten Rhein-Neckar im Werk im Müllheimer Tal errichtet. Im Industriepark Weinheim befindet sich seit dem Jahr 1995 eine der Werkstätten.
Über die Diakoniewerkstätten Rhein-Neckar
In den Diakoniewerkstätten Rhein-Neckar werden an sechs Standorten rund 950 Frauen und Männer mit Behinderungen beschäftigt. Die "Werkstatt im Industriepark Weinheim" ist einer von drei Standorten in Weinheim. Das Auftragsspektrum reicht von Verpackungstätigkeiten über Stanzarbeiten und Recycling von Wasserfiltern für die Getränkeindustrie bis zur hochkomplexen Verpackungsanlage für Wellendichtringe mit sieben Verpackungsautomaten.