Der Redakteur

Der Redakteur, das unbekannte Wesen

Ob kleiner Selbständiger oder international agierender Konzern, eine Grundregel ist für jeden Unternehmer nahezu selbstverständlich und Basis jeden unternehmerischen Erfolges: kenne Deine Kunden! Produkte oder Dienstleistungen werden immer so entwickelt, dass sie den konkreten Bedarf eines möglichst großen Kundenkreises ansprechen. Im gleichen Sinne werden alle Maßnahmen des Marketings und der Werbung auf den Kunden abgestimmt. Für die Pressearbeit gilt prinzipiell die selbe Maxime. Ein grundsätzlicher Unterschied besteht jedoch: der „Kunde“, dem das Hauptinteresse hierbei gelten sollte, ist nicht in erster Linie der potentielle Interessent für das Angebot des Unternehmens, sondern der angesprochene Medienvertreter und das Produkt ist die Pressemitteilung. Gerade Anfänger auf dem Gebiet der Pressearbeit schenken dieser Erkenntnis jedoch nicht ausreichend Beachtung. Selbst wenn dem Inhalt und der Gestaltung der Pressemitteilung die notwendige Aufmerksamkeit und Professionalität gewidmet wurde, ist dies noch keine Garantie für eine Veröffentlichung. Zahlreiche weitere Faktoren können schlussendlich über Wohl und Wehe einer Mitteilung entscheiden. Nicht wenige davon ergeben sich aus der Arbeitsweise eines Redakteur sowie dem allgemeinen Redaktionsalltag. Die Strukturen einer Redaktion und die Vorgehensweise bei der Erstellung einer Ausgabe zumindest in ihren Grundzügen zu kennen, ist deshalb ein weiterer Baustein, im Aufbau einer langfristig erfolgreichen und gewinnbringenden Pressearbeit.

Die Redaktion – Herzstück des Medienbetriebs

Egal ob Tageszeitung, Wochenzeitung oder Monatsblatt, Publikumsmedium oder Fachzeitschrift, Printmedium, Radio, Fernsehen oder Online-Medium, jedes professionell erstellte und vertriebene Medium ist das Ergebnis redaktioneller Arbeit. Auch wenn hier, gerade durch den Einzug digitaler Technik, sehr viel Spielraum für die individuelle Gestaltung von Produktionsabläufen besteht, haben sich doch gerade bei größeren Medien bestimmte Abläufe, Verfahrensweisen und Aufgabenverteilungen bis heute etabliert. Als Maßstab gilt hier die Redaktion der klassischen Tageszeitung in der Print-Ausgabe.

Personeller Aufbau einer Redaktion

Der Aufbau einer Redaktion ist in der Hauptsache von ihrer Größe und damit von der Größe des Mediums an sich abhängig. So finden sich die hier genannten Positionen in Reinform heute hauptsächlich in großen, überregionalen Medien. In kleineren Redaktionen sind einzelne Positionen nicht separat besetzt und mit ihnen verbundene Aufgaben werden von „einfachen“ Redakteuren zusätzlich bewältigt. Gerade in kleineren oder kleinsten Redaktionen, zum Beispiel von sehr fachspezifischen Medien, sind nicht selten die Positionen vom Herausgeber bis zum Webdesigner in Personalunion in einigen wenigen Personen vereint.

Der hier dargestellte Aufbau beschreibt eine klassische Redaktion einer Vollzeitung, also eine Redaktion, die das gesamte Blatt, von der ersten, bis zur letzten Seite eigenständig erstellt. Heute weit verbreitet ist jedoch die Kombination aus Mantelredaktionen und eigenständigen Lokalredaktionen. Der sogenannte Mantel enthält alle überregionalen Themen und wird von verschiedenen Lokalausgaben eines Verlages unverändert genutzt und nur um den Lokalteil ergänzt.

  • Die Chefredaktion
    Ein Chefradakteur leitet die gesamte Redaktion und verantwortet die Inhalte des Mediums, die Arbeit der Redaktion und die Einhaltung von Leitlinien, sowohl gegenüber Verlegern und Herausgebern als auch im Sinne des Presserechtes vor dem Gesetz. In der Regel trägt er zusätzlich Budget- und Personalverantwortung.
  • Ressorts
    Insbesondere in größeren Medien werden Aufgaben einzelnen Fachgebieten, den Ressorts, zugeordnet. Dies erlaubt eine Spezialisierung der Redakteure, die sich so bei ihrer Arbeit auf ein Fachgebiet konzentrieren können und nicht als Generalisten zusätzlichen Aufwand betreiben müssen, um zu jedem Thema die notwendige Fachkompetenz zu erwerben. Verbreitet sind, wiederum nach Größe des Mediums, verschiedene klassische Ressorts wie:
    • Politik
    • Wirtschaft
    • Kultur
    • Lokalnachrichten
    • Sport
    • Reise
    • Service

Je nach Größe verfügt ein Ressort zusätzlich über eine eigene Hierarchie, mit Ressortleitung. Außerdem finden sich innerhalb einzelner Ressorts zusätzlich thematische Unterteilungen, nach Qualifikation der Redakteure. So findet zum Beispiel in den Ressorts Wirtschaft und Politik eine Unterteilung nach nationalen und internationalen Themen statt und das Ressort Kultur kann nach einzelnen Bereichen wie Literatur, darstellende Kunst, Film und Fernsehen etc. aufgeteilt sein.

  • Chef vom Dienst (CvD)
    Dem CvD kommt als Bindeglied zwischen Redaktion, Anzeigenabteilung und Produktion/ Druck eine zentrale Stellung zu. Als organisatorisch Verantwortlicher ist er in alle Prozesse informativ eingebunden und steht in stetigem Kontakt zu den einzelnen Ressorts, den darin zusammengefassten Redakteuren und der Chefredaktion. Dabei beschränkt sich seine Verantwortung auf strukturelle Bereiche, für Optik und Inhalt trägt der CvD keine Verantwortung.
  • Redakteure
    Das eigentliche kreative Element in einer Redaktion sind die darin vereinten Redakteure. In Auftrag und Absprache mit einer Ressortleitung und der Chefredaktion werden von ihnen aktuelle Themen recherchiert, eingehende Informationen selektiert und aufbereitet. Ihre Arbeit umfasst in den meisten Fällen die komplette Erstellung eines Artikels, von der Themenfindung, über die Informationsbeschaffung, bis hin zum eigentlichen Verfassen und der notwendigen Korrektur.

In aller Regel handelt es sich bei Redakteuren um Journalisten (da diese Berufsbezeichnung in Deutschland rechtlich nicht geschützt ist, ist diese Feststellung alleine jedoch kaum aussagekräftig). Dabei arbeiten viele Medien mit einer größeren Zahl freier Journalisten. Hinzu kommen sogenannte Pauschalisten, als pauschal entlohnte Fachredakteure und Volontäre, als Journalisten in Ausbildung. Bei Redaktionen, die keine eigenen Layouter beschäftigen, fällt auch die optische Gestaltung dem Redakteur zu.

  • Bildredaktion
    Entsprechend der Bedeutung eines Bildes, zur Unterstützung eines Artikels, leisten sich einige Medien eigene Bildredakteure. Ihre Aufgabe besteht darin, zu den geplanten Artikeln passendes Bildmaterial (Fotos, Grafiken) zu beschaffen, zu archivieren und zu verwalten. Dabei kümmern sie sich sowohl um die rechtssichere Beschaffung aus externen Quellen, wie Bildagenturen als auch um die Koordination eigener Pressefotografen und Grafiker.

Der Arbeitsalltag in einer Redaktion

In welchem Zeitraum sich die Arbeitsabläufe zwischen zwei Veröffentlichungen wiederholen, ist immer von der Frequenz abhängig, in der ein Medium erscheint. Die klassische Tageszeitung, die an bis zu sieben Tagen der Woche erscheint, bedeutet für eine Zeitungsredaktion eine Sieben-Tage-Woche. Frei nach dem Motto: „Nichts ist so alt, wie die Zeitung von gestern“, kann eine Tageszeitung in weiten Teilen nicht länger im Voraus geplant und gestaltet werden.

Der Tag eines Redakteurs beginnt häufig mit der Kontrolle themenrelevanter Konkurrenzmedien. Heute üblich auch der Blick in Online-Medien und die bekannten Social-Media-Plattformen. Viele Zeitungen betreiben heute eigene Online-Redaktionen, die ihre tägliche Arbeit meist schon deutlich vor der Print-Redaktion beginnen. Hinzu kommen Agenturmeldungen und bei Gelegenheit natürlich der Blick ins Postfach.

Bereits geplante Themen werden recherchiert und aufbereitet, aktuelle Themen gesammelt und angedacht.

Eine erste frühe Redaktionskonferenz dient sowohl als sogenannte Blattkritik, welche die aktuelle Ausgabe, als Ergebnis des Vortages, bespricht und kritisch bewertet. Aufgaben, tagesaktuelle Themen und konkrete Artikel werden vorgeschlagen und auf Ressorts oder direkt auf Redakteure verteilt.

Im Anschluss beginnt die eigentliche Arbeit des Redakteurs, sowohl in der Redaktion als auch in Außenterminen, bei Pressekonferenzen, Pressegesprächen und ähnlichem.

Fertige Artikel durchlaufen das Korrektorat, das diese auf Fehler in Orthografie und Grammatik und sonstige formale Mängel prüft. Einige Medien sparen inzwischen an dieser Stelle und überlassen das Korrektorat vollständig dem Redakteur. Ebenfalls üblich ist die sogenannte Schlussredaktion, bei der ein übergeordneter Redakteur, zum Beispiel ein Ressortleiter, einen Artikel prüft und gegebenenfalls korrigiert. Fertige Artikel werden ins Redaktionssystem eingepflegt.

In einer Schlusskonferenz wird überprüft, ob alle Artikel vereinbarungsgemäß abgeschlossen und den richtigen Ressorts zugeordnet wurden. Das Layout wird geprüft und abschließend über die Freigabe zum Druck entschieden.

Der redaktionelle Schlussdienst bleibt bis zur letzten Minute vor dem eigentlichen Druck besetzt, so dass auch noch im letzten Moment besonders aktuelle Ereignisse aufgegriffen und eingeschoben werden könnten, wofür in der Regel andere Artikel fallen gelassen werden müssen.

Was in der Tagespresse, unter häufig enormem Zeitdruck, an nur einem Tag abläuft, verteilt sich bei Wochen- oder Monatszeitschriften entsprechend auf Tage oder Wochen, teilweise, bei größeren Artikeln oder Serien auch auf Monate, wobei hier der Umfang eines Artikels und damit der verbundene Recherche- und allgemeine Arbeitsaufwand natürlich deutlich größer ist.

Redaktion 2.0 – der Newsroom

In der klassischen Redaktion ist die Arbeit der Redakteure auf Ressorts verteilt, um mit jedem Thema den fachlich qualifizierten Redakteur zu betrauen. In den Zeiten digitaler Informationsflut geht der Trend dagegen jedoch zum organisierten Blick über den Tellerrand. Vor allen Dingen das von vielen Medien heute verfolgte Online-First-Prinzip erfordert organisatorische Anpassungen, um einen effektiven Arbeitsablauf zu gewährleisten. Beim Online-First-Prinzip wird ein Artikel noch vor der Print-Ausgabe auf der Webseite des Mediums veröffentlicht. Dieses flexibel gehandhabte Prinzip verfolgt verschiedene Hintergedanken:

  • Zusätzliche, vor allen Dingen jüngere Zielgruppen können gezielt angesprochen werden.
  • Auch weniger relevante Ereignisse können (häufig ausschließlich) online verwertet werden.
  • Die Verbindung von Artikeln zu einem oder mehreren verwandten Themen kann online einfacher hergestellt werden.
  • Artikel können optisch ansprechender aufgearbeitet werden.
  • Aktuelle Themen können online sehr kurzfristig aufgegriffen werden.
  • Themen können in geringer Tiefe angerissen werden und auf detaillierte Behandlung in der Print-Ausgabe verweisen.

Der Newsroom stellt die auch räumlich vereinte, ressortübergreifende Zusammenarbeit von Online- und Printredaktion dar. Hier wird entschieden, welcher Artikel für welches Medium, in welcher Ausführung geeignet ist.

Fazit

Eine Redaktion kann durchaus mit einem Bienenstock verglichen werden. Nicht nur das auf den ersten Blick hektische, chaotische Treiben legt den Vergleich nahe, auch auf den zweiten Blick, im auf gut organisierten und auf fachlich qualifizierten Mitarbeiter basierenden Funktionsprinzip, gleichen sich die beiden. Informationen werden gesammelt, sortiert, zugeordnet, ergänzt und verarbeitet. Eine Pressemitteilung ist eine dieser eingehenden Informationen. Wer als Presseverantwortlicher mit seiner Arbeit Erfolg haben möchte, sollte sich dieser Abläufe bewusst sein und zum Beispiel versuchen, sie für jedes angesprochene Medium möglichst präzise zeitlich einzuordnen und einzelne Aufgaben konkreten Ansprechpartnern zuzuordnen. Nur so ist gewährleistet, dass eine Mitteilung die maximal mögliche Aufmerksamkeit erhält, sich sinnvoll in den Redaktionsablauf einbinden lässt und so die Chancen auf eine Veröffentlichung vergrößert. Das Verständnis für die täglichen Herausforderungen, mit denen Redakteure sich konfrontiert sehen, bildet außerdem eine solide Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, welche eine Basis für eine langfristig erfolgreiche Pressearbeit darstellt.

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

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Head of Marketing

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