PRESSEARBEIT 2.0 – PRESSEARBEIT IM VERBUND MIT SOCIAL MEDIA

Pressearbeit 2.0 – Pressearbeit im Verbund mit Social Media

Keinem Medium ist es in der Geschichte vergleichbar gelungen, in relativ kurzer Zeit weltweit Bedeutung zu gewinnen und Aufmerksamkeit zu erregen, wie es beim Internet der Fall ist. Dabei hat sich das Nutzungsverhalten in den letzten Jahren maßgeblich verändert. Der Internetnutzer ist heute nicht mehr reiner Konsument, wie es in weiten Teilen bei klassischen Medien der Fall ist. Die zunehmende Verbreitung der sogenannten sozialen Medien macht aus dem Konsumenten einen Akteur, der selber Inhalte liefert und durch sein Konsumverhalten die Verbreitung von Informationen mitbestimmt. Auch wenn Deutschland im internationalen Vergleich der Internetnutzung im Allgemeinen und der Nutzung sozialer Medien im Besonderen  einen der letzten Plätze in verschiedenen statistischen Erhebungen einnimmt, sind auch hierzulande Facebook, Twitter, Instagram und Co. für viele gerade junge Menschen ein fast unverzichtbarer Bestandteil des Alltages, der Kommunikation und nicht zuletzt der Informationsbeschaffung und Meinungsbildung geworden. Wenig verwunderlich, dass binnen kürzester Zeit auch Unternehmen den Nutzen der sozialen Medien für die externe Kommunikation erkannten und aktiv begannen, diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Dabei verbinden gerade kleine und mittelständische Unternehmen große Hoffnungen mit den Möglichkeiten der neuen Medien: kostenfrei und mit geringem Aufwand soll hier erreicht werden, was klassischer Pressearbeit häufig nicht gelingt, nämlich ein breites Publikum mit Informationen zum Unternehmen zu erreichen und letztlich werbend zu beeinflussen.

Welche Möglichkeiten bietet die Nutzung der sozialen Medien aber wirklich? Welche Erwartungen sind realistisch und wo werden die Möglichkeiten vielleicht überschätzt? Wie lassen sich die sozialen Medien sinnvoll in die Pressearbeit einbinden und in wie weit können sie diese zumindest in Teilen ersetzen?

Social Media als Ersatz für klassische Pressearbeit?

Nicht wenige kleine und mittelständische Unternehmen gehen das Thema Pressearbeit sehr zögerlich an. Notwendiges Know-How ist nicht immer vorhanden, Kosten schwer abzusehen und vor ungewissem Nutzen schwer zu rechtfertigen, zumal Budget meist nur zu Lasten konventioneller Werbe- und Marketing-Maßnahmen bereitgestellt werden kann.

Für einige Unternehmer liegt darum die Entscheidung nahe, Pressearbeit zu Gunsten einer mehr oder minder aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema soziale Medien hintan zu stellen. Der Umgang mit den sozialen Medien wird von deren Anbietern bewusst einfach gestaltet, was nicht zuletzt deren Erfolg mitbestimmt. Eine Unternehmensseite auf Facebook zu erstellen oder bei Twitter im Namen eines Unternehmens aufzutreten, stellt keine große Herausforderung für generell internetaffine Mitarbeiter dar. Dabei erhofft man sich vor allen Dingen, den potentiellen Kunden direkt, zeitnah ohne den kritischen Umweg über einen Medienvertreter erreichen zu können und so nicht auf dessen Wohlwollen angewiesen zu sein, wie es bei der klassischen Pressemitteilung der Fall ist.

In der Selbstdarstellung in den sozialen Medien bestimmt alleine der Verfasser den Inhalt und die Frequenz der Veröffentlichung. Selbst erkennbar werbender Charakter ist hierbei kein Hindernis.

Gleichzeitig besteht bei vielen Mittelständlern und Kleinunternehmern die Hoffnung, dass zum Beispiel ein Facebook-Post eine klassische Pressemitteilung im Sinne der Pressearbeit sinnvoll ersetzen kann. Die Hoffnung besteht hierbei darin, dass mit einem erfolgreichen Beitrag in sozialen Medien auch Vertreter klassischer Medien erreicht werden, welche die neuen Medien zu Recherchezwecken nutzen. Diese wiederum sollen die enthaltenen Informationen für eine eigene Veröffentlichung nutzen. Damit hätte jede Aktivität in soziale Medien einen mindestens doppelten Nutzen und könnte die klassische Pressearbeit tatsächlich sinnvoll ersetzen.

Die Praxis sieht aus mehreren Gründen jedoch anders aus und ein Urteil lässt sich klar vorwegnehmen: der strategische Umgang mit sozialen Medien kann konventionelle Pressearbeit nicht gleichwertig ersetzen.

Auch soziale Medien verursachen Aufwand und Kosten

Ein Argument, das viele Unternehmer zum Engagement in den sozialen Medien bewegt, ist der Kostenfaktor. Pressearbeit bindet qualifizierte, personelle Ressourcen. Wo diese nicht vorhanden sind, muss auf externe Dienstleister zurückgegriffen werden, die ebenfalls, zum Teil erhebliche Kosten verursachen. Pressearbeit, die über den gelegentlichen digitalen Versand selbsterstellter Pressemitteilungen hinausgeht, verursacht ebenfalls Kosten für Material und externe Dienstleistungen. Pressemappen müssen erstellt werden, Presseverteiler müssen erstellt oder erworben werden, Fotomaterial muss zur Verfügung gestellt werden, Pressekonferenzen, Pressegespräche oder andere Pressetermine verursachen ebenfalls zum Teil erhebliche Kosten.

Doch auch die sozialen Medien sind als Kanal der Unternehmenskommunikation entgegen den Erwartungen einiger Nutzer nicht kostenlos. Auch die Erstellung und die notwendige Pflege eines Unternehmens-Accounts bindet personelle Ressourcen und entgegen verbreiteter Meinung ist der qualifizierte und damit sinnvolle Umgang mit den sozialen Medien keine Aufgabe, die jeder „mal so eben nebenbei“ bewältigt. Hinzu kommt auch hier der notwendige Aufwand für Planung, Analyse und Marktbeobachtung, der fester Bestandteil jeder strategischen Kommunikationsmaßnahme sein sollte.

Werden zudem noch die zunehmend beworbenen Angebote der Betreiber genutzt, um Artikel bewusst zu platzieren und ihre Reichweite zu erhöhen, entstehen schnell hohe, fortlaufende Kosten, die sich ebenfalls der Frage nach einem damit verbundenen Nutzen stellen müssen.

Vertrauenswürdigkeit der sozialen Medien

Zwei von drei Internetnutzern sind in sozialen Medien aktiv. In der Gruppe der 14 bis 49-jährigen sind es mit 79 Prozent sogar noch deutlich mehr. Wenig verwunderlich, dass soziale Medien auch hinsichtlich ihrer Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung hinterfragt werden. Gerade im Bereich der politischen Meinungsbildung wird die Rolle von Plattformen wie Facebook kontrovers diskutiert. Aber auch im Bereich der Unternehmenskommunikation ist die Frage nach der Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit verbreiteter Informationen von übergeordneter Bedeutung.

Der klassischen gedruckten Zeitung ist es, trotz der rasenden Veränderung der Medienlandschaft im Internetzeitalter, gelungen, ihren Ruf als vertrauenswürdige Informationsquelle zu behaupten. Insgesamt schneiden die deutschen Medien in Umfragen hinsichtlich der empfundenen Glaubwürdigkeit sehr gut ab. 89 Prozent aller Befragten fühlen sich insgesamt gut und belastbar informiert. An erster Stelle steht hier das öffentlich-rechtliche Angebot in Rundfunk und Fernsehen. Daneben sind fast zwei Drittel von der Vertrauenswürdigkeit der Printmedien überzeugt. Hier liegen lokale Angebote noch geringfügig vor überregionalen Tageszeitungen. Deutlich weniger überzeugen können der private Rundfunk und das Privatfernsehen, dem nur ein Drittel bzw. ein Viertel der Befragten Vertrauen schenken. Noch schlechter sieht es hier für die sozialen Medien aus. Weniger als zehn Prozent der Befragten einer Studie im Auftrag des WDR aus Oktober 2015 halten diese für glaubwürdig.

Wer als Unternehmer Informationen über ein Medium verbreitet, die der Imagebildung, Imagepflege und nicht zuletzt dem Marketing sinnvoll dienen sollen, ist auf die Glaubwürdigkeit des Mediums angewiesen bzw. misst dieser größte Bedeutung bei. Kein Unternehmen würde sein Angebot freiwillig in einem Medium mit verbreitet zweifelhaftem Ruf darstellen. Auch wenn geringe Glaubwürdigkeit nicht zwingend mit einem insgesamt schlechten Ruf gleichzusetzen ist, ist es im Sinne klassischer Pressearbeit, die eben nicht „plump“ werbend vorgeht, wichtig, dass der Konsument der Informationsquelle glaubt. Hier liegt klar die Schwäche der sozialen Medien im Direktvergleich mit konventioneller Pressearbeit, basierend auf der Ansprache klassischer Medien im Print sowie im Bereich audio-visueller Medien wie Rundfunk und Fernsehen.

Haben Veröffentlichungen in sozialen Medien nun noch einen erkennbar überwiegend werblichen Charakter, der in der klassischen Pressearbeit in aller Regel eine Veröffentlichung verhindert, ist der Vergleich zwischen Pressearbeit und sozialen Medien kaum mehr sinnvoll zu anzustellen.

Soziale Medien als Recherchequelle für Journalisten

Auch die verbreitete Meinung, die sozialen Medien seien ebenfalls geeignet, Unternehmensinformationen den Weg in die klassischen Medien zu öffnen, indem sie dem klassischen Journalismus als Recherche- und damit Informationsquelle dienen, muss im Direktvergleich mit der klassischen Pressearbeit kritisch hinterfragt werden.

Fakt ist, das ergeben zahlreiche Studien, Journalisten nutzen soziale Medien in zunehmendem Maße. Gerade nachwachsende Generationen unterscheiden sich hier im Verhalten wenig vom einfachen Konsumenten und umgekehrt sind gerade ältere Journalisten eher zurückhaltend.

Die Art und der Umfang der Nutzung unterscheidet sich zwischen einzelnen Journalisten jedoch zum Teil deutlich. So unterscheidet die Social-Journalism-Studie der schwedischen Unternehmensgruppe Cision für 2016 verschiedene Journalisten-Typen, hinsichtlich ihres Nutzungsverhaltens der sozialen Medien.

  • Beobachter nutzen soziale Medien in geringem Umfang für die Suche von Informationen und Daten. Mit 35% sind laut Studie die Beobachter die größte Gruppe.
  • Skeptiker sind vornehmlich ältere, männliche Journalisten, die soziale Medien selten oder gar nicht nutzen. Sie bilden mit etwa 19% eine nicht zu unterschätzende Gruppe.
  • Jäger bilden knapp 30% aller Journalisten. Sie sind jünger und nutzen soziale Medien regelmäßig und verfügen entsprechend über gute Kenntnisse. Sie suchen in sozialen Medien gezielt nach Trends und Themen.
  • Promoter sind die in sozialen Medien aktivste Gruppe, bilden jedoch auch nur 9 Prozent aller Journalisten. Sie nutzen die sozialen Medien zur Publikation eigener Inhalte oder zu deren Promotion sowie zur Verfolgung der Reaktion auf eigene Beiträge.
  • Architekten bilden eine Gruppe von der gleichen Größe wie die beschriebenen Promoter. Im Gegensatz zu den anderen Gruppen sind hier Frauen in der Überzahl. Architekten sind die aktivsten und routiniertesten Nutzer der sozialen Medien, sie suchen Trends und Themen, recherchieren und veröffentlichen eigene Inhalte.

Gleichzeitig geben jedoch neun von zehn Journalisten an, die klassische Pressemitteilung als Informationsquelle zu nutzen. Zumal eine klassische Pressemitteilung dem Journalisten auf einen Blick alle Informationen liefert oder besser liefern sollte, die für eine Veröffentlichung erforderlich sind. Postings oder Tweets dagegen sind in aller Regel deutlich kürzer, da sie sich an der kürzeren Aufmerksamkeitsspanne des Nutzers orientieren müssen. Der Rechercheaufwand ist deshalb für den Journalisten in der Regel größer, da zusätzliche Informationen aus anderen Quellen bezogen werden müssen.

Fazit

Die sozialen Medien sind heute wichtige, für strategisches Marketing und Werbung in vielen Branchen unverzichtbare Kommunikationskanäle. Sie völlig zu ignorieren ist ein Versäumnis, das heute kaum mehr zu rechtfertigen ist. Auch wenn dieser Bereich starken, schnellen Veränderungen unterworfen ist, kann es sich kaum ein Unternehmen erlauben, Trends unbeobachtet und ungenutzt vorbeiziehen zu lassen. Dabei hat strategisches Online-Marketing in sozialen Medien deutlich größere Schnittstellen zur klassischen Werbung, für die sich hier zahlreiche, zeitgemäße Formen der Darstellung bieten. Als Element der Pressearbeit oder gar als Ersatz für die klassische Kontaktaufnahme zu Medienvertretern, vor allen Dingen über die gute, alte Pressemitteilung, sind soziale Medien jedoch nur eingeschränkt geeignet. Zwar lässt sich belegen, dass zeitgemäßer Journalismus es sich ebenfalls selten leisten kann, soziale Medien zu ignorieren, im Tagesgeschäft verteidigt die klassische Pressearbeit jedoch ihre Stellung. Dabei gilt für den Versand von Pressemitteilungen wie für die Arbeit mit sozialen Medien gleichermaßen eines: kein Werkzeug kann den persönlichen Kontakt und die aktive Kontaktpflege zu Medienvertretern ersetzen. Hier wiederum besteht die Möglichkeit, soziale Netzwerke zu nutzen, um mit geringem Aufwand aktiv Beziehungen aufzubauen und zu pflegen und so die klassische Pressearbeit sinnvoll durch strategisches Agieren in sozialen Medien zu unterstützen.

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

Kommentare zu "Pressearbeit 2.0 – Pressearbeit im Verbund mit Social Media"

  1. Johannes Schneyder 20. Januar 2017 um 12:24

    Schöner Artikel. Social Media ist heute absolutes Pflichtprogramm im Marketing. Es sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, dass ein großer Aufwand betrieben werden muss um erfolgreich zu sein. Erfolge lassen sich in der Regel nur mittel und langfristig realisieren.

  2. Chris 20. Januar 2017 um 15:19

    Danke für die tipps. Das nenne ich top kostenlose Hilfe.

    Danke
    Chris

  3. Olaf Cavalcante 9. Februar 2017 um 19:31

    Hallo! muß schon sagen; toller Artikel! hierfür vielen Dank!!
    Olaf Cavalcante

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Expertise zum Downloaden

Ihr PR-Plan 2024

Entdecken Sie aktuelle PR-Trends und Handlungsempfehlungen im neuen PR-Plan. Erfahren Sie, wie Sie Ihre PR-Arbeit 2024 mit innovativen Content-Formaten suchmaschinen­­optimiert auf das nächste Level heben.

PR-Plan 2024