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Offenheit der deutschen IT-Standards? - Über ein Danaergeschenk der Koalition an die deutsche IT-Wirtschaft

Am Mittwoch Vormittag diskutiert der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie[1] des Bundestages einen Antrag der Koalitionsfraktionen für "Offene" IT-Standards im Bundestag[2].

(PresseBox) (Berlin, )
Am Mittwoch Vormittag diskutiert der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie[1] des Bundestages einen Antrag der Koalitionsfraktionen für "Offene" IT-Standards im Bundestag[2].

Für alle in der Informationstechnologie tätigen Akteure, ist das Thema Offene Standards sehr bedeutsam. Offene Standards sind das Erfolgskind des Internets und sichern Freien Wettbewerb und Marktzugang für den Mittelstand. Umso enttäuschender ist, dass der Antrag zwar von "Offenen Standards" spricht, aber sich nicht an die branchenübliche Definition hält. Die Definition im Antrag ist derart umfassend, dass damit auch exklusive Standards gemeint sein können, durch die beispielsweise freie/quelloffene Produkte ausgeschlossen werden.

Gemäß Empfehlungen der Europäischen Kommission für den öffentlichen Behördenverkehr[3] darf von einem "Offenen Standard" nur gesprochen werden, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

1. Der Standard wird von einer Organisation ohne Erwerbsziel beschlossen und gepflegt und in einer offenen (konsens- oder mehrheitsbasierten) Weise entwickelt, die allen interessierten Parteien eine Einflussnahme ermöglicht.

2. Der Standard ist publiziert. Seine Spezifikation ist entweder frei oder gegen eine feste Schutzgebühr verfügbar und darf frei oder gegen Gebühr kopiert und weitergegeben werden.

3. Soweit der Standard ganz oder in Teilen gewerblichen Schutzrechten unterliegt, sind diese unwiderruflich gebührenfrei verwendbar.

4. Die Wiederverwendung des Standards unterliegt keinen Beschränkungen.


Der Antrag der Koalitionsfraktionen definiert dagegen den Begriff "Offener Standard" in verkehrsunüblicher Weise um und widerspricht der EU-Definition:

"Standards sollen dann als "offen" betrachtet werden, wenn sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert sind. Die Schnittstellen müssen offengelegt, die technischen Spezifikationen auch umsetzbar sein, und ihre Nutzung muss zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert sein."

Die problematische Formulierung ist "fairen und diskriminierungsfreien". Es handelt sich um einen angelsächsischen Rechtsbegriff (reasonable and non-discriminatory), der auf die so genannten RAND Standards abzielt. RAND Standards sind keine Offenen Standards, sondern sichern lediglich ein einheitliches Gebührenniveau bezüglich der Schutzrechte für alle Marktteilnehmer, welche den Standard einsetzen wollen.

Sinnvoll korrigieren ließe sich der Abschnitt im Koalitionspapier wie folgt:

ALT: "ihre Nutzung muss zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert sein"
NEU: "ihre Nutzung muss für jedermann unentgeltlich und frei von ausschliessenden Lizenzbedingungen zulässig sein"

Mit "fair und diskriminierungsfrei" werden üblicherweise Bedingungen bezeichnet, bei denen Benutzer Gebühren bezahlen oder sonstige Leistungen erbringen müssen. Der Gegenbegriff hierzu ist "royalty-free" (RF).

"Zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenzierte Standards", wie die Koalitionsfraktionen sie befürworten, sind mit Freier Software, wie sie auch der Bundestag für seine Server einsetzt, nicht vereinbar. Letztlich sind sie also weder "fair" noch frei von Diskriminierung. RAND Standards diskriminieren Linux und andere Zukunftstechnologien, die für den Standort Deutschland strategische Bedeutung im Sinne der Reduktion informationstechnologischer Abhängigkeiten haben. Verständlich, dass z.B. eine amerikanische Firma wie Microsoft Offene Standards als unerwünschte Wettbewerbsstimulanz erkannt hat, und deshalb jene Umdefinitionen propagiert.

Stephan Uhlmann vom FFII Deutschland kommentiert: "Wir begrüßen sehr die Initiative des Bundestags Offene Standards zu fördern. Sie erkennt die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme, die eine Abhängigkeit von geschlossenen Standards einzelner Hersteller mit sich bringen. Dann sollten aber auch diskriminierende RAND Lizensierungen ausgeschlossen werden. Es ist zu hoffen, dass die Koalition ihre Formulierung noch nachbessert."

Verweise
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[1] Ausschuss für Wirtschaft und Technologie - http://www.bundestag.de/...

[2] Antrag der Koalitionsfraktionen für Offene IT-Standards im Bundestag - http://dip.bundestag.de/...

[3] European Interoperability Framework for pan-European eGovernment Services - http://europa.eu.int/...


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